Sport im TV:Olympia nur noch bei Spartensendern

Bislang haben ARD und ZDF mit großen Aufwand über die Spiele berichtet. Ab 2018 ist Olympia hierzulande wohl nur bei Discovery und Eurosport zu sehen. Ein US-Konzern sicherte sich die Europarechte.

Von Max Hägler

Es ist ein gewaltiger Deal - und einer, der so still eingefädelt wurde, dass die bisherigen Partner überrascht daneben stehen: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die europaweiten Fernsehrechte für die Olympischen Spiele 2018 bis 2024 an den Konzern Discovery Communications verkauft, eine hierzulande wenig bekannte Mediengruppe aus den USA, die auch einen gleichnamigen TV-Sender besitzt. Bislang haben in Deutschland ARD und ZDF mit großem Aufwand über die Spiele berichtet. Die Sommerspiele in Rio de Janeiro im kommenden Jahr übertragen sie noch, dank mühsam ausgehandelter Verträge. Danach ist wohl Schluss, TV-Olympiaberichterstattung aus explizit deutscher Sicht könnte dann der Vergangenheit angehören. 1,3 Milliarden Euro hat Discovery für die Europa-Rechte gezahlt. Über die diversen Pay-TV-Kanäle des Konzerns wird Olympia in Zukunft zu sehen sein - und sicher auch kostenlos bei der Tochter Eurosport, aber wohl nur in gewissem Umfang. 200 Stunden pro Sommerspiele sind garantiert frei empfangbar, 100 Stunden im Winter. Hierzulande ist solch ein kostenloses Angebot vorgeschrieben: durch den Rundfunkstaatsvertrag, der freies Zuschauen für "Großereignisse" in Paragraf 4 zur Regel macht. Eurosport ist in Deutschland per Internet-Fernsehen, Kabel, Satellit und teilweise per Antenne empfangbar. Man nehme die Entscheidung zur Kenntnis, teilten ARD und ZDF am Montag mit, der Tonfall war konsterniert. "Angemessen" sei das eigene Angebot gewesen, schreiben die Anstalten und verweisen auf ihr Alleinstellungsmerkmal: Auch zwischen den Jahren habe man kontinuierlich berichtet und die olympischen Sportarten bekannt gemacht. Das steht nun zur Disposition, insbesondere bei den quotenschwachen Sommersportarten - was bei vielen Verbänden zu Aufregung führen dürfte. Ungläubig stellten die beiden Sender zudem fest, dass aus der IOC-Mitteilung nicht hervorgehe, "was die Rechtevergabe an die internationale Sendergruppe für den deutschen Fernsehmarkt bedeutet". Es stellten sich nun Fragen ans IOC und den Deutschen Olympischen Sportbund.

Auch bei Olympia versammelte sich die Nation vor dem Fernseher

IOC-Präsident Thomas Bach hingegen erklärte wenige Minuten später auf einer Telefonkonferenz, dass doch alles klar sei: "Die Rechte sind im Moment exklusiv in den Händen von Discovery Communications und Eurosport." Exklusiv, das bedeutet: Die Öffentlichen-Rechtlichen sind erst mal raus. Allerdings, so Bach, sei der neue Partner offen, über Sublizenzierungen zu verhandeln. "Wer im Rennen sein möchte, kann sich jederzeit an Discovery wenden", sagte der deutsche IOC-Chef. Zu welchem Preis und zu welchen Konditionen, das blieb natürlich offen.

Aber es soll natürlich ein Geschäft sein, das wurde deutlich bei diesem kurzfristig einberufenen Pressegespräch. Wie ein Wirtschaftsmanager redete Bach da, erklärte, dass die lang laufende Rechtevergabe den "Return on Investment" für Discovery planbar mache und zugleich die Finanzsituation des IOC stabilisiere. So viel Verständnis? Da dankte Senderchef David Zaslav zuerst Bach persönlich - und dann erst dem IOC. Im Übrigen heiße man "stolz" die Olympischen Ringe willkommen, es sei ein "historisches" Ereignis.

Doch die Vergabe an den US-Konzern ist nicht nur eine Frage von Verträgen und Lizenzgebühren. Große Sportereignisse sind in Deutschland auch stets ein Anlass, zu dem sich die Menschen vor dem Fernseher versammeln, sie sind ein Kulturgut, bei dem man heimischen Sportlern nahekommen kann. Sport, das funktioniert oft über patriotische Weichzeichnung. Jetzt will Discovery 700 Millionen Menschen offenbar mit einem Fernsehbild erreichen.

Und trotz der Sportbegeisterung bei den Öffentlich-Rechtlichen - mittlerweile spielen dort auch kritische Aspekte eine Rolle, egal ob bei Olympia oder der Fußball-WM: die Armut in Südafrika, das mögliche Doping bei Gewinnern, Menschenrechtsverletzungen in Gastgeberländern. In der Presse und in ARD und ZDF wird darüber berichtet. Können Discovery und Eurosport das leisten? Und falls nicht: Ist das dem IOC vielleicht ganz recht? Der Doku-Kanal Discovery ist zuletzt vor allem durch eine eigenartige Rechercheleistung bekannt geworden: Ein Reporter wollte sich von einer Anakonda auffressen lassen - und danach wieder herauskrabbeln. Es blieb bei der Ankündigung.

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