Tabellenführer Dortmund:"Wir lassen die Fans weiter träumen"

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Bärenstark: Der BVB und Mats Hummels.

(Foto: AFP)

Am Ende ist Leverkusen völlig demoralisiert: Tabellenführer Dortmund siegt und siegt - und spielt tatsächlich wie ein Team, das den Bayern Paroli bieten kann.

Es gibt ja viele Arten von Slapstick, und auch wenn von den Großmeistern Laurel und Hardy nicht überliefert ist, inwieweit sie wenigstens heimlich dem Fußballspiel zugeneigt waren, so sind sie doch die Vorbilder all dieser Situationskomiker, die sich auch im Sport tummeln. In Berlin etwa hat die Comedy-Truppe Mime Crime "Goal - die verrückte Fußballshow" aufgeführt, die den Zusammenhang zwischen freilaufenden Hühnern und der Entstehung des Fußballspiels thematisiert.

Man kann sie mit Blick auf die EM buchen, und sollte der Leverkusener Torwart Bernd Leno sich bis zum nächsten Sommer nicht nachhaltig empfehlen können für den Kader von Bundestrainer Joachim Löw, so kann er wenigstens die Tournee des Comedy-Ensembles bereichern mit seiner kuriosen Hampelmann-Nummer vom Sonntagabend, mit der er das 3:0 von Tabellenführer Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen einleitete.

Thomas Tuchel jedenfalls hat Lenos Einlage bestens gefallen, so herzlich wie er lachte und so begeistert wie er applaudierte. Zugegeben, der Beifall des Dortmunder Trainers galt Jonas Hofmann, Torschütze zum 1:0, doch dass der so leichtes Spiel hatte, lag an Leno. Übermotiviert hatte der Bayer-Torwart reagiert auf das Dortmunder Umschaltspiel, eingeleitet durch einen langen Diagonalball von Kagawa.

Tuchel missfällt der Reifeprüfung-Gedanke

Leno stürmte also aus seinem Torwartraum heraus, als Hofmann sich ihm näherte, er wäre womöglich auch als Erster am Ball gewesen, hätte er nicht abgebremst und dann diesen seltsamen Hampelmann in der Luft versucht, der dazu führte, dass er, wie im falschen Moment an der Schnur gezogen, mit den Beinen über den Ball schlug. Und Hofmann so das 1:0 ermöglichste (19.).

Es war zuvor die Rede gewesen von der ersten Reifeprüfung für die neuen Dortmunder, von einer Standortbestimmung, dem ersten schweren Test für Tuchels Borussen, die dann in 14 Tagen beim FC Bayern vorspielen. Dem Trainer haben diese Geschichten missfallen. Leverkusen, das zuletzt zweimal nacheinander verlor, als die größte Herausforderung? "Soll ich jetzt sagen, unsere ersten zehn Siege waren nix wert?"

Da war sie, die Tuchel-Rhetorik.

Löws dickes Fragezeichen im Block

Und doch war zunächst ein gegenseitiges Abtasten und der Respekt beiderseits sehr wohl zu spüren. Es blieb dann Mkhitaryan vorbehalten, für die erste Chance zu sorgen, und das war ja durchaus symbolisch, schließlich gilt er als einer, der besonders profitiert hat vom Trainerwechsel und seitdem mit größtmöglichem Selbstvertrauen beim BVB aufspielt. Sein Direktschuss (7.) segelte am Tor vorbei, ein weiterer Schuss des Armeniers nach Doppelpass mit Gündoğan nötigte Leverkusens Leno einen Beleg dafür ab, dass er zu Recht im Notizbuch des Bundestrainers steht (13.). Dann aber folgte die Slapstick-Nummer und somit eine Szene, nach der Löw sich ein dickes Fragezeichen in den Block malen müsste.

Dabei war es beileibe nicht so, dass Leno gänzlich auf Nonsens aus gewesen wäre an diesem Abend, er hatte auch gute Szenen, etwa als er zu Beginn der zweiten Hälfte gegen den frei und alleine vor dem Tor stehenden Aubameyang klärte. Und wer weiß, wie das Spiel verlaufen wäre, wenn auf der Gegenseite die Leverkusener, die insgesamt allerdings viel zu wenig taten, einen durchaus berechtigten Elfmeter bekommen hätten, als Chicharito auf BVB-Torwart Bürki zulief und dabei von BVB-Verteidiger Schmelzer von hinten angerempelt wurde.

Weder Rot noch Elfmeter

Schiedsrichter Aytekin aber gab weder Rot noch Elfmeter. Eine Fehlentscheidung, gewiss, andererseits hätte ein 1:1 auch nicht dem Spielverlauf entsprochen. Ein 2:0 dagegen schon. Und so kam es: Leverkusens Wendell gab den Ball leichtfertig her, Hofmann spielte ihn aus, Gündoğan und Mkhitaryan hatten Spaß am Passspiel, Kagawa spitzelte ein.

So passte es, denn zu viel getan hatte Dortmund bis dahin nicht. "Wir hätten auch früher den Sack zumachen können", befand Marcel Schmelzer, denn "wir haben es gut gemacht, standen hinten sicher und haben kaum Chancen zugelassen. Das war ein verdienter Sieg." Der dann doch noch höher ausfiel, weil Wendell seiner ersten Unbeholfenheit noch eine weitere folgen ließ: Unnötig war sein Foul an Ginter, folgerichtig nun der Strafstoß, den Aubameyang zum 3:0 ins rechte obere Toreck drosch. Nun endlich spielten die Borussen bei ihrem elften Pflichtspielsieg in Serie auch wie der Tabellenführer, der sie ja sind, wie ein Team, das dem FC Bayern tatsächlich Paroli bieten kann. Die Leverkusener aber waren völlig demoralisiert und drauf und dran, noch das 4:0 zu kassieren.

"Es fühlt sich top an", sagte Tuchel später. Wenn man sieht, wie wenig Gegenwehr der Gegner leistete, kann man aber verstehen, dass er zunächst partout nichts wissen wollte von der "größten Herausforderung". Die folgt dann doch am Sonntag in zwei Wochen, auswärts beim FC Bayern. So sehen sie das wohl auch in der BVB-Kurve. "Wir hören schon wieder die ersten Meisterschaftsgesänge", berichtet 1:0-Torschütze Jonas Hofmann. Und: "Wir lassen die Fans weiter träumen und verfolgen unseren Weg." Der führt über München, wohin auch immer.

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