Stars and Cars:Rasender Weihnachtsmarkt

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Glücklicher Weltmeister: Der Brite Lewis Hamilton beim Mercedes-Event "Stars and Cars" in Stuttgart. (Foto: Adam Pretty/Getty Images)

Mercedes lädt zum Abschluss der erfolgreichen Saison zu einer gelungenen PS-Party ins Stuttgarter Stadion. Sogar Hamilton und Rosberg vertragen sich.

Von Elmar Brümmer, Stuttgart

Weiträumig umfahren, sagt die Stimme aus dem Radio, möge man den Bereich um das Stadion. Am VfB Stuttgart lag das Verkehrsaufkommen nicht, aber trotzdem handelte es sich um eine Art Heimspiel: Die Arena, die den Namen von Mercedes-Benz trägt, wurde vom Autokonzern zu einer Rennstrecke umgebaut. Die Marke hat in diesem Jahr so viele Erfolge in allen Motorsportkategorien zu feiern wie noch nie in ihrer Geschichte, allen voran die Titelverteidigung von Lewis Hamilton in der Formel 1, den Gewinn der Konstrukteurs-WM und Pascal Wehrlein als jüngsten Champion der DTM. Das wollte man unbedingt am Stammsitz tun, und dafür wurde mit einem Millionenaufwand aus der traditionellen Motorsportfeier "Stars and Cars" ein Rennen der Champions.

Mit einem Überraschungssieger: Der Spanier Daniel Juncadella (24) gewinnt beide Final-Läufe gegen Pascal Wehrlein. Beide hatten ihre Tourenwagenerfahrung genutzt, um die Formel-1-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton im Halbfinale rauszuwerfen. Mercedes-Teamchef Toto Wolff war fast ein bisschen erleichtert, dass es zu keinem direkten Duell zwischen den beiden Streithähnen mehr kam: "Wenn die gegeneinander fahren, würde ich nicht gern Beifahrer sein." Der Showrun mit den beiden Formel-1-Wagen aber verlief friedlich.

Daimler-Boss Dieter Zetsche, erklärter Motorsportfan, blinzelte ins Flutlicht und sagte: "Eine Wahnsinnskulisse." Nach dem ausgefallenen Großen Preis von Deutschland im Sommer war es für den Konzern wichtig, sich in der Heimat zu präsentieren - insbesondere in Stuttgart, damit der Rennstall mit seinen Fabriken in England stärker als deutsches Team wahrgenommen wird. 36.000 Zuschauer kamen, das spricht für das Konzept, den Motorsport zu den Fans zu bringen. Sicher haben dazu die höchst volkstümlichen Preise von fünf Euro beigetragen, Kinder bis 14 Jahre hatten freien Eintritt. Aber genau das ist der Weg, das generelle Zuschauer- und Attraktivitätsproblem des Motorsports zu beheben - die Quoten sinken auch deshalb, weil keine Zuschauergeneration nachwächst und weil die Grand-Prix-Tickets viel zu teuer sind. Außerdem ist das Format von "Stars and Cars", das Sport und Show höchst kompakt mischt, ideal. 681 Meter Asphaltgeschlängel, stilecht vom Formel-1-Architekten Hermann Tilke gestaltet, Höchstgeschwindigkeit 106 km/h. Dazu 16 Piloten im K.o.-System vier Runden lang gegeneinander, mit vier verschiedenen Sportwagentypen. Eine Art rasender Weihnachtsmarkt.

Wolff droht den Streithähnen Hamilton und Rosberg

Vor dem ersten Show-Rennen in der Arena zwischen Formel-1-Teamchef Toto Wolff und Aufseher Niki Lauda musste der österreichische Erfolgsmanager nochmal kurz dienstlich werden. Denn die Veranstaltung, die die ganze Saison über zwischen seinen Chauffeuren Lewis Hamilton und Nico Rosberg lief, stand eher unter dem Motto "Stars & Wars". Denn dieser Kleinkrieg, der noch durch Rosbergs spätere Erfolgsserie befeuert wurde, könnte im kommenden Jahr zum Problem werden - wenn Sebastian Vettel und Ferrari tatsächlich noch näher kommen sollten. Weshalb Wolff seine Drohung wiederholte, das erfolgreiche Duo zu zerschlagen, falls das sportliche Gegeneinander unfaire Züge annehmen sollte. "Meine Rolle ist es aufzupassen, dass sich der gewollt starke Wettbewerb zwischen den beiden nicht auf die ganze Mannschaft überträgt. Das Team darf sich nicht in eine linke und eine rechte Garage trennen. Der Teamgeist ist für unseren Erfolg essenziell. Sollte dieser in Gefahr geraten, müssten wir uns Gedanken über die Fahrerpaarung machen." Rosbergs Vertrag läuft bis Ende 2017, Hamiltons Kontrakt bis 2018. Stallorder aber soll es weiterhin nicht geben

Die beiden Streithähne gaben sich links und rechts vom Chef handzahm, lediglich kleinere Provokationen zeugten von den Spannungen. So befand Hamilton, dass die Niederlagen gegen Rosberg nach seinem Titelgewinn ihm sogar mehr Energie für den Start in die neue Saison geben würden. Rosberg versucht seit einiger Zeit eine Art Offensive nach Boxer-Art, schnellt nach vorn, wenn er seinen üblichen Kampfansagen mehr Gewicht verleihen will, und verschränkt bei Hamiltons Sätzen demonstrativ die Arme vor der Brust. Zollte dann aber doch Wolff brav Respekt: "Danke Toto, dass du das so gut gemanagt hast..."

Publikumsjoker am Samstag war Mick Schumacher, der mit 61.554 Stimmen vor Alt-Stars wie David Coulthard und Mika Häkkinen ins Achtelfinale der Rennen gewählt worden war. Der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher ist erst 16 und hat gerade sein erstes Jahr in der Formel 4 absolviert. Schon wird über eine Aufnahme ins Nachwuchsprogramm von Mercedes spekuliert. Das wird sowohl vom Konzern als auch von Managerin Sabine Kehm dementiert. Die Verbundenheit zwischen dem Unternehmen und der Familie Schumacher habe den Ausschlag gegeben, Mick auf die Liste zu setzen. "Er hat es noch schlimmer erwischt als ich", befand Nico Rosberg, der sich an den Rummel erinnerte, als er als Weltmeistersohn in die Formel 1 gekommen war. Der Hype bei Schumacher sei noch weit höher. "Das ist schade, das nimmt einiges vom Spaß weg für ihn. Und das ist doch zunächst das Einzige, das zählt. Dann muss man sehen, wo das hinführt." Im Stadion war für Schumi III schon nach dem ersten Rennen Endstation - gegen Rosberg.

© SZ vom 13.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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