Wettskandal bei Fünftligisten:10 000 Wetten gegen Uphusen

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Ein schwacher Elfmeter, zwei Platzverweise und hohe Einsätze bei Wettanbietern: Fußballer des niedersächsichen Oberligisten TB Uphusen sollen ein Spiel manipuliert haben. Der Verein zeigt sich selbst an - und hat Angst vor dem nächsten Auswärtsspiel.

Von Carsten Eberts

Warum das Frühwarnsystem nicht angeschlagen hat, wissen sie beim TB Uphusen nicht. 50 Mal so häufig wie im Normalfall wurde auf das niedersächsische Oberligaspiel zwischen Uphusen und dem SSV Jeddeloh gewettet. 10 000 Wetten insgesamt, sonst sind es etwa 200. Doch niemand warnte den kleinen Klub.

Spielmanipulation im niederklassigen Fußball, gibt es das überhaupt? "Eindeutig ja", sagt Martin Puls, der Sportliche Leiter des Vereins in Achim bei Bremen. Vor wenigen Tagen hätte er noch beschworen, dass sich kein Uphuser Spieler kaufen lässt. Jetzt ist das nicht mehr so leicht.

Seltsame Aktionen am Samstagnachmittag

Samstagnachmittag, Sportanlage am Arenkamp. Als der Abpfiff ertönt, haben die meisten Beteiligten eine Ahnung, dass hier etwas nicht stimmt. Seltsame Aktionen hatten sich die Uphuser geleistet, ein schwach geschossener Elfmeter, zwei unnötige Platzverweise. Am Ende verliert Uphusen 2:4. Als Gerüchte aufkommen, dass dubiose Gestalten am Spielfeldrand einen Uphuser Spieler als "unseren Mann" bezeichnet hätten, schaltet die Vereinsführung schnell. Eine Vorstandssitzung wird einberufen, kurz darauf zeigt sich der Klub beim Verband selbst an. Der Verdacht: Spielmanipulation.

Die Namen hält der Verein unter Verschluss, doch zwei Spieler sollen geholfen haben, das Ergebnis zu beeinflussen. Beide beteuern ihre Unschuld, sie dürfen aktuell nicht mit der Mannschaft trainieren. Der Niedersächsische Fußballverband (NFV) führt die Ermittlungen, beim TB Uphusen wissen sie kaum, wie ihnen geschieht. "Wir sind ohnehin die Geschädigten", findet Puls. Nicht nur das Spiel wurde verloren: Vor allem graut es ihm davor, wenn die eigene Mannschaft künftig auf fremden Plätzen als "Zockerbande" beschimpft wird.

Dass ein unterklassiges Fußballspiel Ziel von Wettspekulanten wird, überrascht kaum. Wo die Öffentlichkeit nicht so genau hinsieht, sind die Konditionen für Betrüger noch besser als im Profifußball. Die Frühwarnsysteme sind nicht immer sensibel. Und die Spieler verdienen nicht so gut, als dass ihnen die Chance auf einen netten Nebenverdienst egal wäre. Viele Studenten spielen in der Oberliga, auch einfache Arbeiter. "Viele Leute, die in der Gehaltshierarchie unten stehen", erklärt Martin Puls: "Klar ist da die Versuchung größer, sich ein paar Tausend Euro dazuzuverdienen."

Eine ganze Spielklasse aus dem Wettangebot genommen

Bei "Tipico" wurden die meisten Wetten auf die Uphuser Niederlage platziert. Der Sportwettenanbieter hatte kurzfristige Bewegungen registriert, wie er in dieser Woche erklärte. Für eine Warnung reichte es nicht mehr. Vor allem die "Handicap-Wette" wurde genutzt, eine der lukrativsten im Portfolio. Dabei wird dem Favoriten (in diesem Fall Jeddeloh) vor dem Spiel ein Tor abgezogen. Gewinnt die Mannschaft dennoch mit zwei oder mehr Toren, ist die Siegquote umso höher. Durch die Uphuser Fehler in der zweiten Halbzeit ging die Partie tatsächlich mit zwei Toren Abstand verloren - alles klingt sehr logisch.

Vor nicht allzu langer Zeit, Ende 2013, gab es in der benachbarten Bremen-Liga einen ähnlichen Fall. Damals wurde eine ganze Spielklasse nach Manipulationsgerüchten aus dem Wettangebot genommen; nun sind die Hintermänner offenbar weitergezogen. Uphusens Sportlicher Leiter befürchtet Schlimmes für seine Mannschaft: Aus der Bremen-Liga weiß Martin Puls, dass Spieler der beteiligten Mannschaften in den Wochen danach unter erheblichen Gewaltandrohungen zu leiden hatten.

Egal, welches Urteil in diesem Fall am Ende gesprochen wird: Puls befürchtet, dass etwas hängen bleibt. Am Wochenende steht das Derby gegen den Rotenburger SV an, ein Auswärtsspiel mit vielen Zuschauern am Spielfeldrand. "Zockerbande" könnte eine der netteren Umschreibungen sein, die die vielen ehrlichen Spieler in der Mannschaft zu hören bekommen.

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