Tennis:Für Federer hat das Geld nicht gereicht

German Tennis Championships in Hamburg

Der Slowake Martin Klizan besiegte im Finale den Uruguayer Pablo Cuevas.

(Foto: dpa)

Ungünstiger Termin, unmotivierte Spieler, Publikums-Magneten wollen zu hohe Gagen: Michael Stichs Tennisturnier am Hamburger Rothenbaum steht vor einer ungewissen Zukunft.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Der Witz, wonach Hamburg ein Vorort von London ist und man an der Elbe vorsichtshalber schon den Schirm aufspannt, wenn es in der britischen Hauptstadt zu regnen anfängt, ist alt. Und natürlich hätte man ihn auch in der vergangenen Woche wieder bei den German Open im Tennis am Rothenbaum anbringen können, als es zeitweise stürmte und schüttete. Aber das Wetter war diesmal nicht einmal das größte Ungemach. Das Hauptproblem war eher ein Termin, der zwischen Wimbledon und Olympia eingeklemmt war. Schlimmer noch: Die Spielervereinigung ATP und die Internationale Tennis Federation (ITF) hatten sich darauf verständigt, in dieser Zeit auch noch das Viertelfinale im Daviscup spielen zu lassen.

Heraus kam in Hamburg bei der 110. Auflage des Turniers ein Teilnehmerfeld, das nach den Absagen des Österreichers Dominic Thiem (Achter der Weltrangliste) und des Südafrikaners Kevin Anderson (20.) - beiden reichten ein Attest ein - selbst für einen Wettbewerb der dritten Kategorie (500er) an der unteren Grenze lag. Wobei das Finale am Sonntag zwischen dem Uruguayer Pablo Cuevas (Rang 24 in der Weltrangliste) und dem Slowaken Martin Klizan (48.) immerhin noch eine Partie der erweiterten Weltspitze war; der 27-jährige Klizan siegte in 59 Minuten mit 6:1, 6:4 und feierte seinen fünften Tour-Titel.

Während sich viele Beobachter Sorgen machen um die Zukunft der traditionsreichen Veranstaltung, war Turnierdirektor Michael Stich bei der Abschluss-Pressekonferenz angriffslustig. Er möchte bei der ATP "klarstellen", dass eine solche Terminpolitik - ohne die Veranstalter zu informieren - nicht länger hinnehmbar sei. Auch mit den Deutschen Philipp Kohlschreiber und Alexander Zverev war er unzufrieden; sie sollten eigentlich die Attraktionen der Veranstaltung sein. Der 19 Jahre alte Hamburger Zverev habe sich besonders mit seinem Aus nach nur 39 Minuten im Doppel mit seinem Bruder Mischa "selbst geschadet", obwohl er auf diese Weise gleich weiterreisen und noch die Wildcard in Washington wahrnehmen konnte. "Der nächste amerikanische Superstar" werde er trotzdem nicht, spöttelte Stich über das deutsch-russische Talent, dem die Experten bald den Aufstieg in die Top Ten prophezeien.

Doch Stich, 1993 der letzte deutsche Sieger am Rothenbaum, ist nicht nur sicher, "dass es im nächsten Jahr wieder besser wird": Er bekräftigte erstmals, er wolle nach Ablauf des Vertrages zwischen dem Deutschen Tennis Bund und seiner Firma "Hamburg Sports & Entertainment GmbH" im Jahr 2018 "dafür Sorge tragen, dass es noch viele Jahre weitergeht". Konstruktive Gespräche mit dem DTB für eine Fortsetzung seines Engagements gebe es schon. Und auch die Umsetzung der "Vision", bald wieder zum Masters-Turnier aufzusteigen (also in die 1000er-Kategorie), hält er für "absolut möglich". 2008 hatte die ATP den Hamburgern die Lizenz dafür entzogen; 2019 wäre eine erneute Änderung erstmals wieder realisierbar.

Erster Bürgermeister Olaf Scholz bevorzugt das Rudern

Dafür ist aber eine schnelle Einigung des DTB mit dem Club an der Alster notwendig. Der Verein ist der Besitzer der Rothenbaum-Anlage und möchte dort bis 2022 inklusive eines neuen Tennis-Stadions (das alte wird danach abgerissen) ein modernes Tennis- und Hockey-Areal bauen. Außerdem wird über einen neuen Termin nachgedacht und sogar über einen anderen Bodenbelag. Statt Sand könne man einen Hartplatz anlegen, welcher den Planungen der ATP mehr entgegenkommt, heißt es intern.

Doch aktuell sind die Hamburger sogar gegenüber anderen 500er-Turnieren der ATP Tour im Nachteil. Peking oder Dubai geben ein Vielfaches aus, selbst Stuttgart, München und Halle in Westfalen haben bessere finanzielle Möglichkeiten. In diesem Jahr fehlt Hamburg sogar ein Hauptsponsor. Publikums-Magneten wie im vergangenen Jahr der spätere Sieger Rafael Nadal oder 2013 Roger Federer können nur in Ausnahmefällen angeheuert werden, oft nur mit Hilfe von Sponsoren. Allein ihre Antrittsgagen bewegen sich ab 300 000 Euro aufwärts.

Auch mit der Stadt gibt es weiter "Kommunikationsprobleme", räumt Michael Stich ein. Bürgermeister Olaf Scholz habe dem Rothenbaum noch nie die Ehre gegeben, bedauert er. "Vielleicht mag er Tennis nicht", glaubt der Wimbledonsieger von 1991. In der Tat ist es so, dass Olaf Scholz lieber rudert.

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