Super Bowl in der NFL:Revanche und Tritte in den Hintern

Die New England Patriots gewinnen das Playoff-Halbfinale der NFL, weil die Ravens kurz vor Schluss danebenschießen, die New York Giants siegen gegen die San Francisco 49ers durch ein Field Goal in der Verlängerung. Nun kommt es in der Super Bowl zu einem brisanten Duell zwischen den Patriots und den Giants.

Jürgen Schmieder

Tom Brady lieferte nach dem Spiel gegen die Baltimore Ravens eine treffliche Analyse seiner Leistung. "Ich habe einen ziemlichen Mist zusammengespielt", sagte der Spielmacher der New England Patriots nach dem Playoff-Halbfinale in der Football-Liga NFL. Er schaffte nur 239 Yards Raumgewinn, er warf zum ersten Mal seit 36 Partien keinen Touchdown-Pass, dafür leistete er sich zwei Fehlwürfe. Immerhin gelang ihm im letzten Viertel ein Ein-Yard-Touchdown-Lauf. Dass die Patriots dennoch mit 23:20 gewannen und nun im Finale stehen, erklärte Brady so: "Die Defensive hat uns gerettet."

Baltimore Ravens kicker Cundiff misses a field goal in the final seconds of play against the New England Patriots in the NFL AFC Championship football game in Foxborough

Fehlschuss: Ravens-Kicker Billy Cundiff vergibt aus 32 Yards.

(Foto: REUTERS)

Das ist nicht ganz richtig, denn eigentlich hat Billy Cundiff die Patriots gerettet. Der ist Kicker bei den Ravens und schoss elf Sekunden vor dem Ende vorbei, anstatt die Partie auszugleichen und eine Verlängerung zu erzwingen. Er verfehlte aus 32 Yards - keine Kann-man-machen-Entfernung, sondern eine Muss-man-machen-Entfernung.

Die Spieler der Patriots liefen nach Cundiffs Fehlschuss jubelnd herum, während die Ravens herumstanden, als hätte sie jemand paralysiert. "Diesen Schuss habe ich schon 1000 Mal getroffen, heute konnte ich es nicht umsetzen, es gibt keine Entschuldigung dafür", sagte Cundiff.

Beide Mannschaften lieferten sich ein packendes Duell mit einigen Führungswechseln und spektakulären Defensivaktionen - vor allem aber durften die Patriots beweisen, dass sie auch gegen gute Vereine gewinnen können. Kurioserweise hatte New England sowohl während der regulären Saison als auch in den Playoffs ausschließlich gegen Klubs agiert, die am Ende eine negative Bilanz hatten.

"Das war heute nicht perfekt, es ist nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben", sagte Patriots-Trainer Bill Belichick nach der Partie. Normalerweise sezieren die Patriots die gegnerische Defensive, sie erzielen gewöhnlich mit ihrer filigranen Spielweise mehr als 32 Punkte pro Spiel. An diesem Sonntag mussten sie ackern, verteidigen - und auf einen Fehlschuss hoffen.

Kicker sind die Exoten im Football: Sie laufen nicht mit dem Ball, sie reißen keine Gegenspieler um und sie dürfen qua Reglement auch nicht umgerissen werden. Die meiste Zeit sitzen sie gelangweilt auf der Ersatzbank herum - doch wenn sie das Spielfeld betreten, dann müssen sie nervenstark den Ball durch die beiden Torpfosten prügeln.

Brisantes Duell in der Super Bowl

Das gelang Lawrence Tynes von den New York Giants: Während der Verlängerung des zweiten Halbfinales gegen die San Francisco 49ers war er aus 31 Yards zum 20:17 erfolgreich. "Ich bin normalerweise ziemlich cool, aber ich habe die ganze Nacht zuvor von diesem Schuss geträumt", sagte Tynes nach dem Spiel.

Super Bowl: New York Giants stehen im Finale

Treffer: Giants-Kicker Lawrence Tynes schafft ein Field Goal aus 31 Yards.

(Foto: dpa)

Vor diesem Schuss hatte New Yorks Quarterback Eli Manning formidabel gegen die beste Verteidigung der NFL agiert. Er schaffte 316 Yards Raumgewinn durch Pässe, zwei seiner Würfe landeten in der Endzone bei einem Mitspieler, keiner in den Armen eines Gegners - in der Verlängerung spielte Manning fehlerfrei und abgeklärt. "Er hat in kniffligen Situationen die richtigen Entscheidungen getroffen", sagte sein Trainer Tom Coughlin, "er hat die Mannschaft mit seiner Erfahrung geführt."

Nun kommt es in zwei Wochen bei der Super Bowl in Indianapolis zu einer brisanten Partie. Bereits vor vier Jahren hatten die Patriots und die Giants das Finale gegeneinander ausgetragen. New England hatte zuvor kein einziges Saisonspiel verloren und die Chance auf eine perfekte Spielzeit, zum ersten Mal seit den Miami Dolphins im Jahr 1972.

Doch kurz vor dem Ende der Partie war New Yorks Passempfänger David Tyree eine spektakuläre Aktion gelungen: Er hatte den Ball mit nur einer Hand gefangen und gegen seinen Helm gepresst. Wenig später schafften die Giants einen Touchdown und gewannen den Titel. "Das waren die bittersten Momente meiner Karriere", sagte Brady kürzlich.

Ohnehin dürften sich diese Playoffs für die Giants wie ein ausgedehntes Déjà-vu-Erlebnis anfühlen. Wohl auch deshalb setzte sich Giants-Verteidiger Osi Umenyiora nach dem Sieg gegen San Francisco in der Umkleidekabine zu seinem Trainer Tom Coughlin. "Ich habe ihn gefragt: 'Kannst du das glauben?' Alles, was damals geschehen ist, passiert nun wieder. Es sollte genauso sein!" Auch vor vier Jahren hatten die Giants drei Playoff-Spiele auswärts gewonnen und im Halbfinale durch ein Field Goal in der Verlängerung gesiegt.

Nun also kommt es erneut zum Duell mit den Patriots, erst zum sechsten Mal in der Geschichte der Super Bowl gibt es eine Revanche zweier Vereine. "Ich kenne Tom Brady und Bill Belichick sehr gut", sagte Umenyiora, "ich bin mir sicher, dass die beiden sich an uns rächen wollen." In der Tat kündigte Brady nach dem Sieg gegen die Ravens an: "In zwei Wochen werde ich hoffentlich besser spielen. Wir werden rausgehen und ein paar Tritte in den Hintern verteilen."

Es gibt einige Unterschiede zwischen der Partie von vor vier Jahren und dem Finale in zwei Wochen - der wichtigste ist: Die Giants gehen nicht als Außenseiter in dieses Endspiel, sondern nach den Leistungen der vergangenen Wochen durchaus als Favorit. Die größte Gemeinsamkeit beider Vereine: Lawrence Tynes und Stephen Gostkowski (Patriots) gelten als zwei der nervenstärksten Kicker der Liga.

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