Statistiken zur Bundesliga-Hinrunde:Lunge aus Sokolov

Borussia Mönchengladbach - SV Werder Bremen

Zlatko Junuzovic ist einer der besten Freistoßschützen der Bundesliga. Seine Schüsse drehen sich um die Mauer in den Tor-Winkel.

(Foto: Marius Becker/dpa)

Stoppelkamp traf aus 82 Metern, Bellarabi nach neun Sekunden. Aber wer läuft am meisten? Warum ist die Liga fair wie nie? Und wem nutzt das Freistoßspray? Zahlen und Erkenntnisse aus der Hinrunde der Fußball-Bundesliga.

Von Thomas Hummel

"Fußball ist keine Mathematik." Dieser Satz von Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge war nie so wenig wahr wie heute. Wem Zahlen nicht liegen, kann am Stammtisch höchstens noch mit "Blut-Schweiß-und-Tränen"-Watzke reden. Oder mit "Wir-stehen-da-wie-die-Vollidioten"-Klopp. Die Erträge solcher Parolen lassen sich am Tabellenstand ablesen.

Die Bundesliga-Hinrunde hat außer einem FC Bayern, der ungefähr x hoch unendlich Mal besser spielt als der Rest, und Borussia Dortmund, das y hoch unendlich Mal schlechter spielt als alle Experten glauben, viel zu bieten. Sehr viel. Darunter Zahlen, Einblicke in Stärken und Schwächen geben. Sowie kleine, nette Anekdoten.

In Zusammenarbeit mit dem Dienstleister opta Sport Daten stellt die Sportredaktion der SZ einige davon zusammen.

Die Lunge der Liga kommt aus Freiburg: Vladimir Darida läuft im Schnitt 12,6 Kilometer pro Spiel - und hat dabei noch die Konzentration, um vier von fünf Elfmetern zu verwandeln. Er wäre wohl auch ein guter Biathlet geworden. Mit 13,88 Kilometern gegen Schalke 04 am elften Spieltag lief der in Sokolov in Westböhmen geborene Tscheche in einem Spiel auch weiter als alle anderen.

Darida lief nur deshalb nicht die meisten Kilometer in der Hinrunde, weil er zweimal fehlte. Der Bremer Zlatko Junuzovic liegt hier mit 197,1 Kilometern vorne, und auch er behält dabei seine Schussfertigkeit: Zuletzt zirkelte Junuzovic zwei Freistöße haargenau in den Torwinkel.

Statistiken zur Bundesliga-Hinrunde: undefined
(Foto: opta)

Apropos Freistöße: Am achten Spieltag führte die Deutsche Fußball-Liga das bei der Weltmeisterschaft erprobte Freistoßspray ein. Damit soll ein Vorrücken der Abwehrmauer vor dem Schuss verhindert werden. Offenbar ein wirkungsvolles Hilfsmittel. In den ersten sieben Runden gab es sieben direkte Freistoßtore, in den zehn folgenden 17. Das war im Schnitt fast ein direkt verwandelter Freistoß pro Spieltag mehr.

Statistiken zur Bundesliga-Hinrunde: undefined
(Foto: opta)

Doch zurück zum Laufen. Am meisten rannte in der Vorrunde die Mannschaft von: Borussia Dortmund. Mit 120,3 Kilometern pro Spiel führt der BVB diese Tabelle an. Fast sechs Kilometer weniger pro Spiel lief Eintracht Frankfurt (114,4 km), allerdings nur 100 Meter pro Spiel weniger als: Bayern München. Der Bundesliga-Souverän ist hier Vorletzter. Die Bayern lassen eben den Gegner strampeln.

Statistiken zur Bundesliga-Hinrunde: undefined
(Foto: opta)

Dass man mit Laufarbeit durchaus etwas erreichen kann, zeigte indes Mainz 05. Der Klub blieb in den ersten acht Saisonspielen unbesiegt und lief dabei 118,5 Kilometer pro Spiel. In den folgenden neun Partien blieben die Mainzer sieglos - und verringerten ihr Laufpensum um fast zwei Kilometer pro Spiel.

Der schnellste Sprinter ist wie erwartet der Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang mit gemessenen 35,44 km/h. Bei seinem Weltrekord über 100 Meter erreichte Usain Bolt übrigens den Wert von 44,72 km/h. Nach Aubameyang kommen in der Bundesliga der Augsburger Nikola Djurdjic (34,91 km/h) und das Bremer Talent Marnon Busch (34,87 km/h)

Statistiken zur Bundesliga-Hinrunde: undefined
(Foto: opta)

Einen Trend von der Weltmeisterschaft in Brasilien hat die Bundesliga sogleich übernommen: Die Strafen nehmen ab. Doch während bei der WM vor allem die lasche Regelauslegung der Schiedsrichter für wenige gelbe und rote Karten verantwortlich war, verstärkt sich hierzulande der Eindruck, dass schlicht weniger gefoult wird.

Jedenfalls pfiffen die Unparteiischen bislang nur 37 Strafstöße, vergangene Saison waren es zum gleichen Zeitpunkt deutlich mehr (53). Die Quote der verwandelten Strafstöße (31 von 37) ist mit knapp 84 Prozent hoch, nur in sechs Hinrunden war die Quote noch höher. Der sicherste Schütze ist der Augsburger Paul Verhaegh mit fünf Treffern bei fünf Versuchen. Im Rest Europas traf bei gleicher Präzision nur einer häufiger: Cristiano Ronaldo, der sechs Strafstöße verwertete.

Seit Einführung der gelb-roten Karte 1991 gab es nie so wenige Platzverweise wie in dieser (21) Hinrunde. Auch die 546 gelben Karten sind weniger als nach 17 Spieltagen in der vergangenen Saison (569). Die meisten Verwarnungen handelte sich Dominik Kohr vom FC Augsburg ein (7), die meisten Fouls beging Valon Behrami (46) vom Hamburger SV - seine Aggressivität half den Hanseaten aber nur punktuell.

Den körperlosesten Auftritt legten die Mannschaften von Bayern München und dem Sportclub Freiburg hin. In den 90 Minuten gab es genau acht Regelverstöße (fünf von den Bayern, drei von den Freiburgern), Tiefstwert seit der Datenerfassung durch opta. (Klicken Sie auf "Abw.&Disz.")

Wer unten drinhängt in der Tabelle, der hat zumeist Probleme mit dem Toreschießen. Der Hamburger SV stellte mit neun Treffern nach 17 Partien einen Klub-Negativrekord auf. Unterboten wurde das bislang nur von Eintracht Frankfurt 1988 und Tasmania Berlin 1965 mit acht Toren.

Das erste Tor der Saison schoss der HSV erst im sechsten Spiel nach insgesamt 507 Spielminuten (durch Nicolai Müller) - neuer Bundesliga-Negativrekord. Da der Klub auch nur 19 Gegentreffer kassierte, ist für die Zuschauer bei HSV-Spielen wenig geboten: 1,65 Tore pro Partie. Wenn der Klub so weitermacht, schafft er einen neuen Rekord. Einen solch niedrigen Schnitt hatte noch nie ein Team am Saisonende. (Hier ein Vergleich mit den sehr effizienten Frankfurtern.)

Den prekärsten Einzelauftritt hatte allerdings Nord-Nachbar Werder Bremen. Im Auswärtsspiel beim FC Bayern gaben die Bremer keinen einzigen Torschuss ab. Das gab es seit der opta-Datenerfassung 2004 noch nie. Werder holte in München auch keinen Eckball heraus.

Gut eine Woche später war Trainer Robin Dutt entlassen. Und die Zahlen besagen: Alle Trainerwechsel der Vorrunde gaben den Vereinen einen Schub. Manchmal einen kleineren, manchmal einen größeren.

Während Dutt nur vier Punkte holte in den ersten neun Partien, sammelte Nachfolger Viktor Skripnik 13. Joe Zinnbauer übernahm den HSV von Mirko Slomka auf Platz 18, jetzt steht der Klub auf Rang 14. Ebenfalls als Tabellenletzter gab Armin Veh den VfB Stuttgart ab, Nachfolger Huub Stevens gelang der Sprung auf Rang 15. Und Schalke? Jens Keller stand nach sieben Spielen auf dem elften Platz, Roberto Di Matteo steht aktuell auf dem fünften.

Und noch vier Rekorde:

Neun von 18 Bundesliga-Trainern kommen aus dem Ausland, das gab es noch nie. Dazu aus acht verschiedenen Nationen:

Statistiken zur Bundesliga-Hinrunde: undefined
(Foto: opta)

Der Kölner Timo Horn blieb als erster Torwart in seinen ersten vier Bundesliga-Spielen ohne Gegentor.

Die Hinrunde sah einen Weitschuss-Torrekord: der Paderborner Moritz Stoppelkamp traf gegen Hannover 96 in der Nachspielzeit aus 82,3 Metern. (Klicken Sie auf "SC Paderborn 07 Spielereignisse" und im Dropdown auf Stoppelkamps Tor.)

Schon nach neun Sekunden stellte der Leverkusener Karim Bellarabi in Dortmund einen neuen Torrekord auf: der schnellste Treffer der Bundesliga-Historie. (klicken Sie auf "Bayer 04 Leverkusen Spielereignisse" und im Dropdown auf Bellarabis Tor.)

Statistiken zur Bundesliga-Hinrunde: undefined
(Foto: opta)
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: