Surfen:"Ich musste die Person umbringen, die ich erschaffen hatte"

Cori Schumacher

Cori Schumacher auf dem Long Board.

(Foto: imago sportfotodienst)

Man habe sie behandelt wie ein Stück Fleisch. Im Interview spricht die Ex-Weltmeisterin Cori Schumacher über das oberflächliche Surf-Business und warum nicht immer die Beste gewinnt.

Von Harald Hordych

Sie war ein amerikanisches Surfgirl wie gemacht für die Titelseiten der Magazine: weiße Haut, blonde Haare, immer lächelnd. So spricht sie heute von sich. 15 Jahre später. Die Amerikanerin Cori Schumacher (Jahrgang 1977) war damals auf der Höhe ihres sportlichen Ruhms. Sie war nicht nur attraktiv und spielte das Spiel an den sonnigen Stränden und auf den hohen Wellen mit, sondern war auf dem Surfbrett auch die beste Frau der Welt. 2000 und 2001 holte sie den Titel auf dem Longboard. Es konnte nicht besser laufen für die Kalifornierin. Und doch lief alles gegen sie, weil sie in einem Geschäft mitspielte, dessen Regeln sie befolgte, die sie aber tief in ihrem Inneren ablehnte. "Ich habe diese Identität angenommen, um meinen Traum zu verwirklichen."

Tatsächlich war von ihrer frühesten Kindheit an, alles auf diesen Punkt zugelaufen. Ihre Eltern hatten sich beim Surfen kennengelernt. Ihre Mutter hatte bis kurz vor ihrer Geburt noch auf dem Brett gestanden. Und auf dem Surfbrett saß die kleine Cori schon, da konnte sie noch nicht einmal laufen. Ihre Karriere war vorbestimmt. Doch irgendwann merkte sie, dass sie mit diesem Geschäft nicht mehr klarkam. Sie begann die gnadenlosen Mechanismen zu erkennen, spürte den faden Beigeschmack der von vielen Menschen geglaubten Idee, dass der Beste gewinnen möge und am meisten verdienen - unabhängig von Geschlecht und Hautfarbe. "Aber so läuft das nicht", erkannte Cori Schumacher. "Es gewinnt nicht immer der Beste." Vor allem aber erkannte sie, dass sie "wie ein Stück Fleisch behandelt wurde - von Kampfrichtern, Organisatoren, Sponsoren und auch anderen Surfern. Mein damaliger Sponsor etwa hat sich andauernd über mein Gewicht beschwert."

Ausgerechnet der Star dieses Sports wendet sich plötzlich gegen die Spielregeln. Und sie versteht, wie abhängig sie selbst den Wert ihrer eigenen Person von der Anerkennung anderer Menschen macht, von dem System, von dem sie ein Teil geworden ist. "Es ist die Sucht, etwas Besonderes zu sein", erzählt sie offen und geradeheraus bei einem Treffen irgendwo zwischen Los Angeles und San Diego, während sich am Strand gutgelaunte Menschen auf ihr Board steigen, sich Delfine im Wasser tummeln und jeder denkt: Professioneller Surfer, das muss der schönste Beruf der Welt sein. Und dann fährt Cori Schumacher unsentimental fort: Die Sucht, "von den Menschen auf der Straße erkannt zu werden. Sponsoring ist eine Erweiterung des Wettkampfes: Ich bin nur etwas wert, wenn ich von bedeutsamen Firmen gesponsert werde oder in tollen Werbefilmen zu sehen bin."

Anerkennung, Ruhm, Geld - was einerseits unendlich erstrebenswert erscheint, wird für Cori Schumacher, das Traumgirl aus Südkalifornien, zu einem Alptraum. Sie benutzt ein System und fühlt sich dadurch selbst benutzt. So sehr, dass sie sich selbst ein Ultimatum stellt: "Ich musste entweder mich selbst umbringen oder die Person, die ich erschaffen hatte." Die zweifache Weltmeisterin warf alles hin und begann, ihr Leben neu aufzubauen. Sieben Jahre später trat sie nicht nur erneut zur Weltmeisterschaft an, sondern schaffte es auch, das Bild des amerikanischen Surfgirls grundlegend zu verändern.

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