Tennis in Wimbledon:Wilde Horde aus Down Under

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Australische Fans bei einem Spiel ihres Landsmanns Bernard Tomic.

(Foto: AFP)

In grün-gelber Bierlaune unterstützt eine Gruppe australischer Tennisfans ihre Landsleute in Wimbledon. Nicht alle Briten sind amused.

Von Lisa Sonnabend, Wimbledon

Die wilde Horde fällt jeden Vormittag kurz vor Spielbeginn auf der Anlage ein: um die 30 Tennisfans, in gelb-grünen T-Shirts, fröhlich plaudernd oder Lieder grölend. Zwei Dosen Bier hat jeder in der Tasche - denn exakt diese Menge darf ein Besucher mitbringen.

Die gelb-grünen Männchen nehmen nicht auf dem Centre Court Platz, auch nicht auf Court 1, sondern besetzen die besten Sitze immer dort, wo gerade ein Australier spielt. Und dann machen sie mächtig Stimmung - zum Beispiel, als Nick Kyrgios am Freitag Milos Raonic niederrang.

"Nick-las Kyr-gi-os! Kyr-gios!", schmetterten sie im Takt des Klassikers "Baby give it up" von KC & The Sunshine Band, als ihrem Landsmann in einem wichtigen Moment ein Ass gelang. Während der Seitenwechsel feuerte Kyrgios seine Anhängerschaft sogar mit ausladenden Armbewegungen auf, noch ein wenig lauter zu singen. Sie taten ihm den Gefallen gern.

Den Altmeister Lleyton Hewitt peitschten die australischen Anhänger zu Turnierbeginn in einen dramatischen fünften Satz - und das bei Hewitts allerletztem Einzel in Wimbledon. "There's only one Lleyton Hewitt", grölten sie, als habe der eben das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft entschieden. "If you love Lleyton Hewitt, clap your hands", riefen sie laut - von den Rängen antworteten die Zuschauer mit lautem Händeklatschen. Dann dirigierten sie eine La-Ola-Welle durch das Stadion, neun Mal ging diese im Rund herum. Dann sagte der Schiedsrichter: "Time."

Am Tag des Hewitt-Abschieds klingelte im Büro eines Turnieroffiziellen übrigens das Telefon. Eine ältere Dame war in der Leitung, und die war not amused. "Disgusting", also abscheulich, finde sie das Verhalten der australischen Fans, klagte sie und forderte die Turnierleitung auf, dringend etwas gegen die Gesänge auf der Tribüne zu unternehmen.

Hewitt wurde daraufhin gefragt, welchen Rat er für die Briten habe, damit diese mehr Verständnis für die verrückten Aussie-Fans aufbringen. Sie sollten doch mal zur Barmy Army gehen, antwortete der Tennisspieler. Den englischen Hardcore-Cricket-Fans. Dann würden sie rasch verstehen. Vielleicht sollten die Briten allerdings nicht nur bei der Barmy Army zusehen, sondern ihre Tennisspieler so schräg anfeuern, wie die Aussies es tun. Denn dann müssten sie vielleicht nicht wieder 77 Jahre lang warten, bis ein Landsmann Wimbledon gewinnt.

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