Szenarien im Abstiegskampf:Wer steigt wann ab?

  • Für das Bundesliga-Saisonfinale sollten die vom Abstieg bedrohten Klubs sicherheitshalber auch den Rechenschieber einpacken.
  • Es drohen höllisch komplizierte Szenarien - und vielleicht sogar ein Patt.
  • Hier geht es zur Tabelle der Fußball-Bundesliga.

Von Martin Schneider

Kaum etwas wird so sehr von Vereinen geleugnet, wie die Rechnerei vor dem letzen Spieltag. Ein passender Satz aus dem Baukasten ist: "Müssen nur auf uns schauen." Oder: "Können wir eh nicht beeinflussen." Und natürlich: "Es interessiert uns nicht, was auf anderen Plätzen passiert." Das ist zwar auf der einen Seite wahr, auf der anderen Seite aber dreist gelogen.

Denn zumindest der Hamburg SV und und der SC Paderborn müssen in diesem Saisonfinale definitiv schauen, was die anderen so fabrizieren, um noch in der Liga zu bleiben. Und auch beim VfB Stuttgart, Hannover 96 und Hertha BSC könnte ein anderer Fußballplatz plötzlich sehr sehr interessant werden. Für alle, die es völlig legitim finden, den Rechenschieber rauszuholen, sind hier alle möglichen realistischen und unrealistischen Szenarien im Abstiegskampf durchgedacht.

Hertha BSC

Der Verein ist am einfachsten zu rechnen. Um überhaupt noch auf den Relegationsplatz rutschen zu können, müssen drei Grundvoraussetzungen erfüllt sein: eine Niederlage mit mindestens zwei Toren Unterschied gegen Hoffenheim, ein gleichzeitiges Unentschieden von Freiburg und Hannover, ein Sieg des VfB Stuttgart.

Erst wenn das Smartphone im Laufe des Spieltages diese drei Bedingungen anzeigt, sollte man als Berliner zwei Derbyspiele einkalkulieren. Direkt absteigen kann Hertha BSC nur dann, wenn der HSV zusätzlich zu diesen drei Voraussetzungen noch eine Tordifferenz von zwölf Toren aufholt. Wenn es gegen Schalke also 10:0 steht, kann man schon direkt das Duell gegen Union Berlin planen.

SC Freiburg

Beim SC Freiburg - und das überrascht vielleicht - gibt es nur noch ein Szenario, in dem der Sportclub direkt absteigen kann. Drei Punkte für Hannover, drei für Hamburg und drei für Stuttgart - dann geht es für die Breisgauer direkt in die zweite Liga. Ansonsten wird es für Freiburg nur bedenklich, wenn sie selbst verlieren. Ein Unentschieden reicht schon, um die Relegation zu vermeiden (außer, der HSV holt diesmal 17 Tore Tordifferenz auf). Verlieren und sicher in der Liga bleiben kann der SCF nur, wenn weder Hamburg noch Stuttgart siegen.

Hannover 96

Hannover 96 ist wegen der schlechteren Tordifferenz in einer weniger komfortablen Situation als der SC Freiburg. Deshalb spricht die Situation der Niedersachsen auch stark gegen ein befürchtete Absprache der beiden Klubs auf ein Unentschieden. Bei einem Remis und einem gleichzeitigen Sieg des VfB Stuttgart rutscht Hannover auf den Relegationsplatz. Direkt absteigen kann das Team von Michael Frontzeck nur bei einer Niederlage und gleichzeitigen Siegen von Hamburg und Stuttgart. Verliert Hannover gegen Freiburg mit zwei Toren Unterschied, reicht Stuttgart schon ein Unentschieden, um vorbeizuziehen. Es kann also durchaus relevant sein, ob Freiburg 1:0 oder 2:0 gewinnt.

Problematisch wird die Situation höchstens, wenn Paderborn zwischenzeitlich 3:0 führen sollte. Dann würde ein Nicht-Angriffs-Pakt zwischen Hannover und Freiburg beide Mannschaften sicher in der Liga halten. Leidtragender wäre dann der HSV, der maximal noch die Relegation erreichen könnte.

So sieht es bei Stuttgart, Hamburg und Paderborn aus

VfB Stuttgart

Die beste Nachricht für Stuttgart direkt zu Beginn: Wenn sie gewinnen, bleiben die in der Liga. Keine Relegation, keine Rechnerei, nix. Wahrscheinlich ist das auch das einzige Szenario, mit dem sie sich in Stuttgart beschäftigen.

Die schlechteste Nachricht für Stuttgart direkt danach: Wenn sie verlieren, sind sie abgestiegen. Keine Relegation, keine Rechnerei, nix. Wahrscheinlich versuchen sie in Stuttgart gerade alles, um dieses Szenario nicht in die Köpfe zu lassen.

Wenn der VfB Unentschieden spielt, wird es kompliziert. Dann ist im Prinzip von direkter Rettung (unwahrscheinlich) über Relegation (schon wahrscheinlicher) bis zum direkten Abstieg (auch gut möglich) alles drin.

Und noch ein Kuriosum: Sollte der Hamburger SV gegen Schalke 04 gewinnen, die Partie zwischen dem SC Paderborn und dem VfB Stuttgart torlos enden und Hannover 96 mit 2:4 gegen den SC Freiburg verlieren, wären Hannover und Stuttgart punkt- und torgleich Vorletzter. Von dem Patt würden der VfB profitieren, da er den direkten Vergleich gegen Hannover gewonnen hat.

Hamburger SV

Der HSV kann aus eigener Kraft nicht in der Liga bleiben und muss auf die Hilfe anderer Vereine hoffen. Um überhaupt rechnen zu dürfen, muss Hamburg aber gegen Schalke gewinnen. Selbst bei einem Unentschieden geht es auf jeden Fall direkt in die zweite Liga.

Bei einem Sieg gegen S04 ist wiederum von der direkten Rettung bis zum direkten Abstieg alles möglich. Das haben die Hamburger ihrer unterirdischen Tordifferenz zu verdanken, Spiele wie das 0:8 in München waren da nicht wirklich hilfreich und könnten nun den Ausschlag geben. Der schlimmste Fall für Bruno Labbadia und sein Team: Ein Sieg des VfB und ein Unentschieden von Freiburg und Hannover. Dann hört die Bundesliga-Uhr trotz Sieges auf zu ticken. Wenn diese Situation nicht eintritt, ist wenigstens die Relegation mit drei Punkten sicher.

Um sicher in der Liga zu bleiben, muss der HSV hauptsächlich auf Paderborn setzen. Holt der SCP wenigstens einen Punkt und gibt es beim Spiel Freiburg gegen Hannover einen Sieger, lebt der Dino weiter.

SC Paderborn

Obwohl Paderborn über die Saison gesehen selten auf einem Abstiegsplatz stand, ist die Lage für die Ostwestfalen am düstersten. Eine direkte Rettung ist in keinem realistischen Szenario mehr möglich, für das Team von André Breitenreiter geht es darum, sich irgendwie in die zwei zusätzlichen Spiele zu retten. Ausgerechnet das Eigentor zum 0:1 gegen Schalke des ansonsten so zuverlässigen Uwe Hünemeier könnte der Knackpunkt der Saison gewesen sein.

Müßig zu erwähnen, dass Paderborn gegen Stuttgart gewinnen muss. Und dann hängt alles von eben diesem FC Schalke 04 ab. Manchmal ist der Fußball sehr ironisch. Denn mit dem 0:1 hat sich Paderborn nicht nur selbst um einen wichtigen Punkt gebracht, sondern Schalke auch die Motivation genommen, in Hamburg zu punkten. Durch den Sieg ist Schalke bereits sicher für die Europa League qualifiziert.

Wenn Schalke allerdings Charakter zeigt, nicht verliert und die Paderborner gewinnen, dürfen sie eine Extrarunde gegen die Zweitligisten Karlsruhe, Darmstadt oder Kaiserslautern drehen. Und wer Stuttgart schlägt hat, auch gegen diese drei Vereine gute Chancen.

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