Wenn man in die Biografie von Russlands Nationaltrainer Stanislaw Tschertschessow eintaucht, stößt man auf eine beachtliche deutsch-österreichischen Karriere: Tschertschessow spielte Anfang der Neunziger Jahre für den damaligen Erstligisten Dresden (ausgestattet mit einem famosen Schnauzbart und famos-bunten Torwarttrikots), sein Sohn kam 1994 in Dresden zur Welt. Später zog er zum (bald insolventen) FC Tirol Innsbruck, mit dem er noch drei Mal hintereinander Meister wurde - 2002 unter einem gewissen Joachim Löw.
Tschertschessow begann seine Laufbahn als Trainer in Kufstein, über Moskau, Sotschi und Warschau kam er zur russischen Nationalelf, die nach der lauwarmen EM 2016 nach einem neuen Trainer fahndete. Dort vertrauten sie ihm eines der vielleicht kniffeligsten Projekte des europäischen Fußballs an: Russland zu Ruhm und Erfolg zu führen, bei der Heim-WM 2018 und beim Confed-Cup, den die Mannschaft am Samstag gegen Neuseeland eröffnet.
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Die Last ist groß, die sie Tschertschessow und seiner unerfahrenen Mannschaft aufschnallen: Der Plan eines Propagandafestes von Staatschef Wladimir Putin kann ja nur aufgehen, wenn Tschertschessows junge Truppe groß aufspielt. Manche im russischen Verband wünschen sich "mindestens Platz vier". Tschertschessow erteilt derartigen Aufträgen indirekt eine Absage: "Die Herausforderung bei einer WM ist schon groß genug, da weigere ich mich, über Platzierungen zu reden", sagt er im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Er weiß aber auch: "Natürlich ist das Ergebnis der Tabelle das Wichtigste", auch mit Blick auf die Stimmung im Land und in der nationalen Liga. Man werde also "um diesen Pokal kämpfen", sagt Tschertschessow, er meint den Confed-Cup. Erst einmal.
"Effektiv, ökonomisch, erfolgreich"
Tschertschessow hat, um dieses schon recht ambitionierte Ziel zu verwirklichen, seiner Mannschaft eine Jugendkur verordnet. Er tauschte nach der EM drei Viertel der Spieler aus, führte junge Spieler aus Russlands erfolgreichem Nachwuchspool an die A-Auswahl heran, ließ Veteranen wie Pawel Mamajew und Alexander Kokorin außen vor, die nach dem EM-Aus heftig gefeiert hatten.
Er schaffte flache Hierarchien ("Bei uns gibt es keine Stammspieler. Bei uns gibt es Spieler, die von Anfang an spielen"), lehrte einen angriffsfreudigen, schnörkellosen Stil, plagiierte dabei auch Jupp Heynckes' System, das dieser beim FC Bayern installierte: "Das war effektiv, ökonomisch, erfolgreich", sagt Tschertschessow. Die jüngsten Auftritte legten immerhin einen zarten Aufwärtstrend nahe, Russland spielte 3:3 gegen Belgien, 3:0 gegen Ungarn, 1:1 beim Generaltest gegen Chile. "Ich würde lügen, wenn ich nicht selbst gespannt bin, wie es wird", sagt Tschertschessow. "Aber wenn du vor so einem Turnier nicht gespannt bist, bist du tot, oder?"