Tennis:Ganz neue Saiten

In München schlägt dieses Jahr ein anspruchsvolles Teilnehmerfeld auf. Neben Olympiasieger Andy Murray hofft Philipp Kohlschreiber auf einen neuen Spin.

Von Philipp Schneider

Am Montag hat sich Andy Murray beim Tennisturnier in München einen Golfschläger gegriffen, er hat sich vier Golfbälle zurecht gelegt auf einem nicht sonderlich wilden Parkour, den die Veranstalter dort errichtet haben: eine kurze grüne Bahn, ein Loch, ein Fähnchen. Und dann hat Andy Murray gegolft. Der erste Ball ging noch daneben, der zweite und dritte auch, als er aber den vierten tatsächlich versenkte, da klatschten die Zuschauer um ihn herum in die Hände, andere machten Fotos. Es war nämlich so: Am Montag wurden bei den BMW Open zwar die letzten Qualifikationsspiele und die ersten Partien der ersten Runde gespielt. Aber Murray, der Olympiasieger und Weltranglistendritte, der eigentlich eine Nummer zu groß ist für ein ATP-Turnier, bei dem es nur 250 Weltranglistenpunkte zu gewinnen gibt, er war natürlich trotzdem ein Thema. Selbst golfend. Findet sogar Philipp Kohlschreiber.

"Es gibt einfach ein paar Tennisspieler, die haben weltweit einen sehr hohen Stellenwert, auch von den Ticketverkäufen, da gehört er dazu", lobte er. Dass der Schotte, der im Gegensatz zu Kohlschreiber für die erste Runde eine Wildcard erhält, überhaupt antritt in München, das sei "toll für's Turnier", aber "schlecht für die anderen Spieler. Macht's natürlich ungemein schwerer".

Natürlich ist es ebenfalls toll für das Turnier, dass Kohlschreiber wieder dabei ist. Der beste deutsche Spieler, der 2007 und 2012 am Aumeister gewann, und der in diesem Jahr nur an Position fünf gesetzt ist, weil das Spielerfeld so stark ist wie selten zuvor. Das gilt auch nach dem Rückzug des Franzosen Gaël Monfils, der ursprünglich an Position zwei gesetzt war und am Montag wie schon im Vorjahr kurzfristig absagte, diesmal wegen einer Knieverletzung. Neben Murray treten auch der Spanier Roberto Bautista Agut und der Belgier David Goffin an, allesamt Profis, die in der Weltrangliste vor Kohlschreiber, Nummer 26, zu finden sind. Der muss auf dem Weg ins Finale (wo er frühestens auf Murray treffen kann) an diesem Dienstag zunächst einmal Jiri Vesely aus dem Weg räumen. Der Tscheche, 35. der Weltrangliste, spielt gerade auf Sand ein ziemlich unangenehmes Tennis, vergangene Woche zog er auf dem Belag ins Finale von Bukarest ein. "Jiri ist tough, ein Linkshänder, er steht nah an der Linie und versucht das Tempo zu bestimmen", sagt Kohlschreiber, der dagegen in diesem Jahr für lange Zeit überraschenderweise ein ziemlich angenehmer Gegner war für seine Gegner.

Conde de Godo tennis tournament in Barcelona

"Jetzt fühlt es sich wieder so an, dass ich das Gefühl habe, ich weiß, was passiert": Philipp Kohlschreiber ist in München guter Dinge.

(Foto: Toni Albir/dpa)

In Doha und Rotterdam verlor der 31-Jährige jeweils in der ersten Runde, in Sydney und bei den Australian Open in Melbourne in der zweiten. Erst bei den Masters-Turnieren in Indian Wells und Monte Carlo fand Kohlschreiber zurück zu seinem druckvollen Spiel, zu seinem außergewöhnlichen Topspin auf der Vorhandseite. "Ich habe Anfang des Jahres schlägertechnisch was ausprobiert. Ist nicht so ausgegangen, wie ich es mir erhofft habe", sagt Kohlschreiber: "Jetzt fühlt es sich wieder so an, dass ich das Gefühl habe, ich weiß, was passiert."

Zu wissen, was auf dem Platz passiert, ist sicher nicht das schlechteste Gefühl, das ein Tennisprofi haben kann. Bei Kohlschreiber war es abhanden gekommen, nachdem er Ende des vergangenen Jahres beim Training in München erstmals eine neue Schlägersaite aufziehen ließ. Eine, die "den Ball länger im Schläger behält, damit er mehr Spin entwickeln kann", sagt Kohlschreibers Manager Stephan Fehske. Der Plan ging nicht auf. Oder präziser: Er funktionierte nur in der Höhenlage von München, in der die Bälle höher abspringen als in niedriger gelegenen Städten. Also ließ Kohlschreiber Mitte März beim Turnier in Indian Wells wieder die alte Bespannung aufziehen. "Er hat sofort wieder gesagt: Ich spüre mich wieder", erzählt Fehske. Und Kohlschreiber sagt: "Ich spiele seit Indian Wells wieder so Tennis, wie ich mir das vorstelle." Es ist sein Gefühl für den Spin, das nun zurückgekehrt ist. Ein Gefühl, das genügte, um in der vergangenen Woche in Barcelona immerhin mal wieder ein Viertelfinale zu erleben: Dort verlor Kohlschreiber allerdings 3:6, 6:7 gegen den Spanier David Ferrer. "Ich habe jetzt ein paar gute Sandplatzturniere gespielt, deshalb bin ich wieder guter Dinge", sagt er, "die erste Runde will man und muss man aber überstehen. Es ist ja auch mein Heimatturnier."

Ansetzungen am Dienstag

Centre Court: ab 11 Uhr: Mayer (Deutschland) - Rosol (Tschechien), nicht vor 13.20 Uhr: Kohlschreiber (Deutschland) - Vesely (Tschechien), im Anschluss Fognini (Italien) - Trinker (Deutschland).

Court 1: ab 11 Uhr: Pospisil (Kanada) - Thiem (österreich), im Anschluss: Brown (Deutschland) - Bolelli (Italien), im Anschluss: Mayer/Moser - Becker/Meffert (jeweils Deutschland).

Court 2: ab 11 Uhr: Tipsarevic (Serbien) - Tomic (Australien), im Anschluss: Struff - Zverev (beide Deutschland), im Anschluss: Stakhovsky (Ukraine) - Ledovskikh (Russland).

Court 3: ab 11 Uhr: Dustov (Usbekistan) - Stepanek (Tschechien).

Gespielt wird beim MTTC Iphitos am Aumeisterweg 10, zu erreichen mit der U6 (Haltestelle Studentenstadt, nur fünf Gehminuten entfernt).

Am Montag wollten und mussten andere Profis auf dem Gelände des MTTC Iphitos zunächst einmal die Qualifikation überstehen. Dem Hamburger Mischa Zverev gelang das nach einem 7:6, 6:2 gegen den Slowaken Norbert Gombos. In der ersten Runde trifft Zverev am Dienstag auf Jan-Lennard Struff aus Warstein, einen Halbfinalisten des Vorjahres. Auch Dustin Brown, der Halbjamaikaner aus Winsen an der Aller erreichte das Hauptfeld, nach einem 6:3, 4:6, 7:6 gegen Nils Langer. Brown spielt nun gegen den Italiener Simone Bolelli. In den ersten Erstrundenpartie des Turniers bezwang Victor Estrella Burgos aus der Dominikanischen Republik den Serben Viktor Troicki mit 7:6, 6:4. Und der 18-jährige Alexander Zverev, der von Turnierdirektor Patrik Kühnen eine Wildcard erhalten hatte, besiegte Benjamin Becker 4:6, 6:1, 6:2. Doch diese Partien sind nur der Prolog eines Turniers, das noch größere Matches bringen könnte.

Für den Fall, dass er im Finale auf Wimbledonsieger Andy Murray trifft, hofft Kohlschreiber darauf, dass sich der Schotte nicht in allerbester Form präsentiert. "Er hat ja neulich erst geheiratet. Vielleicht kostet ihn das ein paar Prozente."

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