Stuttgarter Erfolg gegen Freiburg:Mit voller Überzeugung durchs Tal

VfB Stuttgart v SC Freiburg - Bundesliga

Immer nah dran: Stuttgart besiegte Freiburg 2:0.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der VfB Stuttgart befreit sich mit einem 2:0 gegen Freiburg von den allergrößten Abstiegssorgen. Nach 60 mauen Minuten bringt eine Einwechslung von Trainer Huub Stevens die Wende - Freiburg verpasst die Chance, weiter unten rauszukommen.

Von Johannes Knuth

Bevor es endlich losging, trat Fredi Bobic vor die Fernsehkameras, er hatte keine guten Neuigkeiten. "Wir sind im Abstiegskampf", stellte der Sportdirektor des VfB Stuttgart fest. Das war an sich noch keine furchterregende Erkenntnis, doch Bobic hatte gleich die nächste schlechte Nachricht parat: "Es werden immer weniger Spiele."

Auch der Blick in das Jetzt stimmte ihn nicht zuversichtlich: "Es ist ein Derby. Wir sind unter Zugzwang." Vielleicht hatte Bobic auch deshalb vor dem baden-württembergischen Nachbarschaftsduell mit dem SC Freiburg der Stuttgarter Zeitung offenbart: "Ich hätte die Kraft und die totale Überzeugung, mit dem Verein auch durch tiefe Täler zu gehen."

Mit tiefen Tälern war übrigens die zweite Liga gemeint.

Fredi Bobic trat nach dem Spiel erneut vor die Kamera, diesmal hatte Positives zu berichten: "Im Abstiegskampf gibt es keine stabilen Phasen. Heute hatten wir das Glück auf unserer Seite", sagte Bobic nach dem 2:0 gegen den SC Freiburg. Der VfB ist jetzt Tabellen-15., für ein Wochenende haben sich die Schwaben von den schlimmsten Nöten befreit, mehr nicht. Zu fehlerbehaftet war der Auftritt in einem heißen Derby - das die Stuttgarter beinahe noch aus der Hand gegeben hätten.

Beide Trainer bastelten an ihren Aufstellungen diesmal nur so viel herum wie unbedingt nötig. Gelson Fernandes vertrat Freiburgs gesperrten Kapitän Julian Schuster. Für den verletzten Innenverteidiger Pavel Krmas brachte Christian Streich den jungen Immanuel Höhn. VfB-Trainer Huub Stevens beorderte Gotoku Sakai für Rot-Sünder Georg Niedermeier in die Startformation. Vor ihm organisierte erneut der 18 Jahre alte Winter-Zugang Carlos Gruezo aus Ecuador das Mittelfeld, in vorderer Reihe wuselte der just genesene Dauerpatient Daniel Didavi nach dem Motto: Bloß keine psychologischen Altlasten im Abstiegskampf.

Stuttgart agiert, das Publikum pfeift

Didavi beschaffte dem VfB dann auch die ersten Chancen der Partie. Nach einer Viertelstunde setzte sich 24-Jährige ein paar Meter von Fernandes ab, schoss aus 30 Metern, der Ball segelte Richtung Tribüne, nein, plötzlich senkte er sich - SC-Keeper Baumann lenkt den Ball gerade so an die Latte. Kurz darauf bediente Didavi seinen Innenverteidiger Antonio Rüdiger per Freistoßflanke. Rüdiger, ohne Freiburger Geleit im Strafraum unterwegs, köpfelte in die Arme von Torwart Oliver Baumann.

Freiburg reagierte, Stuttgart agierte. Das Heimpublikum war trotzdem unzufrieden. Nach 24 Minuten erlaubte sich VfB-Torwart Sven Ulreich die Frechheit, ein paar Sekunden über den Empfänger seines Abspiels zu sinnieren. Die Freiburger hatten die Passwege verstellt, Ulreich wartete, die Zuschauer pfiffen ungeduldig. Ein paar Minuten später pfiffen sie noch herzhafter, diesmal richtete sich der Zorn gegen Schiedsrichter Felix Zwayer. Stuttgarts Ibrahima Traoré war in den Strafraum gestürmt, Fernandes hatte sich kurz bei ihm eingehakt, Traoré fiel, als hätte ihn ein Schwergewichtsboxer ausgekockt - und als kein Pfiff ertönte, hüpfte Traoré auf und ab wie ein HB-Männchen. Zwayer drehte unbeeindruckt ab.

Ulreich rettet die Führung

Und Freiburg? Admir Mehmedi eroberte nach 25 Minuten den Ball, er dribbelte ein paar Meter, seine Mitspieler liefen in Position. Mehmedi schoss dann lieber selbst - aber neben das Tor. Ansonsten besetzten die Freiburger stur die Räume. Schwammen sich die Stuttgarter doch einmal frei, stellte ihnen irgendein Freiburger ein Bein. Kurz vor der Pause erwischte es Didavi, der Stuttgarter segelte meterweit durch die Luft. Zwayer ignorierte auch das, der Stuttgarter Protest hielt sich allerdings in Grenzen. Didavi war über den am Boden liegenden VfB-Kollegen Martin Harnik gestolpert.

Ungefähr auf auf diesem Niveau bewegte sich die Partie auch nach dem Seitenwechsel. Die Beteiligten verstolperten Bälle, stolperten ohne Ball, traten sich auf die Füße - sie gaben sich alle Mühe, das torlose Unentschieden zu halten. Als Freiburgs Mehmedi und Felix Klaus beinahe das erste Tor der Partie erzielten, hatte dann auch Stevens genug. Er tauschte Alexandru Maxim gegen den müden Didavi, Timo Werner kam für Vedad Ibisevic. Letzteren pfiff das Publikum inbrünstig aus.

Es war ein kurzer Moment spielerischer Erleuchtung, den die neu geordneten Stuttgarter zum Führungstreffer nutzten. Traoré zog auf dem rechten Flügel drei Freiburger auf sich. Ein Übersteiger, eine Körpertäuschung, dann stocherte er den Ball zum unbeschatteten Gentner im Zentrum. Freiburgs Defensive war jetzt auseinandergezogen, Traoré hatte nach dem Doppelpass mit Gentner freie Fahrt auf rechts, Maxim freie Sicht im Zentrum - 1:0 (69.).

Freiburg war geschockt, allerdings nur für fünf Minuten. Die Stuttgarter sind bekanntlich die Kurzarbeiter der Liga, fünfmal war ihnen in der Rückrunde eine 1:0-Führung kurz vor Schluss entglitten, 13 Punkte hatten sie in der Schlussviertelstunde verschenkt. Auch diesmal gaben sie sich alle Mühe. Ginter tauchte frei vor Ulreich auf, dann Mehmedi, aber Ulreich hielt. Als Harnik kurz vor Schluss einen Eckball zum 2:0 ins Tor stocherte (89.), war Freiburg geschlagen. Und Christian Streich, der so ausufernd kritisiert worden war wegen seines gestenreichen Coachings? Saß regungslos auf der Trainerbank. Mit beiden Händen in der Hosentasche.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: