Supercup-Sieg des BVB:Balsam fürs Dortmunder Ego

Borussia Dortmund v FC Bayern Muenchen - DFL Supercup 2014

Der BVB feiert den ersten Erfolg der neuen Saison.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Supercup wird oft kleingeredet - in Dortmund freuen sie sich trotzdem über den Erfolg gegen den großen Rivalen aus München. Dass der BVB sogar wichtige Spieler einfach so ersetzen kann, sollte den Bayern zu denken geben.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Es schien, als wolle dieser junge Mann gar nicht mehr nach Hause: Die Kollegen hatten die Mixed Zone im Bauch des Dortmunder Stadions schon längst verlassen und sich in den wohlverdienten Feierabend begeben, da stand Matthias Ginter noch immer mit Journalisten zusammen und gab Auskunft über sein Gefühlsleben - mit Dauerstrahlen im Gesicht.

Der 20-Jährige, der so leicht und unbekümmert wirkt wie ein Oberstufenschüler, muss sich vorkommen, als erlebe er gerade eine gigantische Klassenfahrt, die irgendwie kein Ende nehmen mag. Erst wurde Ginter von Jogi Löw auserwählt, die Mission Titelgewinn in Brasilien als Expeditionsteilnehmer zu begleiten, und weil die so überaus erfolgreich verlief, darf er sich fortan als Weltmeister bezeichnen.

Kaum zurück in der Heimat, geht die wundersame Reise für Ginter weiter: Aus dem beschaulichen Freiburg ist er ins Ruhrgebiet aufgebrochen. Seinen Job verrichtet er fortan in einer Spielstätte, die jedem, der seine Kreise bis dato im Dreisamstadion zog, wie ein gigantisches Ufo vorkommen muss. Und so sprach der Verteidiger beseelt davon, welch "unbeschreibliches Gefühl" es gewesen sei, "das erste Mal vor 80 000 Zuschauern ein Heimspiel zu haben". Dieses Erlebnis, in der zweiten Halbzeit auf die gelbe Wand der Südtribüne zu spielen, "das war auf jeden Fall auch ein Grund, warum ich unbedingt hierher wollte".

Zu feiern gab es für Ginter und seine Kollegen jedoch nicht nur die Kulisse, sondern auch noch einen beachtlichen Sieg gegen den ungeliebten Rivalen aus München im Supercup. Dieser Wettbewerb vor dem Auftakt jeder Saison wird in seiner Bedeutung oft kleingeredet, doch wer die Dortmunder nach dem 2:0 (1:0)-Sieg nach Toren von Mkhitaryan und Aubameyang beobachtete, der bekam eine Ahnung davon, wie bedeutsam der Pokalgewinn für den Seelenfrieden der Westfalen war.

Zu Recht weisen sie beim Revierklub immer wieder darauf hin, wie hoch das in den vergangenen Jahren Erreichte einzustufen sei, und doch haben die beiden letzten Finalniederlagen gegen den Branchenführer Wunden gerissen. Vor allem das Champions-League-Finale von Wembley, aber auch der unglückliche Verlust des Pokalfinals.

Da ist jeder Triumph in einem K.-o.-Spiel zuckersüß, und sei es im Supercup. Von Beginn an machten die Dortmunder deutlich, wie sehr sie diesen Sieg wollten. "Es gibt wirklich Schlechteres, als mit einem Titelgewinn in die neue Saison zu starten", sagte Außenverteidiger Erik Durm, der in den zweiten 45 Minuten für den angeschlagenen Marcel Schmelzer in die Partie gekommen war: "Das gibt uns Selbstvertrauen und macht uns sehr glücklich."

Die Wucht in Dortmunds Spiel

Es war schon wieder viel von dieser Wucht zu sehen, die das Dortmunder Spiel in den vergangenen Jahren so beeindruckend gemacht hat. "Wir haben ein tolles Spiel gemacht für die Phase, in der wir uns befinden", sagte Jürgen Klopp. Seine Mannschaft habe "sensationell gut verteidigt", lobte der Trainer, "und über 90 Minuten superkonsequent agiert". Zudem war zu erkennen, was sich Klopp und seine Helfer im taktischen Bereich zurechtgelegt haben:

Während der nun für die Bayern stürmende Robert Lewandowski gegen den überragenden Sokratis und gegen Ginter keinen Stich bekam, stürzte die Dortmunder Offensive Bayerns Hintermannschaft von einer Verlegenheit in die nächste. Klopp ließ mit Aubameyang und Neuzugang Ciro Immobile zwei Stürmer ran, die permanent unterwegs waren, ins Kombinationsspiel einbezogen wurden und überhaupt einen glänzenden Eindruck vermittelten. Dahinter agierte eine Raute, die von Jonas Hofmann auf der Zehn angeführt wurde, der deutlich machte, dass sich die Dortmunder mit diesem Kader sogar den Ausfall eines Marco Reus leisten können. Dass zudem auch noch Mats Hummels fehlte - geschenkt.

Das Ergebnis dieses Gesamtpakets war eine vor allem in der ersten Halbzeit frappierende Überlegenheit. "Sie waren griffiger, sie haben uns gut attackiert und angelaufen. Wir haben es schwer gehabt, von hinten heraus zu spielen", analysierte Bayerns Torhüter Manuel Neuer, der seine Mannschaft mit einer Vielzahl von Paraden vor dem Untergang bewahrte. Bei einem Torschussverhältnis von 21:4, so führte der Fußballer des Jahres weiter aus, müsse man "auch mal ganz klar sagen, dass Dortmund das absolut verdient gewonnen hat".

Da mochte dem Torhüter niemand widersprechen, auch wenn sie im Dortmunder Lager betonten, im vergangenen Jahr ebenfalls mit einem Supercup-Erfolg über die Bayern in die Saison gestartet und dann deutlich hinter dem Rekordmeister ins Ziel gekommen zu sein. Dennoch hat dieses Erlebnis beim BVB in erster Linie die Erkenntnis verfestigt, "dass wir uns vor keinem verstecken zu brauchen", wie Durm betonte: "Man hat gesehen, dass wir Bayern immer auf Augenhöhe begegnen, und dass wir sie an einem guten Tag immer schlagen können."

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