Teamorder in der Formel 1:Gefährlicher Streit um die Vorfahrt

Malaysia Formula One Grand Prix

Sebastian Vettel (li) und Mark Webber: Probleme trotz Teamorder

(Foto: dpa)

Erst drehte sich alles um die Reifen, dann um die Stallorder bei Red Bull: Beim Großen Preis von Malaysia hielt sich Sebastian Vettel nicht an die Absprachen im Team und wird daher zurecht kritisiert. Wenn der Streit um die Vorfahrt eskaliert, wird es gefährlich - und das kann im Ernstfall Leben kosten.

Ein Kommentar von René Hofmann

Die Reifen: Vor dem zweiten Saisonrennen waren sie das große Thema in der Formel 1. Erst kamen die Pneus mit der Kälte in Melbourne nicht zurecht, dann reagierten sie auf die Tropenhitze in Sepang zu sensibel. Weil die Luft dort am Sonntag 24 Grad hatte und am Asphalt mehr als 35 Grad gemessen wurden, drehte sich auch in der Startaufstellung noch alles um die schwarzen Walzen.

Am Ende aber bezog sich Sebastian Vettels erste Reaktion doch auf Zwischenmenschliches: "Offensichtlich ging es heute heiß her", sagte der Titelverteidiger, nachdem er als Erster aus seinem Wagen geklettert war.

Nach dem Großen Preis von Malaysia spricht niemand mehr über die Reifen. Alle sprechen über: die Teamorder. Bei den zwei Teams, die vorausfuhren, sorgte das Thema für Ärger. Nico Rosberg kochte, weil er an seinem - deutlich langsameren - Mercedes-Kollegen Lewis Hamilton nicht vorbeifahren und den Red-Bull-Rivalen nicht nachsetzen durfte. Mark Webber schäumte, weil Vettel ihm den Sieg stahl.

Wann Teamkollegen einander attackieren dürfen und wann sie das zu unterlassen haben - das ist immer eine brisante Abwägung in diesem Sport gewesen, der einerseits Teamwork voraussetzt, seine Protagonisten andererseits zum größtmöglichen Egoismus erzieht.

Phil Hill und Graf Berghe von Trips forderten Enzo Ferrari 1961 auf: "Bestimm', wer von uns Weltmeister werden soll! Wir bringen uns sonst gegenseitig um." Ferrari schwieg. Trips verunglückte tödlich, Hill wurde Weltmeister. 1982 brach Ferrari-Fahrer Didier Pironi auf den letzten Runden des San-Marino-Grand-Prix einen Nichtangriffspakt gegen Gilles Villeneuve. Der Kanadier war darauf so wütend, dass er mit Pironi nie wieder ein Wort reden wollte. Beim nächsten Rennen in Zolder raste Villeneuve in den Tod.

Wenn der Streit um die Vorfahrt eskaliert, wird es gefährlich. Deshalb ist es so wichtig, Regeln festzulegen. Mercedes hatte das, wie in Malaysia zu sehen war, versäumt. Bei Red Bull aber gab es Absprachen. Diese brach Vettel, als er Webber, der nach dem letzten Boxenstopp dem Ziel - wie verabredet - nur noch entgegenrollte, attackierte. Dass Vettel überholte, war deshalb ein Fehler. Hätte Rosberg gegen Hamilton das Gleiche getan, hätte ihm niemand etwas vorwerfen können.

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