Tennis:Im siebten Anlauf

Day Seven - Nitto ATP World Tour Finals

Fairer, aber auch überraschender Verlierer: Roger Federer gratuliert dem Belgier David Goffin zu seinem Sieg.

(Foto: Julian Finney/Getty Images)

Der Belgier David Goffin hat Roger Federer aus den ATP-Finals geworfen. Es war der erste Sieg seiner Karriere über den Schweizer. Im Finale trifft er auf den Bulgaren Grigor Dimitrow.

Die Zuschauer waren überrascht, die Kollegen erstaunt, Roger Federers Entourage reagierte perplex, und auch David Goffin konnte es anfangs nicht fassen: "Das ist unglaublich und ein ganz spezieller Moment für mich", sagte er und fasste dann zusammen: "Es ist ein großer Tag." Der Tag nämlich, an dem der Belgier David Goffin, 26 Jahre alt und seit acht Jahren Tennisprofi, das erste Mal in seinem Leben den großen Roger Federer, 36, bezwang.

Eine Stunde und 45 Minuten dauerte es, dann hatte Goffin Matchball im Halbfinale der ATP-Finals in der Londoner O2-Arena. Er schlug den Favoriten 6:2, 3:6, 4:6. "Ich war nervös, speziell am Ende", bekannte er, schließlich hatte er alle sechs vorausgegangenen Duelle mehr oder weniger klar verloren. "Letztlich war entscheidend, dass mein Aufschlag gut kam und ich aggressiv gespielt habe", sagte Goffin. Statt Federer, dem 19-maligen Grand-Slam-Sieger, der auch schon bei den ATP-Finals sechs Trophäen eingesammelt hat, steht nun Goffin am Sonntag (19 Uhr, Sky) im Finale: ein Spieler, der zum ersten Mal überhaupt zum Prestige-Turnier, dem Jahresabschluss der acht Besten, geladen war. Er trifft auf den Bulgaren Grigor Dimitrow, der am Samstagabend im zweiten Halbfinale den US-Amerikaner Jack Sock 4:6, 6:0, 6:3 bezwang.

Federer leistet sich erstaunliche 36 Fehler

Vor 17 500 Zuschauern in der ausverkauften Arena startete Publikumsliebling Federer souverän und nahm Goffin gleich im ersten Spiel den Aufschlag ab. Der Schweizer dominierte die Ballwechsel und variierte clever mit seiner Rückhand. Mit einem Ass sicherte sich der Schweizer nach einer halben Stunde den ersten Satz. Doch Goffin hatte im ersten Gruppenmatch schon den angeschlagenen Weltranglistenersten Rafael Nadal aus Spanien bezwungen. Nun, gegen Federer, die Nummer zwei, kämpfte er sich zurück in die Partie. Dabei profitierte er auch von der relativ hohen Streubreite der Bälle seines berühmten Gegners. Er schaffte den Satzausgleich; im dritten Durchgang nahm er Federer früh das Service ab und lag nach einem vergebenen Breakball des Schweizers kurz darauf mit 3:1 in Front. Federer, der Rekordsieger des ATP-Finals, stemmte sich gegen die drohende Niederlage und hatte auch das lautstarke Publikum hinter sich. Letztlich waren aber insgesamt 36 unerzwungene Fehler doch ein bisschen zu viel.

Goffin, die Nummer acht der Welt, hatte schon zu Jahresanfang für größeres Interesse gesorgt, als er bei den Australian Open das Viertelfinale erreichte, in dem er gegen Dimitrov verlor. Im späten Frühjahr musste er dann zwei Monate lang pausieren und den Fuß ruhigstellen: Er hatte sich am Knöchel verletzt, als er bei den French Open stürzte und unglücklich in die Courtbegrenzung fiel. "La Goff", Sohn eines Tenniscoaches aus Lüttich, verpasste daraufhin unter anderem das Wimbledon-Turnier.

Nun setzt er seinen frühen Höhenflug fort. Und auch nach Finale von London ist noch lange nicht Schluss für ihn. Denn dann folgt das nächste Großereignis: Mit Belgien spielt er gegen Frankreich vom 24. bis 26. November im Davis-Cup-Finale.

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