Sven Ulreich beim FC Bayern:Dritttorhüter für höhere Aufgaben

Sven Ulreich

Bayerns Torhüter Sven Ulreich muss sich überlegen, ob es sich lohnt, jetzt schon seinen Sommer-Urlaub zu buchen.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)
  • Sven Ulreich hat sich beim FC Bayern erstaunlich entwickelt - seit Manuel Neuer verletzt ist, vertritt er den Nationaltorhüter sehr solide.
  • Jetzt bekommt er als Belohnung eine Vertragsverlängerung beim FC Bayern - und lobende Worte von Bundestrainer Löw.
  • Schafft es der gebürtige Schwabe sogar noch zur WM?

Von Christopher Gerards

Sven Ulreich hatte gerade sein erstes Spiel als langfristiger Vertreter von Manuel Neuer gemacht, da tauchte diese Frage nach der Nationalelf auf. Im September war das, der FC Bayern spielte gegen Schalke, er gewann 3:0, und Ulreich, der Ersatztorhüter, der nun für Monate im Tor stehen sollte, hatte sehr ordentlich gehalten. Ob er Ambitionen auf einen Platz beim DFB habe, wurde er hinterher gefragt. "Nä", sagte Ulreich, "die habe ich nicht mehr". In seiner Stimme lag ein Lachen.

Samstagabend in München, Sven Ulreich hatte gerade sein 24. Spiel als langfristiger Vertreter von Manuel Neuer gemacht. Der FC Bayern spielte wieder gegen Schalke, er gewann 2:1, und Sven Ulreich hatte wieder ordentlich gehalten. Und nun ging es erneut ums Nationalteam. Der Unterschied: Diesmal ging die Sache mit Ulreich und der DFB-Elf nicht mehr als Witz durch oder als komische Frage. Denn zum Thema geäußert hatte sich der Bundestrainer.

Ulreich sei "sicherlich in unserem Blickfeld", hatte Joachim Löw in der Halbzeit bei Sky gesagt. Löw verwies auf gute Spiele, auf die Qualitäten im Eins gegen Eins, Ulreich habe zudem "bei den Bayern gelernt, gut mitzuspielen von hinten raus."

Sven Ulreich, 29, hat eine steile Karriere hingelegt in dieser Saison. Im Sommer hatte er noch gedacht, den FC Bayern zu verlassen, er hatte ja kaum gespielt. Ulreich ist dann doch geblieben, und im September hat er angefangen, regelmäßig zu spielen, nachdem Manuel Neuer zum zweiten Mal in einem Jahr einen Mittelfußbruch erlitt. Ulreich hat dann hier und da mal daneben gegriffen oder ungünstig gestanden, in seinen ersten Spielen war das, gegen Wolfsburg und Paris.

Aber unter Trainer Jupp Heynckes ist er sicherer geworden. Am Sonntag verlängerte er seinen Vertrag bis 2021. Er wird auch am Samstag gegen Wolfsburg wie selbstverständlich im Tor beginnen, genau wie am darauffolgenden Dienstag in der Champions League gegen Besiktas Istanbul. Doch je öfter er spielt, desto häufiger stellen sich zwei Fragen: Erstens, fährt Ulreich jetzt eigentlich mit zur WM? Und, zweitens, wann kann Manuel Neuer eigentlich wieder im Tor stehen?

Was ist mit Leno oder Trapp?

Als er bei Sky auf die Zitate Löws angesprochen wurde, sprach Ulreich von einer "großen Ehre", formulierte aber keine Ansprüche. Er "glaube, dass viele andere Torhüter eher auf den Zug aufspringen werden, weil sie jung sind und große Perspektive haben". Und: "Da wäre es unfair, wenn einer zur WM mitfahren würde, der weniger spielt und sonst eher auf der Bank sitzt."

Ulreich nannte keine Namen, aber die Eigenschaften "jung" und/oder "große Perspektive" treffen mehr oder weniger zu auf Leverkusens Bernd Leno, 25, und Paris' Kevin Trapp, 27 (der gerade allerdings weniger spielt als Ulreich). Barcelonas Marc-André ter Stegen dürfte als zweiter Torhüter gesetzt sein. Und dann ist da noch Neuer.

Können zwei Bayern-Torhüter zur WM nach Russland fahren? Das ist Bundestorwarttrainer Andreas Köpke am Sonntag bei WDR2 gefragt worden. Woraufhin er antwortete: "Das sehe ich problematisch." Zwar wiederholte er Löws Formulierung, dass Ulreich im "Blickfeld" stehe - allerdings mit dem Zusatz: "Nicht nur für den Fall, dass Manuel Neuer ausfällt, sondern auch, falls sich ein anderer Torwart verletzt".

Was Neuer betrifft, sagte Köpke wiederum, sei er "entspannt, es läuft alles nach Plan". Wobei der Plan, zumindest der ursprüngliche der Bayern, ein Neuer-Comeback im Januar vorsah. Nun, Mitte Februar, postete er auf Instagram ein Foto von sich in der Sonne, laut Bild ist er nach Absprache mit den Klub-Ärzten kurzzeitig zur Reha nach Thailand geflogen, um der Kraftraum-Monotonie zu entkommen. Sein Vertreter Ulreich wird derweil mit Blick auf die WM wissen: Dritte Torhüter entscheiden selten ein Turnier, viele Spiele machen sie auch nicht (wenngleich sie ebenfalls die DFB-Prämie über 350 000 Euro für den WM-Sieg bekämen). Gegenwärtig hat die Dritttorhüterdebatte um Ulreich daher am ehesten metaphorischen Wert: Sie zeigt, dass er zuletzt einen guten Job gemacht hat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: