Sportpolitik:Ehe die Frucht faul wird

Bündnis 'Rettet die Amateurvereine'

Rettung naht: Engelbert Kupka (li.) und Uwe Cygan vom VfR Garching moderieren die Gründungsveranstaltung des neuen Aktionsbündnisses. Der BFV wünscht sich den Diskurs lieber auf verbandseigenen Veranstaltungen.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ex-Unterhaching-Präsident Kupka fordert vom DFB mehr Geld für den Amateurfußball. Bayerische Klubs haben ein Aktionsbündnis gegründet.

Von Philipp Jakob

Engelbert Kupka schließt kurz die Augen und atmet tief durch. Der ehemalige Präsident der SpVgg Unterhaching sitzt auf der Bühne eines Garchinger Gasthofes, vor ihm ein kleiner Tisch, in seiner Hand ein Mikrofon. Ein schwerer, dunkelroter Vorhang umrahmt die Szene. Gut 30 größtenteils bayerische Vereine sind der Einladung Kupkas in den Münchener Norden gefolgt, nach und nach nehmen sie im nur spärlich gefüllten Saal Platz. Der Grund für ihr Erscheinen steht in Großbuchstaben auf der Einladung geschrieben: "Rettet die Amateurvereine". Nun also lauschen sie den Ausführungen des 78-Jährigen, der mehr als eine Dreiviertelstunde über die Situation des deutschen Fußballs referiert - und vor allem darüber, was im deutschen Fußball alles schief läuft.

"Unser Feind ist die DFL", sagt der Vereinsvertreter aus Weiden

"Der DFB hat den Boden unter den Füßen verloren." Das sagt Kupka an diesem Abend immer wieder. Sein Vorwurf: Die Basis werde vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) im Stich gelassen. Während die Deutsche-Fußball-Liga (DFL) Jahr für Jahr neue Rekordsummen generiere, kämpften die Amateurvereine in den unteren Ligen ums Überleben. "Die Amateure sind die Wurzel und der Stamm", so Kupka, die Profivereine bilden die prächtige Baumkrone, in der Früchte wachsen und gedeihen. Die nächste große Ernte sieht Kupka für das Jahr 2021, dann laufen die Rechte für die Fernsehvermarktung aus. Bei der Neuvergabe könnten für die DFL zwei Milliarden Euro rausspringen, rechnet Kupka vor. Das Problem dabei: "Von diesen zwei Milliarden werden wir nicht viel haben." Zustimmendes Nicken im Saal.

Für Kupka liegt der Grund allen Übels im Grundlagenvertrag zwischen dem DFB und der DFL. Dem DFB stehen demnach drei Prozent der Einnahmen der DFL aus Ticketverkauf und Verwertung der TV- und Radiorechte zu. Außerdem sieht die Vereinbarung eine stärkere Unterstützung des Amateurfußballs mit Hilfe von insgesamt 10,5 Millionen Euro vor. Viel zu wenig, wenn es nach Kupka geht, der den Verband seit Monaten öffentlich kritisiert, und ab sofort eine Handvoll Vereine an seiner Seite weiß. Der Grundlagenvertrag wurde im vergangenen November bis 2023 verlängert, damit gehen auch weiterhin 97 Prozent der Einnahmen der DFL an die 36 Profivereine - gut 25 000 Amateurklubs müssen den Rest unter sich aufteilen.

"Fakt ist, dass sich die Amateurvereine von der Entwicklung abgekoppelt fühlen", sagt der ehemalige Landtagsabgeordnete. Dem stimmt Kurt Haas, Vorsitzender der SpVgg Weiden, zu: "Das sind Welten, die uns trennen." Statt ebenfalls von den steigenden Einnahmen der Bundesligisten zu profitieren, müssten sie bei lokalen Sponsoren um Geld betteln. "Unser Feind ist nicht der DFB, sondern die DFL", sagt Haas. Das Geld sei da, es müsse nur besser verteilt werden. Geschehe dies nicht, drohten die Wurzeln der deutschen Fußball-Eiche abzusterben, der Stamm könnte marode werden. Irgendwann würden auch die Früchte verfaulen. Erneut Nicken im Saal.

30 von insgesamt 25000 Klubs haben den Anfang gemacht

In Garching wurde nun ein Aktionsbündnis gegründet, um dies zu verhindern. Unterstützung dafür habe er aus ganz Deutschland erhalten, so Kupka. Nun möchten die Gründungsmitglieder mit einem Fragenkatalog an den DFB die Probleme der Amateurvereine konkret ansprechen. Wieso wurde der Grundlagenvertrag trotz der angeblich schlechten Bedingungen für die Amateure verlängert? Wieso wird der Pachtzins nicht von drei auf zehn Prozent erhöht, wie es Kupka vorschlägt? Ob er Antworten bekommt, das wisse er allerdings noch nicht. Bisher habe der DFB all seine Briefe ignoriert. Kupka fühlte sich düpiert.

Im Bayerischen Fußball-Verband (BFV) verweist man auf die schon bestehenden Gesprächsangebote für alle Vereine. Zwar war Rainer Koch, BFV-Präsident und als DFB-Vizepräsident zuständig für die Amateure, für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Pressesprecher Thomas Müther betont: "Jeder beim BFV hat das Ziel, sich für den Amateurfußball einzusetzen und ihn zu stärken." Es gebe im Verband schon seit Jahren für alle Amateurvereine die Möglichkeit, an regelmäßigen Diskussionsforen teilzunehmen und sich einzubringen. Dass beispielsweise Uwe Cygan, Vorsitzender des VfR Garching und Mitbegründer des Bündnisses, bei der Regionalligatagung Mitte Januar in Hof nicht anwesend gewesen sei, sei "sehr schade", so Müther. Der BFV möchte nun den Fragenkatalog abwarten. "Alle Vereine, die in Garching dabei waren, werden auch ihre neuen Fragen im Rahmen der ohnehin seit langem bestehenden Diskussionsforen beantwortet bekommen", sagt Müther. Auch im Aktionsbündnis machten sich Stimmen breit, sich mit Koch an einen Tisch zu setzen. Nur gemeinsam könne man etwas bewegen, hieß es in einer Wortmeldung. 30 von rund 25 000 Vereinen haben einen Anfang gemacht.

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