Supercup-Niederlage für FC Bayern:Dortmunds Tore bringen Pep ins Grübeln

Bayern-Trainer Pep Guardiola während des Supercup-Finales gegen Borussia Dortmund.

Bayern-Trainer Pep Guardiola während des Supercup-Finales gegen Borussia Dortmund.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Supercup-Sieg Borussia Dortmunds ist trotz des geringen sportlichen Werts ein Ausrufezeichen. Das Team von Jürgen Klopp hat gezeigt, dass der FC Bayern weiterhin schlagbar ist, mit "Leidenschaft und Laufbereitschaft". Pep Guardiola ist vom schnellen Umschalten des BVB beeindruckt - in den Tagen bis zum Bundesliga-Start hat er Zeit, seine ultraoffensive Aufstellung zu überdenken.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Jürgen Klopp saß auf dem Podium im Presseraum des Dortmunder Stadions, zog die Stirn in Falten, um sich dann ein kurzes aber herzhaftes Lachen zu gönnen. Nein, in diese rhetorische Falle würde er ganz bestimmt nicht tappen, so in etwa war das Minenspiel des Dortmunder Trainers zu interpretieren. Soeben war der 46-Jährige gebeten worden, die Bedeutung des Siegs seiner Mannschaft im Supercup gegen den FC Bayern München einzuordnen. Dabei wurde er darauf hingewiesen, wie viel Kraft der Rivale im vergangenen Jahr seinerseits aus diesem Titelgewinn gezogen habe, um danach loszuziehen und alles, aber wirklich alles abzuräumen, was es in Deutschland und Europa abzuräumen gibt.

Nun also die erneute Zeitenwende? "Ich könnte Euch jetzt einen Riesen-Gefallen tun und in einem Anfall von Schwachsinn darauf eingehen", sagte Klopp. Diese verbale Steilvorlage gab er nicht, weil Jürgen Klopp ganz genau weiß, dass sie immer dann herausgeholt würde, wenn sich die Dortmunder in der kommenden Saison einen Wackler leisten.

Der Medienprofi auf der Dortmunder Bank hat genau das getan, was er in solchen Momenten stets tut: Selbstbewusst auftreten und den Ball dennoch flach halten. Zwei Mal, so rechnete er vor, habe man dem Branchenführer in der letzten Saison in der Liga ein Unentschieden abgetrotzt, "am Ende lagen wir trotzdem 25 Punkte hinter den Bayern". Was den Schluss nahe legt: "Unsere Konkurrenz sind 16 andere Mannschaften. Wir wollen uns nicht ständig mit den Bayern messen. Doch wenn wir auf sie treffen, wollen wir sie schlagen."

So weit, so gut - und doch ist der 4:2 (1:0)-Sieg des BVB gegen den großen Rivalen ein echtes Ausrufezeichen. Weil er zeigt, dass die scheinbar so dominante Übermacht aus dem Süden trotz aller anders lautenden Einschätzungen so vieler Experten schlagbar ist. Es war ein turbulenter, hochklassiger und jederzeit unterhaltsamer Schlagabtausch, in dem die Dortmunder der ganzen Liga und auch den restlichen Klubs Europas zeigten, dass die Rezepte, mit dem der Gigant ins Wanken zu bringen ist, noch immer die gleichen sind: "Wenn wir alles in die Waagschale werfen und einen hohen Aufwand betreiben, können wir die Bayern besiegen", erläuterte Klopp: "Das hat sich nicht geändert." Der Trainer nannte die bekannten Zutaten "Leidenschaft und Laufbereitschaft", von beidem brachten seine Spieler bei schwüler Hitze eine enorm große Portion ein. "Wir waren ständig bereit, Räume zuzulaufen", sagte Klopp, und sprach von einem "sehr hohen Aufwand, schon, wenn du gesessen hast, hast du da unten geschwitzt, das war nicht normal."

Auch Manndecker Mats Hummels ließ sich auf den Vergleich mit dem Triplegewinner nicht ein ("das ist kein Thema für uns") und doch war aus seinen Worten zu lesen, wie viel Kraft und Zuversicht der BVB aus diesem Sieg schöpfen kann: "Wenn wir unseren Fußball konsequent durchziehen", verkündete der Nationalspieler, "sind wir eine überragende Mannschaft und können viel erreichen."

"Bei gegnerischem Ballverlust sind sie unglaublich"

In München wird man diese Worte sorgsam registrieren. Vor allem der neue Trainer Josep Guardiola zeigte sich vom Auftritt des größten Kontrahenten beeindruckt. "Bei gegnerischem Ballverlust sind sie unglaublich", sagte der Spanier, und dann kam ein kleiner aber wichtiger Zusatz: "Da müssen wir uns verbessern."

Wie einen Heilsbringer haben sie den 42-Jährigen an seiner neuen Wirkungsstätte empfangen, doch nicht erst seit Samstag Nacht weiß Guardiola, dass es mit Handauflegen allein nicht getan ist. Vor allem im Defensivverbund zeigten die Bayern immer wieder Bruchstellen, und das nicht nur, weil sich Ersatztorhüter Tom Starke und Manndecker Daniel van Buyten mit seinem Eigentor gravierende individuelle Fehler leisteten. David Alaba hatte gegen den auf der rechten Außenbahn wirbelnden Jakub Blaszczykowski seine liebe Mühe, Jérome Boateng kam in der Innenverteidigung selten richtig in die Zweikämpfe, in der zweiten Halbzeit ließ er sich von Reus tunneln. Es gab eine ganze Reihe Indizien, dass die Abläufe beim Meister noch nicht so reibungslos funktionieren, wie sich Guardiola und seine Mitstreiter das erhoffen.

Wer diesen Gegner mit großem Nachdruck und nie nachlassender Intensität bearbeitet - so die Erkenntnis - bringt ihn in arge Verlegenheit. Guardiola wird die Aufarbeitung dieser 90 Minuten zum Nachdenken zwingen. Zum Beispiel, ob die ultraoffensive taktische Ausrichtung mit Thiago als einziger Absicherung vor der Viererkette tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist. Mit ihrem Luxuskader haben die Bayern viele Optionen, die naheliegende wäre es, vor der Abwehr wieder das bewährte Bollwerk mit Bastian Schweinsteiger und Javi Martìnez zu errichten.

Angesichts der ersten Pflichtspielniederlage bemühte sich Guardiola auffällig um Gelassenheit. Er sei ja gerade mal einen Monat in München, es warte noch viel Arbeit auf ihn uns seine Spieler. Der erste Titel sei zwar verpasst, und dennoch habe er "nicht das Gefühl, der BVB ist viel, viel besser als wir. Wir haben noch eine Woche, um uns auf den Anfang in der Bundesliga vorzubereiten und unsere kleinen Fehler zu verbessern." Es sind sogar noch zwei Wochen, und die werden die Bayern nutzen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen.

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