Stürmer beim SC Freiburg:Petersens ungewöhnlicher Weg

SC Freiburg v Eintracht Frankfurt - Bundesliga

Ihm gefällt es in Freiburg: Nils Petersen

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der Stürmer Nils Petersen entschied sich gegen den Karriereplan und die Bundesliga, weil er sich in Freiburg wohlfühlt.
  • Die Erwartungen an ihn werden dadurch nicht geringer.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Am 7., 11. und 14. Juli hat Nils Petersen jeweils ein Fußballspiel für den SC Freiburg bestritten. Doch er hat kein Tor geschossen. Weder gegen Spartak Moskau noch gegen Sandhausen noch gegen St. Pauli. Dieser missliche Umstand wäre möglicherweise nicht weiter erwähnenswert, wenn es nicht der gleiche Petersen gewesen wäre, der in der vergangenen Saison neun Treffer in 12 Spielen geschossen hätte. Und das, obwohl er die Spiele meist erst ab der 70. Minute bestritten hat. In Freiburg meinen einige seither, es komme in der nächsten Saison nur noch auf eine funktionierende Defensive an, weil "der Nils" vorne schon den Rest besorgen wird.

Warum aber geht man als einer der schlagzeilenträchtigsten Bundesliga-Akteure der Rückrunde zu einem Zweitligisten? Noch dazu zu einem, der sich windet und sträubt, wenn er zum Thema "sofortiger Wiederaufstieg" Stellung nehmen soll? Wo der eigene Karriereplan, sich ab Winter mit ein paar Toren in Erinnerung zu rufen und dann an eine gute Adresse weiterverkaufen zu lassen, doch so prima aufgegangen ist?

Wer Petersen mit diesen Fragen konfrontiert, erlebt einen 26-Jährigen, der nach dem feststehenden Freiburger Abstieg Ende Mai offenbar ganz neue Seiten an sich entdeckt hat. "Vier Monate vorher, als ich nach Freiburg kam, hatte mich nichts mit der Stadt verbunden", erzählt er lapidar. Und hebt den Blick: "Und dann saß ich plötzlich in der Kabine und habe geweint, weil ich Freiburg wieder verlassen musste."

Wochen des Grübelns

Was folgte, waren Wochen des Grübelns und des Abwägens. Und irgendwann der Moment, an dem er merkte, dass ein Karriereplan nur dann vorgezeichnet ist, wenn man den Stift dazu aus der Hand gibt: "Ich habe mir gesagt: Mensch, du hast doch die Zügel selbst in der Hand, du musst doch nicht auf Teufel komm raus irgendwohin, wo du nicht hinwillst...."

Beim SC hatte man derweil durchaus registriert, dass dieser Petersen, von dem man sich bereits mit einigen warmen Worten verabschiedet hatte, seine Wohnung noch nicht gekündigt hatte. Sowohl der gebürtige Thüringer als auch die Vereinsvertreter berichten, dass Tag für Tag zahlreiche Anrufe und SMS bei Petersen eingingen - von ehemaligen Mitspielern, aber auch von Trainer Christian Streich, der ein exzellentes Verhältnis zu seinem Stürmer hat.

Dass Werder Bremen, das die Transferrechte besaß, in Anthony Ujah und Franco di Santo bereits zwei gute Stürmer im Kader hatte, dürfte das Freiburger Werben zudem ebenso begünstigt haben wie die Tatsache, dass Petersen und Hannover 96 nicht zueinander fanden. Ob die Niedersachsen zuerst dem Spieler absagten oder ob es umgekehrt war, wird wohl ewig in beiden Städten in unterschiedlichen Versionen erzählt werden. Dass Petersen auch nach England hätte wechseln können, eher nicht.

Als Sportdirektor Jochen Saier in der Halbzeitpause eines Testspiels den Coup verkündete und erklärte, das Petersen nun doch bleibt, brach ein einziger Jubelschrei aus 4500 Kehlen hervor. Es war ein Schrei, der einen Mann zum Nachdenken brachte, der von Natur aus nicht als Optimist bekannt ist: Christian Streich. Der Freiburger Trainer warnt seither unermüdlich davor, Petersen "einen zu großen Rucksack aufzusetzen", ihn als Garanten für den ersehnten sofortigen Wiederaufstieg anzusehen. "Er wählt den schwierigsten Weg, die Erwartungen sind riesig hoch", sagte Freiburgs Trainer. Und weiß dennoch, dass es ihm da gar nicht so anders geht.

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