Stürmer des FC Bayern:Auch Müller kann Wettschießen

Thomas Müller und Robert Lewandowski vom FC Bayern

Beide können jubeln: Robert Lewandowski (rechts) und Thomas Müller

(Foto: AFP)

Von Benedikt Warmbrunn

Thomas Müller lauerte an der Strafraumkante. Nur langsam näherte sich das Opfer seines nächsten Streichs, aber um diesem zu entkommen, war es schon viel zu nah. Müller also streckte den Arm aus, kniff einmal fest in die Schulter des Auserwählten. Dann klatschte er ihm kräftig mit der flachen Hand auf den Hinterkopf, schubste ihn weg.

Müllers Handgreiflichkeiten galten Robert Lewandowski, seinem Mitspieler. Dieser hatte gerade mit seinem Treffer die Partie des FC Bayern gegen Borussia Dortmund frühzeitig entschieden, es lief die 46. Minute. Lewandowski hatte das 3:1 erzielt, am Ende stand es 5:1. Aber um all das ging es bei Müllers Empfang an der Strafraumkante nicht. Müller und Lewandowski, das waren in diesem Augenblick zwei Spieler in einem sehr persönlichen Wettkampf. Dem Wettkampf um den (aktuell) erfolgreichsten Torschützen der Liga.

Die Frage, wer am Ende die sog. Torjägerkanone gewinnen wird, hat schon früh in dieser Saison eine fast schon vergessene Dynamik gewonnen. In der vergangenen Spielzeit war noch ein Schneckenrennen zu verfolgen, am Ende gewann Frankfurts Alexander Meier die Kanone, mit 19 Treffern - dabei hatte er die letzten sieben Ligaspiele wegen einer Knieoperation verpasst. 19 - die Marke dürfte im Sommer 2016 klar übertroffen werden. Zumindest wenn drei Angreifer weiter so treffen, wie sie in den ersten Wochen trafen.

Alle möglichen Statistiken von allen möglichen Experten

Der FC Bayern gegen Borussia Dortmund, das war im Vorfeld auch das Aufeinandertreffen von Robert Lewandowski und Pierre-Emerick Aubameyang, den beiden besten Schützen der Liga. Lewandowski ging mit einem leichten Vorsprung in diese Begegnung, nach seinem Fünferpack vor eineinhalb Wochen gegen Wolfsburg stand er bei zehn Treffern; Aubameyang hatte neunmal getroffen, dafür deutlich konstanter. Er traf an allen vorherigen sieben Spieltagen. Es wurden also von allen möglichen Experten alle möglichen Statistiken präsentiert, zum Beispiel auch jene, dass Aubameyang bisher alle 66 Minuten getroffen hat - und Lewandowski sogar alle 42,7 Minuten.

Nicht beachtet hatten all die Auguren in ihrer Rechnung jedoch einen Angreifer, der bisher sechsmal getroffen hatte. Oder alle 88 Minuten, immerhin. Nicht beachtet hatten sie Thomas Müller.

Aber mit Thomas Müller ist es ja meistens so: Er ist genau dann da, wenn ihn alle schon wieder vergessen haben.

Am frühen Sonntagabend also wartete Lewandowski auf seine erste Chance. Aubameyang sprintete ein paar Mal auf das Tor des FC Bayern zu. Und Müller fiel zunächst nur dadurch auf, dass er sich an der Mittellinie erst einmal selbst austrickste.

Aubameyang bleibt der Schnellste

Dann aber schlug Jérôme Boateng einen langen Ball, Müller trickste Dortmunds Torwart Roman Bürki aus, traf. Und weil er neun Minuten später noch einmal traf, diesmal vom Elfmeterpunkt, machte er dieses frühherbstliche Wettschießen um die Torjägerkanone noch spannender.

Zwischenfazit zur Halbzeit also: Müller lag nur noch ein Tor hinter Aubameyang, zwei Tore hinter Lewandowski. Außerdem hatte er seine Minuten-pro-Tor-Quote auf 71 korrigieren können.

Es dauerte aber keine 30 Sekunden in der zweiten Halbzeit, da waren die Verhältnisse wieder weit korrigiert, und natürlich hatte Thomas Müller überhaupt nichts dagegen. Er lauerte ja am Strafraumeck. Kniff. Klapps. Hinter diesem rauen Empfang verbarg sich auch nichts anderes als ein Kompliment: für die Eigenschaft, die Lewandowski zurzeit zum ersten Anwärter auf die sog. Torschützenkanone macht. Dessen Eiseskälte vor dem Tor.

Kurz nach Wiederanpfiff war Robert Lewandowski das erste Mal ernsthaft vor dem Tor aufgetaucht, viel mehr braucht er zurzeit nicht, um zu treffen. Er, der Ball, eine einigermaßen freie Schussbahn. Reicht. Diese Unaufgeregtheit demonstrierte Lewandowski kurz darauf erneut. Eine präzise Flanke von Mario Götze, wieder waren da nur noch: Lewandowski, der Ball, eine freie Schussbahn. Sein zweites Tor an diesem Abend, womit sich Lewandowski erst mal einen beruhigenden Vorsprung vor den Verfolgern gesichert hat. Zumal Müller in der 80. Minute ausgewechselt wurde.

Und Aubameyang? Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten schaffte er an diesem Abend kein zweites Tor mehr, aber er bleibt auf Platz zwei der Torjägerliste. Aktueller Stand: Lewandowski zwölf, Aubameyang zehn, Müller acht. Fortsetzung in zwei Wochen, Lewandowski und Müller stürmen dann in Bremen, Aubameyang stürmt in Mainz.

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