Strafanzeige der Fifa:Im Dunkeln mit Sepp

FIFA Executive Committee meeting in Zurich

Aktenzeichen Fifa: Chef Sepp Blatter lässt die Fußballwelt weiterhin im Unklaren.

(Foto: Steffen Schmidt/dpa)

Was bedeutet die Strafanzeige der Fifa gegen Einzelpersonen im Zuge der WM-Vergabe 2018 und 2022? Nicht nur DFB-Präsident Niersbach ist ahnungslos. Vielleicht ist der Druck durch die Ermittlungen des FBI zu groß geworden.

Von Carsten Eberts

Warum jetzt? Die Frage nach dem Zeitpunkt ist eine vordringliche am Tag danach. Warum jetzt, und nicht schon viel früher? Am Dienstag hatte die Fifa überraschend erklärt, dass sie im Fall der umstrittenen Fußball-WM-Vergaben 2018 und 2022 Strafanzeige erstattet hat. Gegen Einzelpersonen aus dem eigenen Apparat, heißt es. Nur gegen wen genau, das verrät Fifa-Präsident Sepp Blatter nicht.

Ein überraschender Schritt, der Fragen offenlässt. Und so sind die Äußerungen von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach als glaubwürdig einzuschätzen, wenn er der Deutschen Presseagentur sagt: "Ich kann mir da auch keinen Reim drauf machen, was das jetzt für ein Zug ist."

Blatters Ankündigung kann vieles bedeuten, und niemand weiß bislang gesichert, was hinter diesem "Zug" steckt. Hat der Fußball-Weltverband wirklich neue Anhaltspunkte, dass bei der WM-Vergabe Gelder geflossen sind, die nicht hätten fließen dürfen? Oder ist der Druck so gewaltig geworden, dass ein Ablenkungsmanöver nötig ist? "Da tappen wir alle noch im Dunklen", sagt Niersbach. Vorgänge für alle Parteien nachvollziehbar offenzulegen, das war noch nie eine Stärke des Fußball-Weltverbands.

"Internationale Verschiebungen von Vermögenswerten"

Am Montag hatte Blatter erklärt, sein Weltverband habe die Schweizer Bundesanwaltschaft eingeschaltet. Gegenstand der Anzeige sei ein mögliches Fehlverhalten von Einzelpersonen. Es bestehe der Verdacht, dass es zu internationalen Verschiebungen von Vermögenswerten gekommen sei, wie es in der offiziellen Mitteilung heißt. Diesem Wortlaut folgend könnte die Anzeige einzelnen Wahlmännern gelten, die sich monetär beeinflussen haben lassen. Das ergibt nur bedingt Sinn: Die ganze Wahl hatte die Fifa zuvor für rechtmäßig erklärt.

Was immer dahintersteckt, der Schritt erfolgt unter höchstem Druck, der derzeit auf der Fifa lastet. Chefermittler Michael Garcia hatte in der vergangenen Woche seinen 430-seitigen Ermittlungsbericht zu den Korruptionsvorwürfen bei den WM-Vergaben 2018 und 2022 vorgelegt. Den Bericht hält die Fifa unter Verschluss, veröffentlichte nur die Erklärungen des Fifa-Ethikrichters Hans-Joachim Eckert, der die Bewerberländer Katar und Russland weitgehend freisprach.

Welche Rolle spielt das FBI?

Das passte Chefermittler Garcia überhaupt nicht, und auch von anderen Seiten mehren sich die Zweifel, ob Eckerts Einlassungen wirklich das ganze Ausmaß der Ermittlungen abbilden. Mit einigen Tagen Verspätung erklärt Eckert nun, er sei im Rahmen seiner Analyse auf Anhaltspunkte gestoßen, die "möglicherweise Verdachtsmomente für strafbares Verhalten mit Bezug zur Schweiz darstellen könnten". Er habe es als seine Pflicht angesehen, Blatter zu informieren und "ihm zu empfehlen, die staatlichen Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz einzuschalten".

Blatter entsprach dieser Empfehlung. Er habe "vollstes Vertrauen" in Eckerts Arbeit, und nutzte die Chance sogleich, um nach Tagen harscher Kritik in die Offensive zu gehen. Mit Blick auf den öffentlichen Druck fügt er an: "Wenn wir etwas zu verbergen hätten, würden wir uns hüten, ausgerechnet die Staatsanwaltschaft einzuschalten."

Eine andere Lesart ist, dass Fifa-intern als gesichert gilt, dass der Schmutz der WM-Vergabe ohnehin ans Licht kommt, wenn in den USA sogar das FBI seine Ermittlungen aufgenommen hat. Also: Lieber häppchenweise etwas herausgeben, bevor es zum ganz großen Knall kommt.

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