Sportpolitik:Rio-Chef verhaftet

160821 RIO DE JANEIRO Aug 21 2016 The president of the Rio 2016 Organising Committee of t

Carlos Nuzman, Chef des Organisations-Komitees, bei der Schlussfeier der Olympischen Spiele von Rio 2016.

(Foto: imago)

Carlos Nuzman wird Stimmenkauf für Rio 2016 zur Last gelegt. Er ist seit vier Jahren IOC-Ehrenmitglied; zudem gehört er der IOC-Koordinierungskommission für die Sommerspiele 2020 in Japan an. Das beweist eine gewisse Sturheit des IOC.

Von Thomas Kistner

Die Ermittlungen der Strafbehörden zu den olympischen Spiele-Vergaben 2016 an Rio de Janeiro und 2020 an Tokio schreiten gut voran; entsprechend flott lichten sich die Reihen im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). In Rio wurde am Donnerstagmorgen Carlos Nuzman verhaftet und ins Polizeigefängnis verbracht. Der Spiele-Organisationschef 2016 ist seit vier Jahren IOC-Ehrenmitglied; zudem gehört er der IOC-Koordinierungskommission für die Sommerspiele 2020 in Japan an.

Das zeigt eine gewisse Sturheit des IOC, wenn es um seine Funktionäre geht. Denn schon Anfang September hatte es in Rio zehn Razzien gegeben, auch in Nuzmans Anwesen und Büro. Eine mutmaßliche Verwicklung des hohen Sportamtsträgers und Chefs des nationalen Olympiakomitees (BOC) lag überdies aufgrund der Aussagen von Behördensprechern auf der Hand. Deshalb hatte jüngst bei der IOC-Session in Lima der kanadische Anwalt Richard Pound den Ringe-Clan aufgefordert, Nuzman zur Aufgabe seiner Ämter zu drängen. "Wir brauchen mehr Biss", so das dienstälteste IOC-Mitglied, "wir kassieren vor den Augen der Welt Schlag auf Schlag und wirken nicht so, als würden wir was dagegen tun." Das IOC hatte dazu erklärt, es wolle zur Causa Nuzman erst "voll informiert" werden, ehe es aktiv werde. Dass Behörden ihre Ermittlungsresultate ungern mit Parteien teilen, die womöglich selbst betroffen sein könnten, liegt ebenfalls auf der Hand.

Bei den Razzien kürzlich in Rio fand die Bundespolizei mehr Belastungsmaterial in Geschäfts- und Privatmails. Nuzman gilt nun als Mittelsmann in einem "genialen, umfänglichen Korruptionsgeflecht", das zum Stimmenkauf für die Wahl Rios zur Olympiastadt am 2. Oktober 2009 in Kopenhagen angelegt worden sei. Die Ermittlungen unter dem Codenamen "Unfairplay" laufen in Kooperation mit Behörden in Frankreich und den USA. Gekauft haben sollen Nuzmans Rio-Bewerber etwa das Votum des damaligen Chefs des Leichtathletik-Weltverbands IAAF und IOC-Mitglieds Lamine Diack. Aus dem Bewerber-Umfeld waren drei Tage vor der Städte-Wahl zwei Millionen Dollar von dem brasilianischen Unternehmer Arthur Soares an eine Firma von Diacks Sohn geflossen. Beide sind von Interpol zur Fahndung ausgeschrieben.

Die neuen E-Mails zeigen nun, wie Diacks Sohn, Papa Massata, Wochen nach Rios Kür bei Nuzmans rechter Hand Leonardo Gryner, Vize des Rio-Organisationskomitees, auf Geldüberweisung auf seine Konten in Dakar oder Moskau drängt. Tage später erhielt er die Zusicherung, dass die Probleme bald gelöst würden.

Eine weitere Mail nährt den Verdacht der Ermittler, dass mehrere Personen in das Zahlungsschema involviert sein dürften: In dieser drängt Diacks Sohn, der auch als Marketingagent der IAAF auftrat, Nuzman, die Sache "zur Zufriedenheit aller Parteien" zu lösen - er sei bei Personen "in Verlegenheiten geraten, die auf unser Engagement in Kopenhagen vertraut haben".

Diack junior geriet bereits wegen anderer Verdachtsfälle zur Sportkorruption ins Visier der Fahnder. Verdächtig ähnliche Geldflüsse an ihn wie vor der Rio-Kür soll es auch vor der Wahl Tokios im Jahr 2013 gegeben haben. Diacks Vater ist in Frankreich unter Arrest - und nun mit Nuzman in Rio auch ein Koordinator des IOC für die Tokio-Spiele.

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