Tabellenführer Hannover 96:Erfolgreiche Scharmützel

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Beim 1:1 gegen Bochum zeigen die Spieler von Hannover 96, dass der Aufstieg in dieser Saison wohl nur über sie laufen wird. Daran ändern auch Handgreiflichkeiten innerhalb der Mannschaft nichts.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Vom Turmbau zu Babel glauben christlich veranlagte Menschen zu wissen, wie sich Unfrieden und linguale Kommunikationsstörungen gegenseitig bedingen. Dass zumindest an der These etwas dran sein könnte, hat sich am Freitagabend in Bochum gezeigt, wo die beiden Hannoveraner Fußballer Martin Harnik und Babacar Guèye nach Spielschluss aneinandergeraten sind, weil der Österreicher Harnik den Senegalesen Guèye während der Schlussphase in hitzigem Tonfall auf die Einhaltung der taktischen Vorgaben erinnert hatte.

Den 21-jährigen Guèye, in diesem Sommer erst aus Frankreich nach Hannover gewechselt und beim Spiel in Bochum auch erst drei Minuten vor Schluss eingewechselt, hat dies in seiner Ehre gekränkt, weshalb er Harnik nach dem Abpfiff handgreiflich im Stile eines Aggressors nachträglich um Höflichkeit bat. "Die Kommunikation ist noch ein bisschen schwierig", verharmloste der Hannoveraner Trainer Daniel Stendel hinterher, als gebe es zwischen Deutsch und Französisch sprechenden Menschen nur bedingte Chancen auf höfliches Miteinander. Womit er durchaus recht hatte, ist, dass viel Hektik war in der Endphase dieses guten, schnellen und spannenden Zweitligaspiels. Deshalb sprach Stendel genauso wie Bochums Trainer Gertjan Verbeek auch von einem gerechten 1:1-Remis.

Hannover zeigt, dass der Bundesligaaufstieg wohl nur über 96 laufen wird

"Ich seh's eigentlich eher positiv", sagte Harnik später, auf das Scharmützel mit Guèye angesprochen. Es hat sich ja in der Branche ein bisschen etabliert, dass die rustikale Konfrontation zweier Hitzköpfe zum 'Leben in der Mannschaft' euphemisiert wird. Harnik hatte freilich aber auch nicht allzu viel Anlass, der Hannoveraner Mannschaft akute Entnervtheit anzudichten, denn auch wenn sie im dritten Saisonspiel erstmals zwei Punkte liegenließ, so hatten die Bundesliga-Absteiger doch einmal mehr demonstriert, dass der Aufstieg in dieser Saison wohl nur über sie laufen wird.

Sieben hochkarätige Chancen hatten die starken Niedersachsen, aber weil sie bloß einen einzigen Treffer markierten, und diesen ausgerechnet durch den hartnäckig zum Verbleib verurteilten Salif Sané per ansehnlichem Kopfball, reichte es diesmal nur zu einem Unentschieden. Sané glich 98 Sekunden nach dem Bochumer Führungstreffer durch Johannes Wurtz aus. In der 72. und in der 74. Minuten fielen die beiden Tore in einem Spiel, das auch 4:4 hätte ausgehen können. Die Partie war ein Beweis für die große Qualität, die dieses Jahr in der zweiten Liga herrscht.

Wie ernst es die Hannoveraner mit ihrem Ansinnen meinen, bereits im kommenden Mai die Rückkehr in die Bundesliga zu feiern, unterstrichen sie am Freitagabend auch noch außerhalb des Fußballfeldes, denn nach dem Spiel gaben sie die Verpflichtung eines Innenverteidigers bekannt. Der 26-jährige Norweger Stefan Strandberg wird zunächst für ein Jahr vom russischen Erstligisten FK Krasnodar ausgeliehen und dürfte zusammen mit Sané eine der besten Innenverteidigungen der Liga bilden.

Auch die Bochumer könnten im oberen Drittel mitspielen

Vielleicht auch deshalb hat sich der Trainer Stendel über dieses Unentschieden in Bochum, das gut auch ein Sieg hätte sein können, nicht allzu sehr aufgeregt. "Obwohl wir zu viele Großchancen zugelassen und diesmal auch zu viele selbst nicht verwertet haben, sind wir zufrieden mit dem Punkt." Denn auch die Bochumer könnten, so sie ihre ansehnliche Frühform halten, in dieser Saison wieder im oberen Drittel mitspielen.

Verbeek hat es geschafft, dass der Fortgang elementarer Offensivspieler bislang nicht so dramatisch aufgefallen ist wie zunächst befürchtet. An der Chancenverwertung muss gearbeitet werden, aber wie auch die Hannoveraner waren die Ruhrgebietsfußballer durchaus froh, sich gegen einen starken Kontrahenten überhaupt so viele Möglichkeiten herausgespielt zu haben. Für eine Partie, in der es zwischendurch so hitzig zugegangen war, herrschte hinterher erstaunlich viel Einigkeit. Sogar Martin Harnik und Babacar Guèye sollen sich im Bus bereits wieder vertragen haben.

© SZ vom 28.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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