Supercup zwischen Bayern und BVB:Feuerkessel trifft Lässigkeit

Kurz vor dem Saisonstart stehen sich der FC Bayern und Borussia Dortmund im Supercup gegenüber. Nur ein unbedeutendes Vorgeplänkel? Von wegen. Seit der Inthronisierung von Matthias Sammer brodelt es bei den Bayern, die sechste Niederlage in Serie gegen den Meister ist verboten. Die Dortmunder reagieren lässig.

Andreas Burkert

Die Dortmunder haben es zuletzt ziemlich gut hinbekommen, die Münchner Konkurrenz und deren allmählich abgegriffenen "Mir-san-mir"-Slogan entspannt zu bestaunen - und sie dann beim Rendezvous lässig zu besiegen. Der FC Bayern darf sich weiterhin als großartig empfinden, das stört uns nicht, so in etwa war wohl auch die Einlassung von BVB-Sportchef Michael Zorc gemeint, den man am Mittwoch in München beim PR-Termin vor dem Supercup-Spiel um die Formulierung von Saisonzielen bat, die einem Double-Gewinner angemessen seien.

Zorc, 49, gab früher einen soliden Arbeiter im Borussia-Mittelfeld, doch als Sakkoträger offenbart er bisweilen die Kompetenz zum verblüffend listigen Steilpass. "Wir orientieren uns ganz gern an Realitäten und Fakten", entgegnete Zorc und führte aus, man werde selbstverständlich alljährlich den Titel beanspruchen - wenn man auch mal 300 Millionen Euro pro Saison umsetze und 100 Millionen ins Personal investieren könne. So wie der FC Bayern.

Neben Zorc saß Matthias Sammer, 44, der neue Sportvorstand der Bayern. Als er Zorcs tiefenentspannte Replik vernahm, zog er die Brauen hoch. Die beiden kennen sich. Als Sammer 2002 die damals noch sehr verschwenderische Borussia trainierte und zur Meisterschaft führte, war dies auch der erste Titel für den Manager Zorc. Nun sind sie Rivalen, und der Ball liegt zum Anstoß bereit: Sonntag spielen die Bayern und Dortmund in der Münchner Arena (20 Uhr) um die erste Trophäe. Fünf Mal haben die Bayern in den beiden zurückliegenden Jahren gegen die Borussia verloren, das jüngste DFB-Pokalfinale inklusive.

Der Supercup hätte eigentlich für beide vermutlich eine Bedeutung wie das Länderspiel nächsten Mittwoch gegen Argentinien, das Zorc angemessen "Nonsens" nannte. Doch angesichts der Münchner Komplexe, die sie zuletzt beim Anblick neongelber Leibchen offenbarten, ist die sechste Niederlage am Stück verboten. Präsident Uli Hoeneß wird jetzt schon unruhig bei der Vorstellung jener Schlagzeilen, "die produziert werden, falls wir nicht gewinnen".

Energiegeladene Unruhe

Als "erste Bestandsaufnahme" und ein "auch für uns wichtiges Spiel" bezeichnete Sammer das Duell, ehe er mit sperriger Rhetorik vage Andeutungen machte zu "den Ursachen" der fünf Niederlagen. An diesen Ursachen arbeite man - daran, von "einem guten Niveau zu einem sehr guten Niveau" zu gelangen. Sehr gut, nicht nur gut, das kam einem natürlich bekannt vor, Hoeneß hat diese Forderung an den nun verletzt pausierenden Stürmer Mario Gomez gerichtet. Sammer missfiel diese öffentliche Kritik, doch nach seinem ersten Dienstmonat hat den FC Bayern, den das verlorene Champions-League-Finale so sehr getroffen hat, ganz offenbar eine energiegeladene Unruhe ergriffen. Reibung sollte Sammer ja erzeugen. Zumindest das ist ihm schon gelungen.

Und so saß Zorc vorne neben dem alten Gefährten und vernahm, wie Sammer vor allem zur einer Allerweltsrangelei im Training befragt wurde und zum irritierenden Abschied von Nachwuchsleiter Jörg Butt nach nur einem Monat Dienst. Auf Dauer sei so etwas schädlich, "aber das war ein Anfang von Emotionalität", sagte Sammer zur Handgreiflichkeit zwischen dem Talent Emre Can und Nationalverteidiger Holger Badstuber. Butts Kündigung ("ich habe das Tätigkeitsfeld falsch eingeschätzt") habe ihm, Sammer, dagegen "persönlich und menschlich unglaublich weh getan". Er habe Butt noch "Organisationshilfen" geben wollen, um ihn umzustimmen. Vergebens.

Wie viel Sammer'sche Organisationshilfen und Emotionalität der FC Bayern verträgt, wohl auch an dieser Aufgabe arbeiten die Münchner gerade. Sammers als zu beliebig empfundener Vorgänger Christian Nerlinger hatte ja bereits mit Butt den Nachwuchs umstrukturiert, neue Trainer wie Mehmet Scholl (U23), der frühere Freiburger Bundesligacoach Marcus Sorg (U17) und Marc Kienle (U19) wurden installiert.

Der langjährige Bayern-Scout Hermann Hummels, Vater von BVB-Nationalspieler Mats Hummels, stritt nach seiner Entlassung gerichtlich mit Bayern um die Abfindung, er ist angeblich kein Einzelfall. Das sind zumindest ungewöhnliche Vorgänge im erklärten Familienbetrieb FC Bayern. Sammer hatte mit all dem nichts zu tun, doch der Unruhe der Neuordnung, die Butt bereits begleitete, folgt nun gleich die nächste Unruhe unter Sammer.

Was von dieser Reibung jetzt nach oben strahlt, zu den Profis, deren Erfolge in München jedes Konzept schlagen? Nicht gerade wenig, diesen Eindruck nahm offenbar Zorc mit, und er wirkte mal wieder so, als werde er sich das alles mit dem BVB interessiert und gelassen aus der Entfernung anschauen. Als Sammer noch spielte, haben sie ihn "Feuerkopf" genannt, er erzeugte schon immer Reibung. "Nur Haare", flachste Zorc, "davon hatte er früher mehr."

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