Supercup zwischen Dortmund und Bayern:Einer fehlt beim Mittagessen

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Dortmund gegen Bayern - auf ein Neues: Diesmal treffen sich die beiden zum deutschen Supercup. Der Brasilianer Dante könnte auch wieder dabei sein.

(Foto: Odd Andersen/AFP)

Zwischen den Klubchefs des FC Bayern und des BVB stimmt es derzeit überhaupt nicht, jetzt begegnet man sich zum ersten Kräftemessen dieser Saison im Supercup. Als Wegweiser taugt die Partie nur bedingt, denn beide Klubs vermissen einige Stammspieler.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Der Gepflogenheiten werden eingehalten, wenn auch nicht so ganz. Vor dem deutschen Supercup-Finale, in dem sich eigentlich kurz vor Bundesliga-Start der Meister und der Pokalsieger aus der vergangenen Saison duellieren sollten, jetzt aber Borussia Dortmund als Vize-Meister und Vize-Pokalsieger quasi als eine Art Notnagel herhält, da beide Titel an den FC Bayern gingen, lädt die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Funktionäre der Klubs traditionell zum gemeinsamen Mittagsbankett.

Fehlen wird dabei nur Hans-Joachim Watzke. Der hat seine Teilnahme schriftlich abgesagt. Auf einen Friede-Freude-Eierkuchen-Termin mit seinem Münchner Pendant Karl-Heinz Rummenigge scheint Dortmunds Klubchef nach den Auseinandersetzungen der vergangenen Woche derzeit keine Lust zu haben.

Das Spiel mit dem "Super"-Attribut, das in der Werbung immer dann benutzt wird, wenn Übertreibungen nötig erscheinen, wird ebenfalls unter prominenten Abwesenheiten leiden. Aber auf dem Spielfeld, im ausverkauften Stadion, ist zunächst kaum mit ähnlichen Konfrontationen zu rechnen, wie sie sich zwischen Rummenigge und Watzke zuletzt gehäuft hatten.

Marco Reus, der wegen einer Verletzung am Syndesmoseband die WM verpasste, und um den sich die verbalen Grabenkämpfe zwischen den beiden Klub-Chefs in erster Linie drehen, wird bei der lukrativen Vor-Premiere zur Saison fehlen. Reus trainiert zwar wieder, wenn auch noch nicht mit der Mannschaft, er lief auch beim offiziellen Saison-Auftakt des BVB am Samstag im gelben Trainings-Shirt mit der demonstrativen Aufschrift "Borusse!" zur Präsentation auf, aber er wird noch mindestens zwei, drei Wochen brauchen, um wieder einsatzfähig zu sein.

Viermal Dortmund - Alle Supercup-Endspiele

1987 Bayern München - Hamburger SV 2:1

1988 Werder Bremen - Ein. Frankfurt 2:0

1989 Borussia Dortmund - FC Bayern 4:3

1990 Bayern München - Kaiserslautern 4:1

1991 1. FC Kaiserslautern - Werder Bremen 3:1

1992 VfB Stuttgart - Hannover 96 3:1

1993 Werder Bremen - Leverkusen i.E. 7:6 (2:2)

1994 Werder Bremen - FC Bayern n.V. 3:1 (1:1)

1995 B. Dortmund - Mönchengladbach 1:0

1996 B. Dortmund - Kaiserslautern i.E. 4:3 (1:1)

2010 Bayern München - FC Schalke 04 2:0

2011 FC Schalke 04 - B. Dortmund i.E. 4:3 (0:0)

2012 FC Bayern München - B. Dortmund 2:1

2013 Borussia Dortmund - FC Bayern 4:2

Reus ist zum nächsten Zankapfel zwischen den Münchner Platzhirschen und den Dortmunder Emporkömmlingen geworden. Vor gut einem Jahr war Mario Götze dank einer Ausstiegsklausel mit festgezurrter Ablösesumme bei 37 Millionen Euro nach München gewechselt. In diesem Sommer folgte Weltklasse-Stürmer Robert Lewandowski, nach endlosem Gerangel, aber ablösefrei. Nun spekuliert Bayerns Rummenigge über die Wechsel-Optionen und den Wechsel-Willen des nächsten Dortmunders, Marco Reus.

Der hatte den Bayern vor zwei Jahren, vor seiner Rückkehr aus Mönchengladbach zu seinem Jugend-Verein Borussia Dortmund, einen Korb gegeben. Das passiert den Münchnern selten, und es kratzt am Image der Allmacht über dem deutschen Transfer-Markt. In diesem Sommer soll Reus den Ambitionen der Bayern erneut eine zumindest vorläufige Absage erteilt haben. Gerade deshalb oder vielleicht auch trotzdem hat sich Rummenigge anschließend in mehreren Interviews dazu geäußert, dass Dortmund es wohl nicht schaffen werde, Reus seine im Vertrag offenbar festgeschriebene Ablösesumme "abzukaufen".

Nach der Version aus Bayern soll Reus für nur 25 Millionen Euro Ablöse im kommenden Sommer beim BVB aus dem Vertrag aussteigen können, der eigentlich bis 2017 läuft. Reus selbst, gebürtiger Dortmunder, dem eine fast so große Affinität zu seiner Heimatstadt und dem BVB nachgesagt wird, wie sie sein Kumpel Kevin Großkreutz zur Schau trägt, äußert sich bisher zu all dem nicht.

Klopp experimentiert mit dem System

Vor dem Supercup-Spiel fehlen auf beiden Seiten etliche wichtige Spieler, vor allem die meisten der WM-Fahrer. In Dortmund haben sich Großkreutz und Erik Durm vorzeitig wieder am Arbeitsplatz zurück gemeldet. Dafür fehlen neben Reus noch die Rekonvaleszenten Ilkay Gündogan und Kuba Blaszczykowski, dazu Nuri Sahin und auch der frisch ernannte BVB-Kapitän Mats Hummels, der noch an einer Blessur aus dem WM-Finale laboriert.

Die Vorbereitung der Borussia, die zumeist in der Schweiz absolviert wurde, endete am Sonntag in England mit einer 0:4-Pleite beim FC Liverpool. Da war die Mannschaft allerdings erst früh morgens angereist und auf ein echtes Kräftemessen nicht aus. Gegen den FC Bayern werden die Dortmunder vermutlich ernsthafter zur Sache gehen. Der Supercup mag nur ein vergleichsweise kleiner Cup sein, aber wenn es gegeneinander geht, will in diesen Zeiten keiner von beiden verlieren.

In der Vorbereitung hat Trainer Jürgen Klopp mit Systemwechseln experimentiert. Auch weil Ciro Immobile, in der Vorsaison beim FC Turin der Torschützenkönig der Serie A, Torgefährlichkeit und Klasse andeutet, sich aber bisher nicht als Solo-Stürmer à la Lewandowski in Szene setzte. Adrian Ramos, drittbester Torjäger der Bundesliga und von Hertha BSC gekommen, ist das schon eher - nur ist der Kolumbianer eben vielleicht nicht ganz vom Kaliber des Polen.

Am besten hat sich Pierre-Emerick Aubameyang profiliert, der schon vorige Saison auf Anhieb 13 Tore erzielte. In den Jahren zuvor haben Abgänge die Dortmunder immer wieder geschwächt. Sahin (inzwischen zurück von Real Madrid), Kagawa, Götze, nun Lewandowski - meist ist es den Dortmundern gelungen, den Verlust aufzufangen. Immer aber erst nach einigen Wochen der Umstellung. In diesem Jahr ändert sich noch mehr, der Kader ist breiter aufgestellt, mit Jung-Weltmeister Matthias Ginter vom SC Freiburg fast nebenbei verstärkt. Auch deshalb trauen sich die Dortmunder, bis hin zum Trainer, erstmals offen einzuräumen, dass sie um die Meisterschaft mitspielen wollen.

Das wahre Problem des BVB mit dem FC Bayern liegt dabei aber eher außerhalb des Spielfelds. Noch in diesem Monat rechnet man mit der zweiten Stufe der Kapitalerhöhung beim BVB. Es wird erwartet, dass neben dem bereits eingestiegen Investor Evonik Industries auch noch Puma und der Versicherungskonzern Signal-Iduna als Groß-Aktionäre einsteigen.

An der Finanzfront dürfte sich in den nächsten Jahren entscheiden, ob Dortmund weiter in Serie die Supercups gegen die Bayern spielt - und Profi-Fußballer wie Marco Reus nicht nur wegen der Heimatliebe bleiben, sondern auch, weil sie dort zumindest ähnlich opulent wie in München, Madrid oder Manchester entlohnt werden.

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