Super Bowl als Event:Baltimore und Beyoncé überleben

Super Bowl als Event: Amerika feiert das Finale der Football-Meisterschaft. Das Spiel erlebt nach einem Stromausfall eine beeindruckende Aufholjagd, die Halbzeitpause ist sexy wie lang nicht - selbst in Deutschland schauen mitten in der Nacht 1,5 Millionen Menschen zu.

Von Martin Anetzberger

Die Baltimore Ravens nahmen sich nach ihrem Sieg in der Super Bowl gegen die San Francisco 49ers natürlich alles: Den Ruhm des zweiten NFL-Titels der Vereinsgeschichte, den Sieg im Brüderduell der Trainer John (Ravens) und Jim (49ers) Harbaugh, den Pokal, den Titel für den wertvollsten Spieler (Joe Flacco), die Dusche im Konfetti-Regen und auch die Schlagzeilen der großen Zeitungen in den Vereinigten Staaten.

Nach dem Abpfiff bleibt von einem Endspiel im Sport meist nur eines im Gedächtnis: der Sieger. Ganz besonders in den USA, wo das Prinzip "the winner takes it all" fest verwurzelt ist.

Doch nach diesem speziellen Finale fiel es den meisten Beobachtern etwas schwer, nur die Gewinner in den Fokus zu rücken. Die Baltimore Ravens hatten zwar zu Beginn des dritten Quarters bereits deutlich in Führung gelegen. Bevor ein Stromausfall das Spiel für etwa 35 Minuten unterbrach, stand es bereits 28:6 - ein Polster von etwa drei Tochdowns. Aber zu beeindruckend fiel danach die Aufholjagd der 49ers aus, als dass die Leistung des Teams aus Kalifornien schnell in Vergessenheit geraten könnte. Sie kämpften sich zunächst bis auf 29:31 heran, um am Ende doch mit 31:34 zu verlieren.

Gewiss: Auf den Bildern zu den Aufmachern der Online-Ausgaben von New York Times und Co. waren jubelnde Ravens-Spieler zu sehen. Da wären zum Beispiel Chykie Brown, der auf einem Teppich aus lila-weiß-goldenem Konfetti wie ein Schmetterling flattert, oder Ed Reed, der den Vince-Lombardi-Pokal in die Höhe reckt. In einer 136 Bilder langen Galerie auf der Website der Baltimore Sun muss man oft klicken, um überhaupt einen trauernden 49er zu finden (Tipp: bei Foto Nummer 33 ist es so weit). Lokalpatriotismus at its best!

Doch schon in den Überschriften und noch mehr in den Texten wird die starke Aufholjagd der Verlierer herausgestellt. So schreibt die Washington Post: Von diesem Spiel im Gedächtnis bleiben werde nicht die Tatsache, dass John Harbaugh seinen jüngeren Bruder Jim besiegt, oder, dass Ravens-Spieler Ray Lewis seine Karriere mit dem Titel beendet hat. Bleiben werde, dass Baltimore einen unbeschreiblichen Leistungseinbruch überlebte, dank der Präsenz seines herausragenden Quarterbacks, Joe Flacco. Die Times schreibt: "Die Lichter gingen aus (...) Erst dann begann das Spiel wirklich."

Beyoncé stand unter Beobachtung

Der San Francisco Chronicle an der Westküste, 2800 Meilen von der Gewinner-Stadt Baltimore an der Ostküste entfernt, trauerte. "Das Comeback der 49er reicht nicht", titelt das Blatt und zeigt den enttäuschten Spieler Frank Gore, der seinen Kopf am liebsten unter einem Handtuch verbergen möchte. Lokalpatriotismus gibt es eben auch in der Niederlage.

Vereint waren die Menschen in den Staaten - egal ob sie Ravens oder 49ers die Daumen drückten - in ihrer Begeisterung für das Event Super Bowl. Neben den mehr als 70.000 Fans im Stadion setzten sich allein in den USA etwa 180 Millionen Zuschauer vor die Fernsehschirme, um sich neben einem Football-Spiel auch eigens produzierte Werbespots anzusehen und Popstars wie Alicia Keys - sie sang die Nationalhymne - und Beyoncé Knowles zu bestaunen. In Deutschland sahen das Spektakel trotz der Übertragung mitten in der Nacht zeitweise bis zu 1,5 Millionen Menschen.

Vor allem Knowles stand dabei unter Beobachtung, weil sie bei der Amtseinführung von Präsident Obama die Nationalhymne nur als Playback gesungen hatte. Diesmal hatte sie geschworen, live zu singen und trat dabei zeitweise mit ihren ehemaligen Weggefährtinnen von Destiny's Child - Kelly Rowland und Michelle Williams - auf, um im knappen Outfit ein Medley ihrer Hits zu präsentieren.

Die Washington Post bescheinigte ihr dafür in ihrem Style Blog die sexieste Performance seit 2004, als Justin Timberlake und Janet Jackson den Brustwarzen-Skandal fabrizierten und lobte den Mut zum Live-Gesang: "And yeah, it sounded like the real thing." Die musikalische Bewertung fiel dennoch etwas dürftiger aus: Prädikat brauchbar. Die New York Times sah in dem Auftritt eine zurückhaltende aber effektive Antwort auf die Kritik ihrer Skeptiker, wertete die vieldiskutierte, zumindest kurzzeitige Reunion von Destiny's Child aber auch als stilles Eingeständnis, dass ihre Hits als Solo-Künstlerin für eine großartige Halbzeit-Show nicht ausreichten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: