SpVgg Greuther Fürth:Der zweite Anlauf

14 08 2016 Fussball Saison 2016 2017 2 Fussball Bundesliga 02 Spieltag Hannover 96 H96; Sercan Sararer

"Wenn wir merken sollten, dass mehr geht, dann wollen wir auch mehr": Sercan Sararer (links, gegen Hannovers Waldemar Anton) will in Fürth nicht in die beschauliche Phase seiner Karriere übergehen.

(Foto: imago)

Einst galt Sercan Sararer als Talent, nach Jahren in der Fremde ist er zurückgekehrt. Eine Geschichte von einem, der will, dass es wieder wird, wie es einmal war.

Von Benedikt Warmbrunn

Die Vergangenheit lässt sich nicht wiederholen, das hat auch Sercan Sararer irgendwann gemerkt. Die Vergangenheit, das war für ihn die Zeitform, die ihn nicht länger interessierte, er lebte im Hier, im Jetzt, im Sofort. Ganz sicher lebte er nicht im Gestern, das ging auch einige Jahre lang gut, das Jetzt war ja schön, er war Bundesliga-Fußballer, er verdiente gutes Geld, er war immer noch jung. So lange ging das gut, bis er auch an die Zukunft dachte, und daran, dass von dieser zumindest für ihn als Fußballer nicht mehr allzu viel geblieben war.

Im Spätsommer 2016 lebt Sercan Sararer, 26, gewissermaßen wieder in der Vergangenheit. Aber nichts ist mehr so, wie es einmal war.

Früher war er der Wildeste unter den Jungen, die Attraktion der ganzen Mannschaft

Die Geschichte des Profifußballers Sararer ist eine, in der es um einen jungen Mann geht, dem einmal viele eine große Zukunft zutrauten, nicht zuletzt weil er für die SpVgg Greuther Fürth spielte, einen Verein, der bekannt dafür ist, gute, zukunftsfähige Spieler auszubilden. Es ist freilich auch die Geschichte von einem jungen Mann, der irgendwann aufbrach in die weite Fußballwelt, dort aber die Erwartungen nie ganz erfüllen konnte. Weswegen er nun wieder in Fürth spielt.

An diesem Freitag (18.30 Uhr) empfängt die SpVgg die punktgleichen Würzburger Kickers, der Sieger könnte auf die Aufstiegsränge hüpfen, zumindest für eine Nacht. Für Fürth wären die drei Punkte ein weiteres Zeichen dafür, dass sich die Mannschaft wieder stabilisiert hat, nach dem Fast-Abstieg 2015 und der unscheinbaren vergangenen Spielzeit. Verzichten muss Trainer Stefan Ruthenbeck gegen Würzburg allerdings auf Offensivspieler Robert Zulj, der nach einem Foulspiel am vergangenen Samstag in Düsseldorf für drei Spiele gesperrt wurde. Und auch Sararer wird noch nicht wesentlich mitwirken, nach Lendenwirbel-Problemen ist er im Aufbautraining. Genau das ist auch seine Gegenwart, sein Hier, sein Jetzt, sein Sofort: Dass sich seine Karriere noch nicht stabilisiert hat, trotz der Rückkehr zu dem Verein, bei dem es sich für ihn einst so leicht lebte.

Will sich Sararer im Spätsommer 2016 ein bisschen Optimismus bewahren, dann denkt er auch an die Vergangenheit. "Richtig weg habe ich mich nie gefühlt", sagt Sararer, es sind Sätze von einem, der will, dass es wieder wird, wie es einmal war.

Im Herbst 2008 debütierte Sararer als 18-Jähriger in der zweiten Liga, wenige Wochen später schoss er sein erstes Tor. Bald war er einer dieser jungen, schwungvollen Spieler, die in Fürth eine der spielfreudigsten Mannschaften der Liga bildeten. Sararer fiel ganz besonders auf, mit seinen Tempodribblings, mit seinem hemmungslosen Zug zum Tor, mit seinem Instinkt für das Überraschende. Als Fürth 2012 in die Bundesliga aufstieg, war er eine der Attraktionen der Mannschaft, mit seiner unvorhersehbaren Kreativität sollte er auch zu dem Spieler werden, der das Team in der Bundesliga hält. Es folgte jedoch das erste Jahr, in dem auf dem Platz nur noch wenig leicht war. Fürth stieg ab. Und Sararer wagte den Wechsel weg aus der Wohlfühloase.

Sararer ging zum VfB Stuttgart, doch in zwei Jahren spielte er nur zehnmal, schoss kein Tor, zeigte fast kein Tempodribbling. Er hatte den Schwung verloren. Zwei Jahre später wechselte er zu Fortuna Düsseldorf, dort spielte er 24 Mal, schoss drei Tore, zeigte wieder ein paar Tempodribblings. Doch dann teilten ihm die Verantwortlichen mit, dass sie nicht mehr mit ihm planten. Warum, weiß er bis heute nicht. "Die Jahre, in denen ich weg war, liefen nicht optimal für mich", sagt Sararer. Er weiß, dass er sich dennoch weiterhin mit ihnen beschäftigen muss, um seinen Schwung von früher wiederzufinden. Bei dieser Analyse der Vergangenheit hat er herausgefunden, dass es zumindest keine verlorenen Jahre waren. "Ich habe mich schon weiterentwickelt, ich bin jetzt reifer. Ich bin auch bereit, Verantwortung zu übernehmen."

Für Sararer ist die Rückkehr nach Fürth die Chance, noch einmal in einem ruhigen, nachsichtigen Umfeld Anlauf zu nehmen für ein Tempodribbling in der eigenen Karriereplanung. Er ist ja auch nicht der erste, der auf diese Rückbesinnung setzt. Stephan Schröck kehrte nach Jahren in Hoffenheim und Frankfurt zurück, er war sofort wieder ein Publikumsliebling. Inzwischen spielt er auf den Philippinen. Mike Büskens, der Trainer der Aufstiegsmannschaft von 2012, war auch noch einmal der Trainer der Fast-Abstiegsmannschaft von 2015, als Retter feierte ihn keiner. Inzwischen trainiert er Rapid Wien, fern von allem Wirbel. Und so hat sich die SpVgg Greuther Fürth, der Ausbildungsverein, eine weitere Funktion zugelegt: Er ist nun ein Verein zur Rehabilitation der einstigen Helden, der Verein, in dem sie eine zweite, ruhigere Karriere starten können.

Sararer hat in Fürth einen Zweijahresvertrag unterschrieben, er glaubt, dass das reicht, um alle wieder an sein jüngeres, schwungvolleres Ich zu erinnern. An eine ruhige Karriere denkt er dabei nicht. Wie alle im Verein will er auf Platz eins der ewigen Zweitliga-Tabelle, 42 weitere Punkte müsste das Team dazu sammeln. "Und wenn wir merken sollten, dass mehr geht, dann wollen wir auch mehr", sagt Sararer.

Aber erst einmal will er wieder ganz im Hier, im Jetzt, im Sofort ankommen.

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