Am Tag nach 1:7 im Estádio Mineirão ist über Brasilien tatsächlich die Sonne aufgegangen. Am übernächsten auch. Doch das Land hatte sich dennoch verändert. Die zahllosen Geschäfte mit den gelb-grünen Hemden, den Perücken und Lärminstrumenten aus Plastik eröffneten mit komplett neuen Preisen. Sieben Tore machten aus wertvollen Produkten fast Wegwerfartikel.
In der Stadt des Halbfinal-Debakels der eigenen WM traf sich die Nation zum Beispiel in der Avenida Álvares Cabral, oberhalb des Parks von Belo Horizonte, in einer Kneipe mit frisch gepressten Säften. Einen halben Liter morango, laranja, melão (Erdbeere, Orange, Melone) für zwei Euro. "Sind Sie aus Deutschland?" Leider nicht zu verbergen. Alle gratulierten, lachten, klopften auf Schultern.
Doch die Brasilianer vergaßen den Deutschen bald, redeten stattdessen nur noch von ihren, nun ja, Fußballern. In jedem Satz kam das Wort "sete" vor, sieben. "Sedschi", wie sie hier sagen. "SEDSCHI!" riefen sie und rissen dabei die Augen auf. Sedschi ist eigentlich eine biblische Zahl und genießt in Brasilien einen guten Ruf. Vorbei. Sollte es im Land eine Gesellschaft für brasilianische Sprache geben, sie musste das Unwort des Jahres 2014 nicht mehr suchen.