Sportpolitik:Schmiergeldverdacht

Sportpolitik: Nasser al-Khelaifi bei der Auslosung der Gruppenphase der Champions League im August in Monaco.

Nasser al-Khelaifi bei der Auslosung der Gruppenphase der Champions League im August in Monaco.

(Foto: Valery Hache/AFP)

Im Zuge von Korruptions-Ermittlungen gegen Nasser al-Khelaifi, den Chef von Paris St. Germain, filzten Behörden ein Büro in Paris.

Von Thomas Kistner

Die Strafermittlungen im Korruptionssumpf um den Weltverband Fifa erreichen eine heikle Ebene: Katar. Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) verdächtigt den Geschäftsmann Nasser al-Khelaifi, den langjährigen Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke im Gegenzug für WM-Fernsehverträge geschmiert zu haben. Am Freitag teilte die italienische Polizei die Beschlagnahme einer Villa in Porto Cervo auf Sardinien mit. Al-Khelaifi soll Valcke das Anwesen als "Mittel zur Bestechung" im Kontext von WM-Rechten überlassen haben. Die Villa Bianca hat den Ermittlern zufolge einen Wert von sieben Millionen Euro und gehört einer Immobilien-Agentur. Ins Visier der Justiz rückt damit jener Mann, der den Eroberungszug des Emirats im Weltfußball anführt. Nasser al-Khelaifi ist Präsident von Paris Saint-Germain, das gerade erst dank exorbitanter Spielertransfers in die Schlagzeilen geraten ist. Zudem ist er Chef des katarischen Sportsenders beIN Sports, ein Ableger von Al Jazeera. Um die Rolle dieser Firma und um Verträge für WM-Turniere von 2018 bis 2030 geht es. Valcke soll von al-Khelaifi sowie einem weiteren, nicht benannten Rechtehändler "nicht gebührende Vorteile angenommen" haben. Die Behörden filzten das beIN-Büro in Paris, zudem gab es Razzien in Griechenland, Italien und Spanien. BeIN wies alle Vorwürfe zurück und erklärte, es kooperiere mit den Behörden.

Der Medienkonzern betreibt seit der mysteriösen Vergabe der WM 2022 an Katar eine aggressive Einkaufspolitik - und die Behörden werden hellhörig, wenn TV-Rechte zu nicht nachvollziehbaren Preisen erworben werden. Sie ermitteln deshalb bereits zu zahlreichen mutmaßlichen Umgehungsgeschäften weltweit, jeweils mit Ticket- und TV-Rechten. An den Spitzen der meisten lateinamerikanischen Fußballverbände hat das bereits zum Kahlschlag geführt. Im November beginnen vor einem New Yorker Bezirksgericht 27 Strafverfahren gegen hohe Ex-Funktionäre und Marketender. Auch in Bern haben sich 25 Strafermittlungen angesammelt; zudem liegen 180 Geldwäsche-Meldungen vor.

Jetzt wird es richtig ernst: Asien und Europa rücken in den Fokus. Das neue Verfahren dringt zum Kern der alten Fifa vor. Auf der einen Seite al-Khelaifi, 43, einer der höchsten Sportvertreter Katars, der auch den nationalen Sportinvestmentfond QSI dirigiert und gerne Tennis spielt mit Jugendfreund Tamim al-Thani - dem Emir. Auf der anderen Seite Valcke, skandalumtoster Fifa-General der Sepp-Blatter-Ära. Einer, dessen Vita sich auch ohne die neuen Vorwürfe wie ein Krimi-Drehbuch liest. 2001 hatte ihn Blatter gar als Erpresser bezeichnet, nachdem Valcke damals Einblick in die Bücher der korrupten Fifa-Hausagentur ISL hatte nehmen können. Umso bizarrer ist, dass der angebliche Erpresser 2003 in die Fifa einzog: als Chef der Marketingabteilung. Dort trickste Valcke 2006 den langjährigen Topsponsor Mastercard aus dem Geschäft; der Fifa trug die krumme Tour Schadenszahlungen von 100 Millionen Dollar ein. Valcke wurde gefeuert. Aber wenige Monate später war er wieder da - nun sogar als Fifa-Generalsekretär.

Was seine Katar-Verbindung angeht, rücken nun diese Vorgänge ins Licht: Im April und im September des Jahres 2010, an dessen Ende (!) die Fifa ihre WM 2022 nach Katar vergab, soll Valcke vor Zeugen erklärt haben, dass das Turnier schon an das Emirat vergeben sei. Ende 2015 suspendierte die Fifa ihren General, Valcke hatte sich beim WM-Ticketing in den eigenen Interessen verheddert. Die Fifa-Ethiker verbannten den Franzosen für zehn Jahre aus dem Fußball, in der Schweiz wird gegen ihn ermittelt. Valcke zog nach Barcelona und entwickelte neue Marketingaktivitäten. Am Mittwoch musste er jedoch in die Schweiz reisen, wo er vor dem Sportgerichtshof Cas seine Fifa-Sperre anficht. Danach wurden die Bundesanwälten vorstellig. Sie befragten Valcke, der wie alle Betroffenen seine Unschuld beteuert.

Im Zuge parallel laufender Ermittlungen hat die Justiz bereits vor Monaten Zeugen aus mehreren Kontinenten ein Redeverbot erteilt. Nun ließ das BA wissen, dass auch das Verfahren gegen Valcke und al-Khelaifi schon seit März läuft. Strafermittlungen gegen die ehemalige Nummer zwei der Fifa und die gegenwärtige Nummer zwei im katarischen Sport: Es sieht so aus, als ginge es jetzt um die ganz großen Verträge, um die Geschäftskultur in der Fifa. Ans Eingemachte.

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