Team-Präsentation des FC Bayern:Stolz, Verblüffung und ein wenig Selbstverliebtheit

Fans des FC Bayern bei der Teampräsentation im Jahr 2014

Die Massen kommen, wenn der FC Bayern ruft: 65 500 Zuschauer wohnen der Saisoneröffnung in der Arena bei

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Ein Fernsehsender überträgt live, viele Fans suchen vor dem Stadion vergeblich noch nach Karten: 65 500 Menschen wollen die Team-Präsentation des FC Bayern in der Arena erleben - so viele wie nie zuvor.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Wäre Pep Guardiola nicht so ein Spielverderber, der FC Bayern könnte das nun immer so machen. Die Sponsoren wären noch viel häufiger im Bild und gäben wie an diesem Samstag weitere Sonderschals heraus, die die Fans brav in die Luft halten. Endlich könnte wirklich jeder Bayern-Fan seine Helden im Stadion begutachten, zu einem normalen Spiel bekommt ja kein normaler Mensch mehr eine Karte. Das eigene Stadion wäre so oft ausgelastet, dass sich der Klub bald ein zweites leisten könnte.

Alle wären noch glücklicher. Die Spirale muss sich schließlich weiterdrehen. Immer weiter.

Wäre da nicht der Trainer Guardiola, der bekanntlich ungern öffentlich trainiert. Und öffentlicher als diesmal hat nie eine deutsche Vereinsmannschaft trainiert.

Der Trubel um die Weltmarke FC Bayern München, die einmal ein Fußballverein war, hat eine neue Dimension erreicht. Zur sogenannten FC Bayern Team-Präsentation am Samstag kamen 65 500 Menschen. Eine Fernsehstation übertrug live. Nach glaubwürdigen Berichten liefen rund um die Arena im Norden der Stadt weitere Fans auf und ab und hielten Schilder mit der Aufschrift "Suche Ticket" in die Luft.

Was drinnen zu sehen war? Stadionsprecher Stephan Lehmann stellte jeden Spieler einzeln vor. Als der Kader gemeinsam auf dem Podest stand, mussten alle Befürworter einer spannenden Bundesliga hoffen, dass die gesamte Konkurrenz gerade was anderes zu tun hatte und nicht vor dem Fernseher saß. Allein der Anblick dieser Weltauswahl dürfte die meisten dazu anregen, sogleich Glückwunsch-Karten zum Titelgewinn 2015 zu schicken.

"Verrückt, absolut verrückt, überragend"

Anschließend ließ Pep Guardiola seine Kicker trainieren. Ein paar Fans durften gegen Manuel Neuer Elfmeter schießen. Dann gab es ein Alt-Herren-Spiel gegen Manchester United, wobei der übertragende TV-Sender alle Beteiligten befragte, wo sie denn 1999 waren, als der FC Bayern das Endspiel der Champions League in der Nachspielzeit 1:2 verloren hatte. Dieses unerhörte historische Ereignis führte bei Moderatorin und Befragten zu einer fast freudig erregten Stimmung. Denn Verlieren steht bei dieser Weltmarke ja eigentlich nicht mehr auf dem Programm. Das muss lange her sein.

Der Samstag erhielt vom Veranstalter den Namen "Day1". Der erste Tag, an dem alle Angestellten zur Übungseinheit erscheinen mussten. Ein Tag, an dem sich der FC Bayern selbst seine Größe vorführte. Und diese mit viel Stolz, einem Schuss Verblüffung und ein wenig Selbstverliebtheit betrachtete.

65 000 Zuschauer? "Fünfundsechzigtausendfünfhundert" - Stadionsprecher Stephan Lehmann nahm diese Zahl vermutlich mit in den Schlaf, so oft rief er sie ins Mikrofon. "Verrückt, absolut verrückt, überragend", kommentierte Philipp Lahm. Manuel Neuer freute sich, dass ihm so viele Menschen seine erste Trainingseinheit nach der WM "versüßt" haben. Mario Götze erklärte: "Man sieht, wie begeistert die Leute vom FC Bayern sind." Die Zuschauer feierten Robert Lewandowski, den neuen Stürmer vom Konkurrenten Borussia Dortmund, der nun endlich "das richtige Trikot trägt", wie Lehmann verkündete.

"Wir lassen uns nicht den Mund verbieten"

Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge erzählte, dass er selbst vor elf Jahren noch nicht geglaubt habe, dass dies in München möglich sei. Damals saß er beim Trainingsauftakt von Real Madrid im ausverkauften Santiago-Bernabeu-Stadion. Doch was Real Madrid kann, kann der FC Bayern heutzutage schon lange.

Der hat ja inzwischen nicht nur vier Spanier im Kader, sondern auch sechs Weltmeister (mit Toni Kroos hat ihm ebendieses Real Madrid nur einen abspenstig gemacht). Rummenigge berichtete in München davon, dass es für die Menschen im fernen Amerika "eine Weltsensation" gewesen sei, als die sechs Weltmeister zwei Tage zuvor beim Testkick in Portland gegen die Auswahl der dortigen Liga auf den Platz gelaufen waren. Eine Weltsensation!

Bastian Schweinsteiger gab hinterher zu, dass ihn die Ereignisse ein wenig verwirrt machen. Seine Wunde aus dem Finale gegen Argentinien unter dem rechten Auge ist noch schattenhaft zu erkennen. Doch so ganz habe er immer noch nicht realisiert, dass er nun Weltmeister sei. Das war vor vier Wochen im fernen Rio de Janeiro. "Die Zeit geht so schnell vorbei, jetzt stehen wir wieder hier, es geht von vorne los. Das ist nicht so einfach", sagte Schweinsteiger. Am Mittwoch wartet das Spiel um den deutschen Supercup bei Borussia Dortmund.

Fehlen wird dort Franck Ribéry, der wegen Schmerzen an der Patellasehne im Knie nicht am Training im Stadion teilnahm. Rafinha humpelte mit Schmerzen im linken Knöchel aus der Kabine. Für die deutschen Weltmeister war es tatsächlich das erste Training der neuen Saison, die anderen WM-Teilnehmer sind ebenso noch nicht lange dabei. Dennoch will und muss der FC Bayern gerade in Dortmund ordentlich Fußball spielen und wenn möglich auch gewinnen. Schließlich hat ihr Chef das ohnehin brisante Treffen inzwischen noch brisanter gemacht.

Dass Karl-Heinz Rummenigge zuletzt mehrfach die Ausstiegsklausel von Marco Reus öffentlich thematisierte, fanden sie in Dortmund nicht so lustig. Sportdirektor Michael Zorc riet ihm, doch mal "den Mund zu halten". Wie erwartet sprang am Samstag Matthias Sammer in den Ring: "Wir lassen uns nicht den Mund verbieten", sagte Münchens Sportvorstand.

Wie Bastian Schweinsteiger anmerkte: Alles geht wieder von vorne los. Einiges ist allerdings noch ein bisschen größer geworden.

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