Straubing ärgert Berlin im DEL-Halbfinale:"Die sind heiß wie die Sau!"

Die Straubing Tigers gewinnen das dritte Spiel des DEL-Halbfinales überraschend bei den Eisbären Berlin - und werden plötzlich frech. Beim Titelverteidiger dagegen weckt die Niederlage böse Erinnerungen, schon vor zwei jahren führte Berlin im Halbfinale deutlich und schied noch aus.

Max Bosse, Berlin

Da standen sie, die Bewohner der selbsternannten Gallierstadt in Niederbayern, und warteten in Tracht und Tigertrikot darauf, ihre siegreichen Helden in den Berliner Himmel zu heben. Der erste, der die Arena nach 45 Minuten verließ, war Jean-Michel Daoust. Er hatte wegen seiner im Februar gebrochenen Kniescheibe beim erfolgreichen Angriff auf das Eishockeyimperium Berlin zwar gar nicht aktiv mitgewirkt, die Anhänger der Straubing Tigers hätten ihn dennoch am liebsten wie den Gallierhäuptling aus den Uderzo-Comics auf einem Schild die 20 Meter bis zum Mannschaftsbus getragen.

DEL-Playoff-Halbfinale- Eisbären Berlin - Straubing Tigers

Starker Auftritt beim Sieg in Berlin: Tigers-Torwart Barry Brust.

(Foto: dpa)

Da aber selbst der optimistischste Straubinger nicht an einen Erfolg gegen die Übermannschaft aus der Hauptstadt (fünf Meistertitel in sieben Jahren) geglaubt hatte, war der Schild in Süddeutschland geblieben. Stattdessen ließen sie den Kanadier tatsächlich mit einem "Halleluja" hochleben.

Ganz Eishockeydeutschland dachte, dass die Berliner Eisbären in ihrer Heimstätte mit dem dritten Sieg im dritten Halbfinale problemlos den Finaleinzug perfekt machen würden; zu klar waren die Siege in Spiel eins und zwei. Stattdessen unterlag der Titelverteidiger 1:3, und das Straubinger Tagblatt schrieb: "Wer am Montag dabei war, dem trieb es die Tränen in die Augen."

Der Straubinger Trainer Dan Ratushny, eine Art Miraculix des Eishockeys, hat dafür eine überraschende Erklärung: "Wir waren im zweiten Spiel ein bisschen besser als im ersten. Das hat uns ein bisschen Selbstvertrauen gegeben." Wer Niederlagen in Selbstvertrauen verwandelt, der braucht keinen Zaubertrank.

Auf der anderen Seite hatte die Straubinger Leistung bei den zwei lockeren Auftaktsiegen den Berlinern nicht unbedingt das Fürchten gelehrt. Die Eisbären waren am Ostermontag zum Triumphmarsch auf der Eisfläche erschienen. "Wir haben gedacht, das geht so einfach", sagte Berlins Verteidiger Constantin Braun. Stellvertretend für seine Mannschaft fügte er an: "Ich habe nicht genug Ehrgeiz gehabt."

Das nutzten die Straubinger: Sie provozierten immer wieder kleinere Rangeleien, sodass der dominante Spielfluss der Berliner nie zustande kam. Eine gute halbe Stunde ging das trotzdem gut, weil Rob Zepp wieder einmal alles abwehrte, was auf sein Tor zugeflogen kam. Als aber ein Schuss von Bruno St. Jaques nicht nur von Straubings Bernhard Keil, sondern zusätzlich noch von Zepps Mitspieler Richie Regehr abgefälscht wurde, war der Torhüter machtlos.

Straubing will ins Finale

Laurin Braun verwandelte zwar nur zwei Minuten später einen Penalty zum Ausgleich, allein die Geräuschkulisse in der Halle aber ließ die Berliner Böses ahnen: Über 1000 Straubinger tobten im Oberrang, denn was sie zu sehen bekamen, hatte es in der Straubinger Eishockeygeschichte noch nie gegeben.

DEL-Playoff-Halbfinale- Eisbären Berlin - Straubing Tigers

"Die sind heiß wie die Sau!" Die Straubing Tigers wollen nach dem Sieg in Berlins ins Halbfinale der DEL.

(Foto: dpa)

Vor zwölf Jahren war Straubing in die zweite Liga aufgestiegen, vor sechs Jahren folgte der Sprung in die DEL, und jetzt? Jetzt sahen die Fans, wie ihre Tigers durch aggressive Verteidigung zwei Fehlpässe der Berliner vor deren Tor provozierten. Und das Spiel gewannen, weil Dustin Whitecotton und Laurent Meunier die Fehlpässe zu Toren nutzten.

Danach stand Laurin Braun vor der Kabine, er sollte den verstörten Hauptstadt-Reportern die Niederlage erklären, aber er war nicht immer gut zu verstehen: Ein ständig wiederkehrendes "Wuhuuu" aus der Gästekabine störte ihn. Braun resümierte schließlich: "Die sind heiß wie die Sau!"

Wir haben in Berlin nie wirklich eine Chance gehabt", erinnerte sich Straubings Kapitän Michael Bakos an die Hauptrunde. Die Playoffs? "Das sind immer mentale Spiele", sagte er mit einem breiten Grinsen. Die Genugtuung, dem Großen ein Bein gestellt zu haben, war nicht zu übersehen.

Noch führen die Berliner in der Best-of-five-Serie mit 2:1, doch die Gallier planen den Umsturz. "Nun haben wir das Momentum auf unserer Seite. Unser Ziel ist weiterhin das Finale", sagte Angreifer Sandro Schönberger frech. Dass Berlin trotzdem weiterhin der Favorit ist, weiß Schönberger ebenso gut wie seine Kollegen - zumal nicht anzunehmen ist, dass die Berliner Straubing noch einmal unterschätzen. Zumal sogleich die Erinnerung mahnend wiederkam: Vor zwei Jahren gegen die überraschend weit gekommenen Augsburger Panther waren die Berliner auch klar favorisiert - und verloren die Serie im Viertelfinale 2:3.

So oder so, ein Erfolg ist den Niederbayern nicht mehr zu nehmen. Der Name ihrer Eishockeybastion ist in der Bundeshauptstadt angekommen. Vor der ersten Begegnung waren die Menükarten der Berliner Vip-Gäste noch mit "Staubig Tigers" überschrieben. Am Ostermontag stimmte die Beschriftung.

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