Tennis:Djokovic macht den Federer

Tennis: Läuft nicht: Novak Djokovic nach seiner Niederlage in Wimbledon. Nun macht er Pause.

Läuft nicht: Novak Djokovic nach seiner Niederlage in Wimbledon. Nun macht er Pause.

(Foto: AP)
  • Der 30-jährige Serbe verkündet, aufgrund seiner Ellbogenverletzung erst 2018 auf die Tour zurückzukehren.
  • Spekulationen über ein mögliches Karriere-Ende trat er entgegen.

Von Gerald Kleffmann

Die Kamera wackelte, als sich Novak Djokovic verspätet im Internet meldete, um 14.15 Uhr wollte er auf Sendung gehen, aber dann wurde es halb drei. "Hello from Belgrad", sprach er und kündigte an, er habe eine "kleine Mitteilung" zu machen. Im Hintergrund waren rote Tennisplätze zu sehen, Wölkchen besprenkelten den Himmel, als Djokovic das verkündete, was die Tennisszene längst gemutmaßt hatte. Der zwölfmalige Grand-Slam-Sieger wird 2017 kein Match mehr bestreiten. "Ich habe viele Doktoren und Spezialisten konsultiert, in Serbien und in der Welt", erklärte der 30-jährige Serbe, das einhellige Fazit: "Ich muss der Natur Zeit zur Genesung geben." Seine Ellbogenverletzung am rechten Schlagarm, die ihn seit gut eineinhalb Jahren zu schaffen mache, sei zuletzt schlimmer geworden, in Wimbledon hatte er ja sogar im Viertelfinale aufgeben müssen, gegen den Tschechen Tomas Berdych.

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So überraschend und manchmal rätselhaft manche Aktionen von Djokovic in den vergangenen eineinhalb Jahren gewesen waren, die dazu geführt hatten, dass er seine fast dreijährige Dominanz als Weltranglisten-Erster verlor, so nachvollziehbar ist nun dieser Schritt. Von den großen Turnieren verpasst er die US Open, vier Masters-Series-Events sowie das Tour-Finale in London, ein überschaubarer Verzicht, der auch dadurch gelindert wird, dass er zum zweiten Mal Vater wird. "Quality time" wolle er mit Gattin Jelena und Söhnchen Stefan verbringen und erst mal für einige Monate keinen Schläger in die Hand nehmen.

Aufgeräumt und klar klang Djokovic, der auch jeder Spekulation über ein mögliches Karriere-Ende entgegen trat. "Ich werde die kommende Periode dazu nutzen, meinen Körper zu stärken und mich um manche Bereiche in meinem Spiel zu kümmern, um die ich mich in den vergangenen Jahren nicht so kümmern konnte", sagte er, und: "Ich möchte ein Fundament bauen für die nächsten fünf Jahre oder so." Er wolle definitiv noch lange spielen. Im Januar plant er, bei einem noch zu bestimmenden kleineren Turnier zurückzukehren, ehe die Australian Open anstehen.

Ereignisreiche zwei Jahren zu reflektieren

Djokovic wird sicher auch den Abstand nutzen, um seine ereignisreichen vergangenen zwei Jahren zu reflektieren. Körperlich wie innerlich hatte er sich regelrecht leergesiegt bei der Jagd nach Rekorden und seinem letzten fehlenden Grand-Slam-Titel, der ihm dann in Paris bei den French Open gelang, im Frühjahr 2016. Danach wirkte er wie ein Sinnsuchender, Eheprobleme tauchten auf, ein mysteriös anmutender neuer Coach an der Seite, der Spanier Pepe Imaz predigt Liebe und Frieden. Als Erstes verabschiedete sich Boris Becker als Trainer Ende 2016 aus seinem Team, im Mai trennte sich Djokovic von allen anderen loyalen Kräften, die ihn jahrelang betreut hatten, allen voran von Marian Vajda, seinem slowakischen Stammcoach.

Vor den diesjährigen French Open erregte Djokovic mit der Verpflichtung eines neues Tennisberaters wieder Aufmerksamkeit, ihm war es gelungen, die frühere Nummer eins Andre Agassi anzuheuern. Bei den Turnieren in Paris und Wimbledon begleitete ihn der Amerikaner bereits, der mit Steffi Graf verheiratet ist. "Er unterstützt meine Entscheidung, eine Pause zu nehmen", erklärte Djokovic, "und er bleibt mein Head Coach." Zuletzt war Agassi mit Djokovic nach Toronto gereist und hatte mitgeholfen bei der Suche nach Ärzten, die sich auf Ellbogenbehandlungen spezialisiert haben. Welcher Arzt Djokovic nun behandelt und wie seine Verletzung genau aussieht, ließ er auch in seinen schriftlichen Erläuterungen offen, die er kurz nach seiner Videobotschaft im Internet auf seine eigene Homepage stellte.

Dass Djokovic die Äußerung, er müsse auch seinem "exzessiven Spielen" körperlich Tribut zollen, nicht nur lapidar dahingesagt hatte, ist schon faktisch leicht zu widerlegen. Seit er 2005 sein erstes Grand Slam bestritt, verpasste er kein einziges in der Folge. Bei der US Open Ende August wird er demnach das erste Mal nach 51 Teilnahmen hintereinander in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York fehlen. "Das Leben ist schön", so verabschiedete sich Djokovic, "ich schicke euch viel Liebe." Er strahlte, wohlwissend vielleicht auch, dass ein spezieller Kollege vorgemacht hatte, wie sehr eine Pause zur richtigen Zeit neue Kräfte entfalten kann. Auf den Tag genau vor einem Jahr hatte Roger Federer bekannt gegeben, den Rest der Saison 2016 auszusetzen, um Knie und Körper zu justieren. In diesem Jahr triumphierte er dann prompt in Melbourne und Wimbledon.

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