Steueraffäre um Uli Hoeneß:"Ich habe Riesenmist gebaut"

Uli Hoeneß

"Das war der Kick, das pure Adrenalin": Uli Hoeneß im Interview der Zeit

(Foto: dpa)

Uli Hoeneß zockte mit teilweise extremen Summen an der Börse. Erstmals nach Bekanntwerden des Steuerbetrugs äußert sich der Präsident des FC Bayern in einem Interview - und beschreibt sich als fast krankhaften Zocker. Doch am 20. März dieses Jahres habe für ihn die Hölle begonnen. "Wer Steuern hinterzieht, verhält sich asozial", meint Bundespräsident Gauck.

Er suchte den Kick, den Adrenalinrausch. Exzessiv zockte Uli Hoeneß an der Börse. Mal waren es Tausende Euro, mal Zehntausende. "Teilweise extrem", nennt der Präsident des FC Bayern München in einem Interview mit der Zeit die Beträge, mit denen er am Aktienmarkt spekulierte. "In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind."

Dann kam der 20. März 2013 - und das Leben des 61-Jährigen änderte sich schlagartig. Sieben Uhr morgens, in Hoeneß' Haus am Tegernsee läutete die Staatsanwaltschaft. "Ich war im Bademantel, und da stand die Staatsanwaltschaft vor der Tür. Da begann die Hölle für mich", so Hoeneß gegenüber der Zeit.

Es war das Ende eines Exzesses, der früh begann. Es war die Zeit der Börseneuphorie, der Zocker und des Gefühls, dass der Markt nie einbrechen könne. Die Internetblase verleitete nicht nur ihn zum maßlosen Handeln. "Das war der Kick, das pure Adrenalin." Doch "als diese Blase dann platzte, fuhr ich schwere Verluste ein, ich war da richtig klamm", so der Wurstfabrikant und Fußball-Manager. Es war das Jahr 2001 und der Moment in dem der frühere Adidas-Chefs Robert-Louis Dreyfus ihm einen Kredit gab, und sagte: "Lass uns was zusammen machen, er würde es finanzieren", so der 61-Jährige in dem großen Interview der Wochenzeitung. "So kamen die Millionen auf das Konto, es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts anderes."

"Ich bin kein schlechter Mensch"

Es dauerte Jahre, bis er den Ausstieg fand. Jahre, in denen Hoeneß sich selbst fast als krankhaften Zocker sah. Die Kur war drastisch: "Ich habe zu viele Verluste gemacht. Ich konnte nicht mehr so viel zocken. Und dann kam 2008 die Finanzkrise, und dann ging es endgültig in den Keller." Außerdem sei er auch nicht mehr auf der ständigen Suche nach dem großen Kick. Er werde eben älter, so Hoeneß.

Er halte sich "nicht für krank, zumindest heute nicht mehr". Sollte er wegen seiner Steueraffäre vor Gericht müssen, erscheine er dort "nicht als kranker Mann. Ein paar Jahre lang war ich wohl nah dran. Aber inzwischen halte ich mich für kuriert".

Doch der Mann, den viele für eine moralische Instanz hielten, steht am Pranger. Und Hoeneß fällt es schwer, damit umzugehen. "Es ist eine Situation, die kaum auszuhalten ist. Ich schlafe sehr schlecht", sagt der Steuersünder weiter in dem Zeit-Interview. Er wälze sich stundenlang im Bett umher. "Und denke nach, denke nach und verzweifle."

Auch sein Sturz vom Vorbild zum Buhmann beschäftige ihn sehr: "Das ist für mich ein ganz großes Problem." Er fühle sich "auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu". Der Bayern-Präsident betont: "Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch." Er wolle seinen Fehler "so gut wie möglich korrigieren".

"Niemand darf selbst entscheiden, ob er Steuern zahlt"

Hoeneß räumt ein, mit seiner plötzlichen Rolle als Buhmann ein großes Problem zu haben. "Ich fühlte mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu."

Überrascht zeigt sich der Bayern-Präsident vom Bekanntwerden seiner Selbstanzeige und reagiert zudem auf die Kritik von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, die sich über ihren Sprecher "enttäuscht" von Hoeneß gezeigt hatte. "Ich würde mir wünschen, dass ich irgendwann die Gelegenheit bekäme, der Bundeskanzlerin in einem persönlichen Gespräch zu erklären, wie es so weit kommen konnte, der ganze Mist", sagt Hoeneß in dem Interview.

Verbindungen seines Schweizer Kontos zum FC Bayern München dementiert er: "Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß", sagte Hoeneß der Zeit. Auch gebe es keine weiteren nicht erklärten Konten.

Bundespräsident Gauck ärgert sich

Bundespräsident Joachim Gauck jedenfalls hat kein Verständnis für solches Verhalten. "Wer Steuern hinterzieht, verhält sich verantwortungslos oder gar asozial", sagte er dem Magazin Stern. Gauck stellte klar: "In unserem Land darf es in rechtlichen und moralischen Fragen nicht zweierlei Standards geben, einen für die Starken und einen für die Schwachen. Niemand darf selbst entscheiden, ob er Steuern zahlt oder nicht."

Gauck plädierte dafür, grundsätzlich darüber nachzudenken, "ob nicht auch strengere Gesetze nötig sind, die aus einer fragwürdigen Handlung einen Straftatbestand machen". Was sich keineswegs ausbreiten dürfe, sei das Gefühl: Wer nicht trickst, ist selbst schuld. "Dieses Gefühl gefährdet unsere Demokratie."

Dass Hoeneß Steuern hinterzogen hat, sei für ihn eine Überraschung gewesen, sagte der Bundespräsident. Er erschrecke jedes Mal, "wenn Sympathieträger stürzen, weil sie irgendwie verstrickt sind. Eigentlich ist es mehr als ein Schreck - ich ärgere mich." Leider sei es oft so "mit großen Persönlichkeiten im Sport, in der Wirtschaft, in der Politik - viele sind nur Vorbilder auf Zeit".

Gauck warnte zugleich vor einer kitschigen Vereinfachung des Gesellschaftsbildes. "Wer sich unsere Gesellschaft so vorstellt, als stünden lauter moralische Normalverdiener lauter unmoralischen Reichen gegenüber, der irrt." Gauck betonte: "Ich finde es nicht unmoralisch, reich zu sein. Ich finde es unmoralisch, unmoralisch reich zu sein."

Steueraffäre schadet Unionsparteien

Die Steueraffäre um Uli Hoeneß hat einer Umfrage zufolge den Unionsparteien bei den Wählern geschadet. Zum ersten Mal in diesem Jahr rutschten CDU und CSU in der Wahlumfrage von Stern und RTL unter die Marke von 40 Prozent. Die Union käme demnach auf 39 Prozent, ein Minus von drei Punkten im Vergleich zur Vorwoche. Die Liberalen verharren bei fünf Prozent.

Wie in der Vorwoche wollen 23 Prozent für die SPD stimmen und 14 Prozent für die Grünen. Lediglich die Linke kann einen Punkt gutmachen und kommt auf acht Prozent.

Der Chef des Forsa-Instituts Manfred Güllner sagte, die Steueraffäre um Hoeneß habe "vor allem wegen dessen Nähe zur CSU" der Union geschadet. Von dem öffentlichen Unmut profitieren jedoch neben der Linken lediglich die Splitterparteien: Die Anti-Euro-Partei (AfD) gewinnt einen Punkt und erreicht drei Prozent, die "sonstigen Parteien" legen um einen Punkt auf fünf Prozent zu.

Die Umfrage wurde vom 22. bis 26. April unter 2502 Befragten erhoben.

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