Tennis:"Ob auf Sand, Rasen oder Kuhmist, das ist mir egal"

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Mit der Kraft der Erfahrung: Florian Mayer, 33, spielte ein großartiges Turnier und wird nun trotz Finalniederlage wieder zu den Top 60 zählen. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Erst im Finale unterliegt Florian Mayer in Hamburg Leonardo Mayer - ungeklärt ist weiter die Zukunft der Veranstaltung.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Lange Zeit setzte sich Florian Mayer mit seinem Karriereende auseinander, was bei einem 33-jährigen Tennis-Profi nichts Ungewöhnliches ist. Im jüngsten Verletzten-Register stehen eine Operation am linken Zeigefinger, ein Schambein-Ödem und ein Adduktoren-Riss. Trotzdem kämpfte sich der gebürtige, schlanke Bayreuther immer wieder heran. Im vergangenen Jahr überraschte der rechtshändige Stoppball-Spezialist, als er gegen Alexander Zverev das Rasen-Turnier in Halle gewann - eines von zweien in seiner Karriere. Das andere gewann er 2011 auf Sand in Bukarest. Nun ist von einem Karriereende nicht mehr die Rede. Und das hat auch mit seinem Auftreten bei den German Open am Hamburger Rothenbaum zu tun. Erst nach knapp zwei Stunden unterlag er am Sonntag im Finale seinem Namensvetter Leonardo Mayer aus Argentinien mit 4:6, 6:4, 3:6. Er habe das Herz auf dem Platz gelassen, resümierte er. Er werde noch einige Male kommen. Die Florian-Mayer-Geschichte geht weiter. Nach dem Finale von Hamburg wird er von Rang 101 wieder in die Top 60 aufsteigen. Nun zitiert der Mann, der vor dem Turnier das Erreichen der zweiten Runde als Erfolg gewertet hätte, gern alte Kollegen. Die würden ihm stets sagen: "Spiele so lange, wie du kannst. Es wird nichts Besseres kommen." Doch auch sein nach eigener Einschätzung bestes Tennis reichte nicht. Leonardo Mayer habe "unglaublich" gespielt, extrem schnell und mit dem Selbstvertrauen, das Turnier 2014 schon gewonnen zu haben. Der Südamerikaner, derzeit nur 138. der Weltrangliste, war ihm mit der Vorhand überlegen. Und er war der erste Lucky Loser, der ein 500er Turnier gewann. Bevor er die Trophäe, eine Schiffsschraube, und 323 145 Euro gewann, hatte er in der Qualifikationsrunde gegen den 16-jährigen Berliner Rudolf Molleker verloren, dem Turnierdirektor Michael Stich Parallelen zu Alexander Zverev zuschrieb. Stich hätte zwar gerne den Titel, der letzte deutsche Rothenbaum-Gewinner (1993) zu sein, an Florian Mayer abgegeben, wie er versicherte. Gleichzeitig war der Tennis-Unternehmer froh, dass sich das Blatt bei der 111. Auflage des Rothenbaum-Turniers doch noch zu seinen Gunsten verändert hatte. Mit den Absagen von Zverev und Rafael Nadal und dem Aus der Galionsfigur Tommy Haas, 39, der seine Abschiedstour schon nach dem ersten Spiel beenden musste, sah es zunächst wieder mau aus mit keinem Spieler der Top 20. Man konnte von Glück sagen, dass das renovierungsbedürftige Dach den Regen abhielt. Doch dann begannen Florian Mayer und Philipp Kohlschreiber eine eigene Hamburg-Geschichte zu schreiben. Beide setzten sich gegen argentinische Sandplatzspezialisten durch und bestritten das Halbfinale, das erste germanische seit 1992, als Stich Boris Becker mit 6:1, 6:1 abkanzelte. Und nachdem Mayer am Samstag seinen Trainingspartner aus Oberhaching nach 57 Minuten aus dem Turnier verabschiedete - Kohlschreiber gab nach 6:4, 2:3 mit Oberschenkel- und Adduktoren-Problemen auf -, hatte sich Mayer als dritter Deutscher nach 1993 (damals gewann Stich gegen den Russen Chesnokov) und Haas 2012 (verlor gegen den Argentinier Juan Monaco) für das Endspiel qualifiziert. Und als kleinen Gag gab es das Duell Mayer gegen Mayer. Eine Mayer-gegen-Mayer-Auseinandersetzung gab es 1981 zuletzt, als die US-Brüder Gene und Sandy Mayer in Stockholm aufeinandertrafen.

Ob für Stich mit seiner Firma "Hamburg Sport-and-Entertainment-GmbH" etwas Besseres kommt, ist noch ungewiss. 2018 läuft der Vertrag mit dem Deutschen Tennis Bund aus. Frühestens im September wird der Lizenzgeber DTB darüber entscheiden, ob er dem früheren Weltklasseprofi Stich für weitere Jahre die Turnierleitung überlässt oder einem der drei Mitbewerber. Das sind Dietloff von Arnim, Michael Mronz (veranstaltet auch das Reitturnier CHIO in Aachen) und Peter-Michael Reichel. Das Problem: Die Kommunikation zwischen DTB, Stich und dem Club an der Alster, der als Besitzer der Rothenbaum-Anlage gerne eine neue, kleinere Tennis-Arena bauen würde, ist - vorsichtig ausgedrückt - ausbaufähig.

Immerhin konnte Stich erstmals Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz auf der Anlage empfangen. Der oberste Hanseat hat immerhin mitgeteilt, dass dieses Turnier zu Hamburg gehört wie, sagen wir, das Ohnsorg-Theater. Zur Forderung des DTB-Vizepräsidenten Dirk Hordorff, die Stadt müsse sich finanziell mehr beteiligen als mit jenen bislang 100 000 Euro pro Jahr, konnte Scholz noch nichts sagen, weil kein DTB-Vertreter bei seinem Besuch dabei war. Laut Hordorff würde die Dach-Sanierung zwischen einer und drei Millionen Euro kosten. Das wäre natürlich zu viel Geld, falls das ehrwürdige Stadion mittelfristig abgerissen wird.

Michael Stich würde fast alle Wege akzeptieren - ein neues Stadion, einen neuen Belag -, falls er den Zuschlag für die nächsten fünf oder zehn Jahre bekommt. "Ob auf Sand, Rasen, Hartplatz oder Kuhmist, das ist mir egal", sagte er.

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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