Stuttgarter Tennisturnier:Punkten mit Grün

Stuttgarter Tennisturnier: Turniersieger mit Wild Card: Der Franzose Lucas Pouille bezwingt im Finale Feliciano Lopez (Spanien).

Turniersieger mit Wild Card: Der Franzose Lucas Pouille bezwingt im Finale Feliciano Lopez (Spanien).

(Foto: Thomas Kienzle/AFP)

Trotz des frühen Ausscheidens vieler prominenter Profis bleibt das Stuttgarter Tennis-Turnier am Killesberg ein Erfolg: Die Ränge waren an fünf Turniertagen ausverkauft, der Wechsel auf Rasen hat sich gelohnt.

Von Matthias Schmid, Stuttgart

Bernd Nusch freut sich, dass das Tennisturnier auf dem Stuttgarter Killesberg am Sonntag zu Ende gegangen ist. Nicht dass der frühere Turnierdirektor etwas auszusetzen hätte an dem, was sein Nachfolger geschaffen hat, im Gegenteil. Nusch genoss die Tage mit Roger Federer und Tommy Haas, er saß täglich in der Ehrenloge und ließ sich auch das überraschende Finale mit dem Franzosen Lucas Pouille als Sieger gegen Feliciano Lopez nicht entgehen. Der 77-Jährige, der das Turnier 33 Jahre organisiert hat, will aber endlich selbst wieder auf dem Rasen seinen Schläger schwingen, sein Rückhandslice soll noch immer ziemlich gemein sein, wie Augenzeugen berichten. Die Mitglieder des TC Weissenhof müssen sich aber auch nach dem Turnier gedulden. Vier Wochen dauert es, bis die Plätze wieder soweit präpariert sind. "Da freuen sich schon alle drauf", erzählt Nusch.

Nach der dritten Auflage auf Gras steht fest, dass es die richtige Entscheidung der Verantwortlichen um den neuen Turnierchef Edwin Weindorfer war, die Zukunft des Turniers auf dem grünen Untergrund zu bauen. "Es war wichtig, dass wir mutig waren und uns weitentwickelt haben", sagte der Österreicher. Seine Weitsicht lässt sich auch in Zahlen belegen. So viele Zuschauer wie in diesem Jahr haben die Anlage noch nie in der 101-jährigen Historie gefüllt - fast 62 000 Besucher kamen in den Stuttgarter Norden, von Mittwoch an war täglich ausverkauft.

Weindorfer, der zugleich auch Manager von Tommy Haas ist, hat jahrelang zu spüren bekommen, dass die Stuttgarter ein ziemlich "verwöhntes Tennispublikum sind", wie er es ausdrückt. In den Neunzigern fand noch das Hallenturnier in der Schleyerhalle statt, wo regelmäßig die besten Tennisspieler der Welt vorbeischauten, Pete Sampras, Andre Agassi, Boris Becker und Michael Stich verzückten die Besucher. Dazu gibt es das Frauenturnier in der Porsche-Arena. Und im Sommer machten sich die Profis auf zum Killesberg, das Weissenhofturnier war bei den Spielern sehr beliebt. Björn Borg siegte unter anderem hier, Andre Agassi, Thomas Muster, Stich und Rafael Nadal. 1981 waren die Zuschauer sogar auf die umliegenden Bäume geklettert, um einen Blick auf den langhaarigen Popstar Borg zu erhaschen. Weindorfer konnte irgendwann nur noch das große Erbe des traditionsreichen Wettbewerbs verwalten - mehr schlecht als recht. Weil die prominenten Spieler nach Wimbledon nicht mehr auf Sand zurückkehren wollten und sich lieber in den USA auf die US Open vorbereiteten, drohte das Turnier ganz zu verschwinden.

Auch in Stuttgart würde man sich über Alexander Zverev freuen

Erst mit der Umstellung auf Rasen ist Stuttgart wieder ins Blickfeld der Tennisgrößen gerückt, zur Premiere 2015 kam Rafael Nadal, begeisterte und siegte. "Ohne internationales Zugpferd geht es in Stuttgart nicht", hat Weindorfer festgestellt. Neben seiner Hartnäckigkeit hat er auch von der neuen Struktur des Turnierkalenders profitiert, um das Turnier wieder im früheren Glanz aufleben zu lassen. Die Rasensaison dauert nun länger, zwischen French Open und Wimbledon liegt eine dreiwöchige Pause. Stuttgart ist neben Halle/Westfalen der zweite deutsche Vorbereitungswettbewerb für das bekannteste Tennisturnier der Welt. Der Belagwechsel war durchaus ein Risiko, aber eines, das sich bezahlt machen dürfte. Etwa 1,5 Millionen Euro investierte Weindorfers Vermarktungsfirma in die neue Anlage mit sechs Rasenplätzen. "Ich bin aber überzeugt davon, dass wir bald schon Gewinne schreiben", sagt er.

Als Nachfolger von Nadal präsentierte der 52-Jährige in diesem und im vergangenen Jahr Roger Federer, der Zweijahresvertrag mit dem siebenmaligen Wimbledonsieger, der Haas in seinem ersten Match unterlag, ist nun ausgelaufen. Billig war er wenig überraschend nicht, der berühmteste Tennisprofi der Gegenwart hat seinen Preis. "Federer ist sein Geld wert", versichert der Turnierdirektor, ohne Summen zu nennen, und hofft, dass der 35-Jährige ein drittes Mal nach Stuttgart reist. Zusätzlich soll noch der "eine oder andere Topstar kommen", wie es Weindorfer formuliert. Dass dieser Topstar unter Umständen sogar Alexander Zverev heißen könnte, verhehlt er nicht. Mit dem besten deutschen Tennisspieler konnte er sich in diesem Jahr allerdings nicht auf eine Teilnahme einigen, der aufstrebende Weltranglisten-Zehnte zog es vor, im niederländischen 's-Hertogenbosch zu spielen, wo er im Halbfinale verlor. Ins Detail wollte Weindorfer nicht gehen, er gibt aber zu, dass Dinge passiert seien, die schon Michael Stich als Turnierdirektor von Hamburg beklagte. Zverev wird in seiner Heimatstadt trotz einer gültigen Fünfjahresvereinbarung nicht mitmachen. "Ich bin täglich bereit, eine Friedenspfeife mit Sascha zu rauchen", bekennt Weindorfer.

Zumindest sein Bruder Mischa trat in Stuttgart an, er verlor im Halbfinale gegen Lopez. In Halle in dieser Woche werden sich die Zverev-Brüder wiedersehen. Auch Roger Federer spielt mit. In Ostwestfalen hat der 18-malige Grand-Slam-Turniersieger einen Vertag abgeschlossen, von dem Weindorfer nur träumen kann: bis zu seinem Karriereende nämlich wird Federer dort aufschlagen.

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