Tennis:Heimspiel

GENERALI OPEN IN KITZBUEHEL

Sieger in Kitzbühel: Philipp Kohlschreiber.

(Foto: Helmut Fohringer/dpa)

Rechtzeitig vor den US Open gelingt Philipp Kohlschreiber sein erster Turniersieg des Jahres - in der Wahlheimat Kitzbühel.

Von Christian Hetzenauer, Kitzbühel

Samstag, kurz nach 13 Uhr: Auf dem Center Court laufen gerade die letzten Vorbereitungen für das Finale des Tennisturniers, als die Moderation die beiden Protagonisten des Tages vorstellt. Der Franzose Paul-Henri Mathieu, 33 Jahre alt und als Qualifikant überraschend im Endspiel, wird von einem französischen Pop-Hit in das Stadion begleitet. Dann betritt Philipp Kohlschreiber, 31, die Arena zu den Klängen von Christina Stürmers "Wir leben den Moment". Und tatsächlich: Kohlschreiber lebt den Moment, unterstreicht seine aufsteigende Formkurve, lässt sich von Mathieus Blitzstart nicht verunsichern und zwingt seinen Gegner in drei Sätzen in die Knie. Es war ein besonderer Erfolg für den Deutschen, denn die Beziehung zu dieser Stadt, sie ist speziell.

Vor der Partie galt Kohlschreiber als klarer Favorit. Die gesamte Woche über hatte der an Nummer sechs gesetzte Profi mit erfrischendem Tennis beeindruckt, geprägt durch flinke Bewegungen auf der Grundlinie. Den vorläufigen Leistungshöhepunkt erreichte der gebürtige Augsburger am Freitag, als ihm Dominic Thiem gegenüberstand. Jener Österreicher also, der eine Woche zuvor in Gstaad seinen zweiten ATP-Titel in Serie zelebrierte und als Topgesetzter das Turnier in Angriff nahm. Nicht nur deshalb sahen viele Fans diese Begegnung als ein Spiel mit vorgezogenem Endspielcharakter. Sie endete mit einer Gala von Kohlschreiber, der Thiem in zwei Sätzen mit 6:0 und 7:6 niederrang und den Spekulationen auf den ersten österreichischen Sieger in Kitzbühel seit 22 Jahren ein Ende setzte.

Mathieu beginnt stark, der Augsburger kontert

Wer aus diesem Grund nun am Finaltag Pfiffe oder Buhrufe von den Rängen erwartete, sah sich getäuscht. Es war nicht nur sein brillantes Tennis am Tag zuvor, das die nötige Erklärung dafür lieferte. Philipp Kohlschreiber ist auch Österreicher - zumindest wenn es darum geht, in welchem Land sich sein Wohnhauptsitz befindet. Seit 2015 wohnt Kohlschreiber in der Gamsstadt, geht hier in der Freizeit Radfahren, Golfen oder Schwimmen, wie er selbst sagt. Er fühlt sich sichtlich wohl in diesem kleinen Örtchen mit Luxuscharakter. Wenn also jemand Thiem aus dem Turnier werfen durfte, dann war es wohl Philipp Kohlschreiber.

Zum Finale gab es daher viel Applaus und das bereits zu Spielbeginn, als der 31-Jährige gerade erst mit dem Aufwärmen begann. Sogar ein Plakat mit der Aufschrift "Kohli, come on!" und einer Kitzbüheler Gams als Umrandung wurde von österreichischen Fans aufgespannt. Es war also alles angerichtet für den Sieg. Sein Gegner, der Franzose Mathieu, machte es ihm aber alles andere als einfach und spielte besonders im ersten Satz groß auf. Zwei Breaks gelangen Mathieu zum verdienten 6:2.

Der Aufschwung kommt rechtzeitig vor den US Open

Hatte Kohlschreiber im ersten Satz noch des Öfteren mit seiner Vorhand gehadert, präsentierte im darauffolgenden Satz öfter die Faust. Seine Schläge wurden präziser und mit mehreren Assen und zwei Breaks sicherte er sich den zweiten Satz mit 6:2. Zu Beginn des finalen Satzes geriet Kohlschreiber zweimal in Rückstand, doch prompt gelang ihm der Ausgleich. Mit dieser Willenskraft schaffte er das entscheidende Break. Bald darauf durfte er sich über das 2:6, 6:2, 6:2 freuen, seinen ersten Turniersieg dieses Jahres, der ihn von Platz 30 der Rangliste wieder nach oben katapultieren wird - genau rechtzeitig vor dem Aufbruch zur Hartplatz-Saison in Nordamerika.

"Es war eine richtig geile Woche", sagte Kohlschreiber ungewohnt begeistert. "Ich danke allen, die in den letzten zwei Jahren an mich geglaubt haben, als es nicht so gelaufen ist." Kohlschreiber wirkte bei diesem Satz nachdenklich, seine Stimme klang für einen Moment zittriger. Zwei Jahre waren Erfolge Mangelware geblieben, dafür klagte der Deutsche mehrmals über Wehwehchen sowie Streitigkeiten innerhalb des deutschen Verbandes. In Kitzbühel war dies nun aber alles vorerst vergessen und Kohlschreiber feierte seinen insgesamt sechsten Triumph auf der Tour. Es war wahrscheinlich sein bisher emotionalster.

Zum Abschluss seiner Rede fand der Augsburger dann auch noch Worte für die Partie einen Tag zuvor: "Ich hoffe, dass ich mit dem Sieg gegen Dominik Thiem nicht zu viele Fans verloren habe." Mit solch sympathischen Gesten hat er dies nicht zu fürchten - im Gegenteil: Nach Ende dieses Turniers dürfte die Zahl an Kitzbüheler Anhängern gestiegen sein. Und Philipp Kohlschreiber kann versuchen, den Moment weiter zu leben.

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