Teaminterne Duelle:Wie Du mir...

Montoya gegen Räikkönen, Alonso gegen Fisichella, Webber gegen Heidfeld - teaminterne Duelle feiern eine Renaissance.

Von Elmar Brümmer

Auf seine Rolle als Paartherapeut hat sich Ron Dennis ernsthaft vorbereitet. "Richtig angewendet, kann Humor entspannend wirken. Das wird eine sorgfältig überlegte Waffe in unserem Arsenal sein", sagt der McLaren-Teamchef, der mit Kimi Räikkönen (25) und Juan Pablo Montoya (29) das heftigste Konfliktpersonal der Formel 1 beschäftigt.

Teaminterne Duelle: Eine Ausnahme im Rennsport: das alte Ehepaar Schumacher/Barrichello.

Eine Ausnahme im Rennsport: das alte Ehepaar Schumacher/Barrichello.

(Foto: Foto: AP)

Dass das rollende Hauptquartier der Silbernen im Fahrerlager offiziell Kommunikations-Zentrum heißt, macht angesichts der neuen Rivalität Sinn.

Dennis bleibt vorerst bei der Launigkeit: "Es herrscht ein guter Humor zwischen den beiden, das werden wir definitiv hegen und pflegen."

Der hausgemachte Machtkampf bei der vermeintlich stärksten Herausforderer-Paarung im Feld soll dafür sorgen, dass nicht bloß das Lächeln gewinnend ist. Dennis hat im Handling komplizierter Zweierbeziehungen Routine.

Zwei Jahre lang hat er Ende der Achtziger Alain Prost und Ayrton Senna aufeinander los gelassen, es war die erfolgreichste Periode von McLaren. Die britische Presse bejubelte den "Bürgerkrieg". Auch heute gilt wieder: Wehe, wenn sie aufeinander losgelassen..

Duelle werden zur Ersatz-WM

Überall dort, wo die Nummer eins nicht festgeschrieben oder eindeutig über die Leistung vorbestimmt ist, werden die Duelle unter Kollegen in der Saison 2005 zu einer Ersatz-WM.

Über den Kampf um die interne Nummer eins sollen die Kontrahenten zum Angriff auf die große numero uno finden. Die Auswechslung des treuen Husars David Coulthard gegen den kolumbianischen Velociraptor Montoya bringt eine gewollte Klimaverschiebung bei McLaren-Mercedes. Heißkalt trifft auf eiskalt.

Bonus auf der Straße

Südamerika auf Finnland. Kimi Räikkönen hat schon vorgelegt, ehe sich Montoya zum ersten Mal den silbernen Overall überstülpte. Litt der PS-Macho schon bei seinem alten Arbeitgeber BMW-Williams unter der finanziellen Bevorzugung seines Kollegen Ralf Schumacher, kann er seinen Status auch bei McLaren nicht allein übers Geld definieren.

Der Finne hat sich dem Vernehmen nach mittels eines Ferrari-Angebots auf der Gehaltsskala weit nach vorn gepokert. Montoya muss seinen Bonus auf der Straße suchen.

Zwei Mann bewusst auf Crashkurs zu bringen - das entspricht den Vorstellungen von Flavio Briatore über Rennfahrer-Moral. Der Renault-Statthalter hatte daher keine Skrupel, den sanften Jarno Trulli gegen Giancarlo Fisichella auszutauschen, der mit 32 plötzlich noch mal die Chance in einem Top-Team bekommt.

Fisichellas Aggressivität wird gebraucht, um noch mehr aus dem Talentreservoir von Stammpilot Fernando Alonso (23) herauszukitzeln. Soll sich bloß keiner zu sicher fühlen.

Im Trainingslager in Kenia haben die beiden beim Strandfußball schon mal die Rollenverteilung geübt: "Wir sind in jedem Fall das beste Fußballteam der Formel 1. Giancarlo ist Verteidiger, ich bin der Angreifer", sagt der Spanier Alonso.

Hatte sich Briatore das nicht anders herum gedacht? Für ihn wie für Dennis wird die Disziplinierung der Einzelkämpfer die vornehmste Aufgabe sein, bevor übertriebene Rivalität kontraproduktiv zu werden droht.

Die Inteamität funktioniert überall nach dem gleichen Prinzip: Erst sich in den Griff bekommen und dadurch den anderen im Griff haben.

Altes Ehepaar

Klar definiert ist die Nummer eins lediglich bei den beiden besten Rennställen des Vorjahres, Ferrari mit dem alten Ehepaar Schumacher/Barrichello und BAR-Honda mit Jenson Button und Takuma Sato.

Der Trend zur offenen Zweierbeziehung nimmt keine Rücksicht auf Verdienste, sportliche wie finanzielle. Gegen Rückkehrer Jacques Villeneuve (33) rebelliert Sauber-Kollege Felipe Massa auf seine Art - er zeigte ihm im Testwinter durchgehend das Auspuffrohr.

"Wenn ich Jacques schlage, bringt mich das vorwärts", sagt der zehn Jahre jüngere Brasilianer. Massa hat sich offenbar gemerkt, dass ihn der Kanadier vor Jahren bezichtigte, kaum geradeaus fahren zu können.

Toyotas Technikchef Mike Gascoyne sieht im Harmoniebedürfnis seiner Zugänge Jarno Trulli (30) und Ralf Schumacher (29), die bei ihren vorhergehenden Teams über heftige atmosphärische Störungen geklagt hatten, eine Erfolgschance.

"Ralf braucht einen schnellen Teamkollegen, der nicht politisch ist, für Jarno ist es wiederum motivierend, sich mit einem anerkannt schnellen Fahrer zu messen." Yin und Yang auf der Rennstrecke.

Gascoyne ahnt, dass die beiden rasenden Sensibelchen im Verlauf ihrer Karrieren nicht immer das Maximum aus sich herausgeholt haben.

Darwinismus im Cockpit

Ergänzt wird die große Gemeinde der Rennfahrer, die in dieser Saison auch um ihren guten Ruf fahren, durch die BMW-Piloten Mark Webber (28) und Nick Heidfeld (27).

Sie müssen vor allem das in sie gesetzte Vertrauen beweisen, nicht nur gegenüber Teamchef Frank Williams, einem erklärten Anhänger des Darwinismus im Cockpit.

In diesem Fall soll sogar Platzangst befreiend wirken. Das Limit ist auch im Verhalten neben der Rennstrecke bloß eine gedachte Linie: Wo hört der Wettkampf auf und wo beginnt bereits das Mobbing? Wer ewig grinst, sagen Psychologen, hat ein ernstes Problem.

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