Supercup:Der FC Bayern atmet durch

Borussia Dortmund vs FC Bayern Munich - DFL-Supercup Final

Nach einer holprigen Vorbereitung sind manche Spieler des FC Bayern wieder zu Späßen aufgelegt: dank des Supercups.

(Foto: REUTERS)
  • Der FC Bayern München durchlebt eine schwierige Woche und atmet nach dem Sieg im Supercup gegen Borussia Dortmund wieder etwas durch.
  • Spät im Spiel treffen die Münchner zum Ausgleich und setzen sich im Elfmeterschießen durch.
  • Hier gibt es den Liveticker zum Nachlesen.

Von Benedikt Warmbrunn, Dortmund

Wer wissen wollte, wie die Stimmung zum Ende dieser Woche beim FC Bayern wirklich war, der musste in der 87. Minute nur zur Seitenlinie schauen, zur Bank der Mannschaft. Da rannten erwachsene Männer wie wild geworden aufeinander zu, sie warfen sich gegenseitig in die Arme, sie ballten Fäuste. Und am wildesten und leidenschaftlichsten rumpelstilzte der neuen Sportdirektor Hasan Salihamidzic über den Rasen. Sie bejubelten gerade: den Ausgleichstreffer ihrer Mannschaft.

Sie wussten an der Seitenlinie, dass dieses Tor ihnen nicht nur die Partie rettete, zumindest ins Elfmeterschießen. Dieses gewann das Team 7:6 (2:2, 1:1); FC-Bayern-Torwart Sven Ulreich parierte in diesem gleich zwei Dortmunder Schüsse. Das Tor in der 87. Minute und das gewonnene Elfmeterschießen, das rettete dem FC Bayern auch die Woche. Denn dieser Abend hatte ja gezeigt, dass dieser FC Bayern doch auch noch über eine spielerische Struktur verfügen kann, dass er mit Rückschlägen umgehen kann, dass er nicht ganz so verzweifelt auf die bald beginnende Saison blicken muss. Dass er doch noch gewinnen kann.

Für den FC Bayern war der Supercup ja das Ende einer Woche, von der sie sich so viel erhofft hatten. Am Montag stellten sie einen Sportdirektor vor, Hasan Salihamidzic, ein Jahr, nachdem Sportvorstand Matthias Sammer aufgehört hatte. Am Dienstag und am Mittwoch wollten sie dann bei einem Sponsorenturnier im eigenen Stadion die schwachen Auftritte der China-Reise korrigieren. Aber so kam es nicht. Klar, das mit Salihamidzic, das klappte. Ganz anders aber die Bilanz des Turniers: zwei Niederlagen, kein Tor, Letzter. Dazu verletzten sich Thiago, David Alaba und James Rodriguez. Und zum Wochenende kam noch die Meldung, dass Kaderplaner Michael Reschke den Verein verlässt; er wird Sportvorstand beim Aufsteiger VfB Stuttgart. Der Supercup war also in erster Linie eine weitere Möglichkeit, dieses Bild einer missratenen Vorbereitung zu korrigieren. Und so wurde aus einer dunklen Woche eine Woche, die zumindest mit einem Lichtblick endete. "Die Mannschaft hat Charakter gezeigt und ist immer wieder zurückgekommen.

"Wir haben mit dem Trainer und den Spielern in den letzten Tagen viele Gespräche geführt. Wir sind Bayern München und können uns nicht so viele Niederlagen leisten. Heute war wichtig, dass wir wieder wie Bayern München gespielt haben", sagte Salihamidzic.

Ancelotti stellt die Taktik um

Carlo Ancelotti, der Trainer, reagierte auf das spielerische und strukturelle Chaos der 0:3-Niederlage gegen Liverpool, indem er ein neues System wählte. Der FC Bayern stellte dem vom neuen Dortmunder Trainer Peter Bosz favorisierten 4-3-3 ein 4-4-2 entgegen, das die zuletzt doch sehr wackelige Defensive stabilisieren sollte. Die ersten Folgen dieser Umstellung: Die Defensive wackelte in der ersten Viertelstunde noch bedrohlicher.

Die Anfangsphase war geprägt von zahlreichen Missverständnissen im Spielaufbau des FC Bayern, einmal konnte Torwart Sven Ulreich den Ball gerade noch vor dem heranstürmenden Pierre-Emerick Aubameyang wegschlagen (4.). Acht Minuten später war er jedoch chancenlos. Javi Martínez versprang der Ball, er sprang direkt vor die Füße von Christian Pulisic. Und der ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen - die Führung für die zunächst engagierteren, zielstrebigeren Gäste.

Der FC Bayern stabilisiert sich - angeführt vom starken Sebastian Rudy

Der FC Bayern, der am Dienstag 0:3 gegen Liverpool verloren hatte, wäre nun wohl eingebrochen. Aber der FC Bayern vom Samstag schaffte es, sich zu stabilisieren. Angeführt vor allem vom umsichtigen, ruhigen Sebastian Rudy im zentralen Mittelfeld schoben sich die Gäste nach vorne, mit Diagonalpässen überspielten sie immer wieder die BVB-Abwehr. So auch in der 18. Minute. Rudy passte von der Mittellinie auf die rechte Seite, zu Joshua Kimmich, der eine von vielen präzisen Flanken an diesem Abend schlug. In der Mitte musste Robert Lewandowski den Ball nur noch über die Torlinie schieben. Die Schiedsrichter prüften den Treffer noch einmal per Videobeweis - und befanden: Alles korrekt.

Die Partie war nun geprägt von zahlreichen Ungenauigkeiten auf beiden Seiten, doch von zwei Mannschaften, die sich noch nicht alle Abläufe in ihrem System verinnerlicht haben, war der FC Bayern erst einmal die souveränere.

Die nächste Chance hatte zwar wieder der BVB, Ulreich wehrte den Kunstschuss von Gonzalo Castro ab (24.). Doch dann erspielten sich die Gäste so viele Chancen, dass das Unentschieden zur Pause fast schon ärgerlich für sie war. Nach einem Dribbling von Ribéry schoss Müller aus dem Getümmel heraus, Roman Bürki parierte (31.). Vier Minuten später flankte Kimmich präzise auf den Kopf von Müller, wieder parierte Bürki. Weitere vier Minuten später, wieder eine präzise Flanke, dieses Mal von Ribéry, doch der Kopfball von Corentin Tolisso ging am Tor vorbei. Die Halbzeit endete schließlich mit einem Distanzschuss von Rudy, wieder parierte Bürki (43.).

In der zweiten Halbzeit brachten beide Teams mehr Kontrolle in ihr Spiel, Dortmund versuchte, eine Lücke in der Defensive des FC Bayern zu finden. Doch an diesem Abend ließ der FC Bayern nicht mehr ganz so viele Lücken offen. Und so schalteten sich die beiden Systeme erst einmal weitgehend gegenseitig aus. Sahin verfehlte mit einem Freistoß das Tor (58.), Tolisso schoss den Ball arg schluffig in die Arme von Bürki (65.), mehr Torszenen gab es in der ersten Hälfte des zweiten Durchgangs nicht. Dennoch gab es für den FC Bayern eine weitere bittere Minute, die 60.: Martínez musste angeschlagen ausgewechselt werden, für ihn kam Niklas Süle.

Freistoß Rudy, Kopfball Süle an die Latte, Chaos im Fünfmeterraum - Tor

Wie sehr sich die Interpretation eines Spiels manchmal innerhalb weniger Sekunden verändern kann, das bekamen die Gäste in der 71. Minute zu spüren. Lewandowski dribbelte mit dem Ball in den Strafraum hinein, er hätte schießen können, er hätte den Ball zum eingewechselten Kingsley Coman querlegen können, beides hätte zur Führung führen können, und schon wäre die Woche nicht mehr ganz so düster gewesen. Doch Lewandowski spielte einen kümmerlichen Querpass, Dortmund konterte schnell, innerhalb weniger Sekunden war der Ball bei Aubameyang. Der Konter wurde also noch schneller. Aubameyang dribbelte in den Strafraum hinein, er schoss, ganz und gar nicht kümmerlich, ausgesprochen elegant sogar, und so flog der Ball im hohen Bogen ins Tor.

Es wäre kein unverdienter Sieg für den BVB gewesen, und es wäre auch ein Samstagabend geworden, der gepasst hätte zu dieser Woche des FC Bayern. Dann aber kam diese 87. Minute, und schon nahm die Woche ein ganz anderes Ende: Freistoß Rudy, Kopfball Süle an die Latte, Chaos im Fünfmeterraum, Hummels versuchte zu schießen, Kimmich schoss, der Ball prallte hin und her. Und dann rollte er über die Torlinie. Es folgte der Jubel der Erleichterung an der Bayernbank.

Es ging also ins Elfmeterschießen. Sven Ulreich wehrte die Schüsse von Sebastian Rode und von Marc Bartra ab. Den letzten Versuch des FC Bayern verwandelte Niklas Süle. Und wieder jubelte die Bank des FC Bayern voller Erleichterung.

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