Technische Unterstützung im Fußball:Fifa führt zur WM 2014 Torlinientechnik ein

WM 2010 - Deutschland - England 4:1

Vielleicht das umstrittenste Tor der jüngeren Geschichte: Der nicht gegebene Treffer von Frank Lampard bei der WM 2010 gegen Deutschland.

(Foto: dpa)

Wegweisende Veränderung im Fußball: Der Weltverband Fifa wird 2014 in Brasilien erstmals bei einer WM die Torlinien-Technologie einsetzen. Nach einem erfolgreichen Test bei der Vereins-WM sollen die Maßnahmen schon beim Confederations Cup in diesem Sommer angewendet werden. Mit "Hawk-Eye" und "GoalRef" stehen bereits zwei Möglichkeiten bereit.

Ob im Fußball ein Tor auch wirklich ein Tor ist, sorgte bisher allzu oft für ausufernde Diskussionen. Doch jetzt ist endlich offiziell, was viele Fortschritts-Optimisten des Sports längst ersehnt haben: Die Schiedsrichter bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 bekommen technische Unterstützung. Wie der Weltverband Fifa am Dienstag bekannt gab, wird bei dem Turnier in Brasilien die in Europa weiter umstrittene Torlinientechnologie GLT eingesetzt werden.

"In jedem Stadion wird ein System installiert, das von den Spieloffiziellen vor den Partien jeweils getestet wird", schrieb die Fifa in einer Pressemitteilung. Auch bei der WM-Generalprobe Confed Cup (15. bis 30. Juni) an gleicher Stelle werde das System zum Einsatz kommen. Vorausgegangen war die "erfolgreiche Anwendung bei der Klub-Weltmeisterschaft" im Dezember.

Angesichts der verschiedenen Technologien hat die Fifa eine Ausschreibung mit den technischen Anforderungen lanciert. Bei der Klub-WM testete die Fifa die Systeme "GoalRef" (System zur Überprüfung strittiger Szenen mit einem Chip im Ball) und "Hawk-Eye" (aus dem Tennis bekanntes Kamera-System).

"Interessierte GLT-Unternehmen können voraussichtlich Mitte März an Inspektionsbesuchen in den Stadien des Konföderationen-Pokals teilnehmen, ehe Anfang April der definitive Entscheid bestätigt wird", schrieb die Fifa. In den europäischen Wettbewerben scheint die baldige Einführung des Hilfsmittels ausgeschlossen.

"Ich war immer gegen den Einsatz von Technik im Fußball. Deshalb wird es in den europäischen Wettbewerben keine Torlinien-Technologie geben", hatte Uefa-Präsident Michel Platini gesagt: "Auch aus finanziellen Gründen: Wenn ich die Technik in der Champions League und Europa League einführe, kostet mich das jetzt 32 Millionen Euro für 78 Stadien. In fünf Jahren kostet es dann 54 Millionen." Auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) hatte sich bereits gegen die Pläne von Fifa-Präsident Joseph S. Blatter gestellt und eine Einführung der Torlinientechnik zur Saison 2013/14 ausgeschlossen.

Sehr unterschiedliche Meinungen

Allerdings gehen die Meinungen immer noch auseinander. Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß ist ein Befürworter der technischen Hilfe. "Wenn das funktioniert, bin ich dafür. Es ist die einzige technische Neuerung, die ich akzeptiere. Ich bin total gegen technische Hilfsmittel bei Abseits- oder Elfmeterentscheidungen", hatte Hoeneß unlängst bei Sky Sport News HD gesagt.

Der ehemalige Bayern-Manager sprach sich gleichzeitig gegen den Einsatz der Torlinien-Technik in unteren Spielklassen aus: "Ich würde die Technik nur in der Bundesliga oder Champions League einsetzen. Eine Einführung in der C-Klasse halte ich für schwachsinnig."

Auch Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff sieht der Sache aufgeschlossen entgegen. "Gegen ein funktionierendes System ist nichts zu sagen. Wenn die Funktionalität gegeben ist, sehe ich das sehr positiv", sagte Bierhoff am Rande des Sportwirtschafts-Kongresses SpoBIS in Düsseldorf.

Auf hitzige Diskussionen über Fehlentscheidungen, die im Fußball durchaus dazu gehören, kann der Europameister von 1996 gut verzichten. "Wenn wir 1966 Weltmeister geworden wären, dann kann dieser Reiz ruhig verloren gehen", sagte Bierhoff. Ähnlich argumentiert der ehemalige Nationaltorhüter Oliver Kahn - er sieht in den Neuerungen nur Vorteile. "Das ist wunderbar und eine Hilfe für den Schiedsrichter. Der Fußball macht sich unglaubwürdig, wenn er solche Technologien nicht nutzen würde", sagte Kahn.

Anders äußert sich da Platini: Er spricht sich nach wie vor für die auf europäischer Bühne seit 2009 eingesetzten zwei Torrichter als preiswerte Alternative aus. "Wenn der Torrichter einen Meter von der Linie entfernt ist und eine gute Brille trägt, dann kann er sehen, ob der Ball drin ist oder nicht", betonte Platini. Bei der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine war das allerdings leider nicht immer der Fall ...

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