Tennis:Kerber wagt den radikalen Schnitt

2017 Australian Open - Day 7

Will endlich wieder erfolgreich Tennis spielen: Angelique Kerber.

(Foto: Getty Images)
  • Angelique Kerber holt den 37-jährigen Belgier Wim Fissette als neuen Coach.
  • Der verfügt über einen exzellenten Ruf und hat zuvor jede seiner Spielerinnen stark verbessert.
  • Sabine Lisicki verhalf er schon einmal ins Wimbledon-Finale.

Von Gerald Kleffmann

Zuletzt hatte sich Angelique Kerber aus dem Urlaub auf den Seychellen gemeldet, per Internet-Botschaft, wie das heute so abläuft. Außer einem Sonnenuntergang als Motiv übermittelte sie ihren Fans einen Brief. Darin beschrieb die 29-Jährige ihre Gefühlswelt in diesem für sie schwierigen Jahr. Nach zwei Grand-Slam-Titeln und dem Erklimmen der Nummer eins in der Weltrangliste hatte die Deutsche, in Bremen geboren und in Polen zu Hause, die Erfahrung gemacht, wie rasch es in die andere Richtung gehen kann. Auf Position 21 ist sie abgerutscht, nach zu vielen Niederlagen. Nicht dramatisch, und doch nachvollziehbar Anlass genug, "neue Wege" zu gehen. Exakt so hatte sie das angekündigt.

Seit Donnerstag ist nun klar, mit wem Kerber die Saison 2018 angehen wird: Der Belgier Wim Fissette betreut sie ab sofort. Für ihren bisherigen Trainer Torben Beltz, der sie mit einer Unterbrechung seit ihren Jugendtagen begleitet hatte, endet die gemeinsame Reise.

Ihr manchmal etwas zögerliches Naturell

"Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich Torben bin, für alles, was wir in den letzten Jahren zusammen erlebt haben", äußerte Kerber in einer Pressemitteilung, "er ist nicht nur ein Trainer gewesen, sondern auch ein richtig guter Freund und wird das auch bleiben."

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Wim Fissette betreute bereits Kim Clijsters, Sabine Lisicki und Simona Halep.

(Foto: imago/Belga)

Möglicherweise ist es diese Bande gewesen, die sie davon abhielt, schon früher eine ähnliche Maßnahme zu ergreifen. Bei den French Open, nach dem Auftakt-Aus, hatte Kerber erstmals davon gesprochen, dass es "so nicht weitergehen" könne. Wochen später holte sie Coach Benjamin Ebrahimzadeh aus Saarbrücken ins Team, der sie schon mal betreut hatte. Da auch Beltz weiter auf dem Platz Arbeit verrichten durfte, wirkte die Rochade jedoch halbherzig. Sie konnte sich offenbar zum klaren Wechsel noch nicht durchringen. Einerseits verhinderte das sicherlich ihre Loyalität zu Beltz, andererseits auch ihr manchmal etwas zögerliches Naturell, wenn es um große Änderungen geht. Nun hat sie offenbar für sich erkannt, dass der Schnitt radikaler vonstatten gehen muss.

"Mit Wim fängt ein neues Kapitel an, ich freue mich darauf, nächste Woche mit ihm zum ersten Mal auf dem Platz zu stehen", sagte Kerber und ergänzte: "Er hat schon oft bewiesen, wie gut er als Trainer ist, und ich bin gespannt, was wir zusammen erreichen können."

Fissette könnte eine gute Wahl sein, vielleicht die beste verfügbare zurzeit. Der 37-Jährige genießt einen exzellenten Ruf als Fachmann, zumindest ist auffällig, dass er jede seiner Spielerinnen stark verbessert hat, vor allem im Hinblick auf Wettkampfhärte und Taktik. Der frühere, allerdings nicht sonderlich erfolgreiche Profi führte Landsfrau Kim Clijsters zu drei Grand-Slam- Titeln, Sabine Lisicki führte er ins Wimbledon- Finale 2013, die Rumänin Simona Halep ins Endspiel von Paris. Auch die Weißrussin Viktoria Asarenka und zuletzt die Britin Johanna Konta erlebten mit ihm positive Entwicklungen. "Ich war in den letzten paar Jahren oft auf der anderen Trainerbank und konnte so ihren Weg gut verfolgen", teilte Fissette in Kerbers Pressetext mit, "ich bin absolut überzeugt von ihren Qualitäten." Das erste Turnier bestreiten beide ab dem 30. Dezember beim Hopman Cup in Perth. Kerber tritt bei dem Mixed-Event mit Alexander Zverev an.

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