Start der Premier League:Guardiolas ManCity erinnert an den FC Bayern

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Joshua Kimmich? Nein, hier bekommt Kevin De Bruyne eine typische Guardiola-Ansage. (Foto: REUTERS)

Der Perfektionismus des neuen Trainers macht sich gleich bemerkbar: Beim 2:1 gegen Sunderland klappt längst nicht alles, aber Guardiola überrascht mit vielsagenden Personalentscheidungen.

Von Javier Cáceres, Manchester

Die Pressekonferenz im Ettihad-Stadion war schon fast vorüber, als Pep Guardiola noch eine Frage ereilte, die genereller Natur war. Ob er schon ein paar grundsätzliche Eindrücke über die Premier League gewonnen habe, der frühere Trainer des FC Bayern ist ja nun bei Manchester City zum ersten Mal dabei. Guardiola lächelte, charmant, wie man das auch aus Bundesligatagen kannte, und sackte dabei etwas gespielt in sich zusammen. "Ich habe erfahren", sagte er, "wie schwierig diese Liga ist. Bis der Schiedsrichter nicht sagt: 'Okay, go home!', ist hier nichts vorbei."

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Ganz so dramatisch, wie das klang, endete sein heiß erwartetes Premier-League-Debüt zwar nicht. Aber dass es gegen den Tabellen-17. der Vorsaison, den FC Sunderland, unerwartet eng geworden war, konnte niemand der knapp 55.000 Zuschauer bestreiten, die dem ersten Spiel einer neuen Ära beiwohnten. Manchester City siegte - ohne die noch verletzten deutschen Zugänge Leroy Sané (Schalke 04) und Ilkay Gündogan (Borussia Dortmund) - mit 2:1 (1:0), dank eines Elfmeters und eines Eigentors. "Taktisches Genie", ätzten die Betreiber des für seinen bitterbösen Humor bekannte Twitter-Kontos "Footy Jokes". Aber das war natürlich nur die halbe Wahrheit.

Anfänge sind immer schwierig. Mehr noch, wenn man sich dem Job mit einem nachgerade selbstzerstörerischen Hang zum Perfektionismus widmet wie Guardiola. Sein erstes Spiel als Cheftrainer des FC Barcelona ging 2008 verloren, beim überaus bescheidenen CD Numancia, der mittlerweile in der zweiten spanischen Liga spielt. In seinen sechs folgenden Trainerjahren fuhr Guardiola bei Saisonauftaktspielen ausnahmslos Siege ein.

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Doch wer sich an die allerersten Spiele mit dem FC Bayern erinnert, der hat diverse Partien vor dem inneren Auge, in denen bei weitem nicht alles so klappte, wie man es aus der Spätphase Guardiolas beim FC Barcelona kannte. Jene Partien waren die Referenzgröße für die ersten Gehversuche Guardiolas in Manchester, und sie schlossen fast nahtlos an die ersten Tage in München an, obschon er selbst "viele gute Dinge gesehen" haben wollte, "die ich so noch nicht erwartet hatte". Vor allem: "den Spirit, wir waren eine Mannschaft." Darauf müsse nun aufgebaut werden.

Erinnerungen an München: Ballbesitz, eingerückte Außenverteidiger

Manchester City war nach nur vier Minuten in Führung gegangen; den erwähnten Foulelfmeter, den der formidable Raheem Sterling herausgeholt hatte, verwandelte Sergio Kun Agüero. Was danach folgte, erinnerte im Kleinen wie im Großen an das, was man auch aus München kannte. Im Kleinen etwa, wenn die Außenverteidiger bei eigenem Ballbesitz in die defensiven Mittelfeldpositionen rückten, um den kreativen Spielern Freiheit zu geben. Im Großen, wenn man auf die Ballbesitzquote schaute, sie lag beständig bei nahezu 80 Prozent. Mit zunehmender Spieldauer fehlte "Guardiolas Blue & White Army", wie es auf einem Banner hieß, das im City-Fanblock ausgebreitet wurde, zwar das Tempo.

Doch durch die Gentrifizierung des englischen Fußballs, die dazu geführt hat, dass ihn sich nur betuchte (und das heißt: betagte) Menschen leisten können, war auf den Rängen kaum Unrast zu spüren. Die Zuschauer staunten darüber, wie dieser neue Coach aus Katalonien unentwegt versuchte, mit den Armen Stürme auf den Rasen zu entfachen, immer wieder die Positionierung seiner Spieler korrigierte, in einem Wort: arbeitete.

Es ärgerte ihn vor allem dies: "Wenn wir in Angriffspositionen kamen, haben wir nicht attackiert", sagte Guardiola nach der Partie. Das änderte sich nach der Pausen-Ansprache und vor allem durch die Einwechslung des agilen spanischen Flügelstürmers Jesús Navas, er ersetzte nach einer Stunde seinen gerade von Celta de Vigo verpflichteten Landsmann Nolito.

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Doch weil der Fußball nicht frei ist von paradoxen Momenten, glich das bis dahin defensiv agierende Sunderland aus. Im Anschluss an die erste wirklich gute Kombination des Spiels wurde Jermaine Defoe von Jack Rodwell exzellent im Strafraum freigespielt und überwand Torwart Willy Caballero mit einem Flachschuss. In der 81. Minute aber wechselte Moyes den Torschützen aus - und damit die Niederlage ein. Er brachte Patrick McNair, der keine vier Minute auf dem Platz war, als eine Navas-Hereingabe abgefälscht wurde. McNair konnte nicht mehr ausweichen und köpfelte den Ball ins eigene Netz.

Willy Caballero spielt anstelle von Joe Hart

Die Debatten nach dem Spiel kreisten aber nicht nur um das Pep-Debüt. Sondern um gewichtige Personalentscheidungen. Dass Guardiola Yaya Touré nicht einmal in den Kader berief, hätte man erwarten können. Überraschender war aber der Entschluss, dem erst vor wenigen Tagen für 55 Millionen Euro verpflichteten Innenverteidiger John Stones die Spieleröffnung anzuvertrauen, er machte seine Sache umsichtig und gut. Nachgerade sensationell aber war, dass er Caballero ins Tor stellte und Englands Nationaltorwart Joe Hart auf der Bank Platz nehmen musste.

"Das war eine Entscheidung für dieses Spiel, Willy hat länger mit uns trainiert als Joe", beteuerte Guardiola. Im Hinspiel der Champions-League-Qualifikation bei Steaua Bukarest (Dienstag, 20.45) könne das schon wieder anders aussehen. Doch seine Entscheidung muss man wohl als Fingerzeig interpretieren, dass er alles andere als gewillt ist, auf die Verpflichtung eines Torwarts zu verzichten, der seinem Ideal von Keeper eher entspricht.

Zuletzt hatte er die beiden Keeper vom FC Barcelona umworben, den deutschen Nationaltorwart Marc-André ter Stegen und den chilenischen Copa-América-Sieger Claudio Bravo. Ihre Ablösesummen sind festgeschrieben, bei 80 beziehungsweise 40 Millionen Euro. Doch Geld ist im nordwestenglischen Manchester nicht das größte Problem, zumindest nicht in der Vorstandsetage von Manchester City.

© SZ vom 14.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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