Sponsorendeal von FSV Frankfurt:Pakt mit den Mehr-als-Umstrittenen

Der FSV Frankfurt lässt sich künftig von Saudia unterstützen - einer Fluglinie, die sich weigert, israelische Staatsbürger zu befördern. Wenn das Geld lockt, wird im Sport gerne nicht so genau hingeschaut.

Von René Hofmann

Es ist schon ein wenig befremdlich, wie der FSV Frankfurt auf das delikate Thema reagiert. Vor gut einer Woche hatte der Fußball-Zweitligist bekanntgegeben, dass er künftig von der Fluglinie Saudia unterstützt wird. Die Partnerschaft mit dem Unternehmen aus Saudi-Arabien löste viel Kritik aus.

Prominente jüdische Bürger und Vertreter der Stadt zeigten sich befremdet. Auch der Hauptsponsor des FSV, die Volksbank, war alles andere als glücklich. Und schließlich beschied Reinhard Rauball, der Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL), in der FAS: Wäre die Airline Trikotsponsor, "hätte die DFL von ihrem Recht Gebrauch gemacht, das Vertragsverhältnis nicht zu genehmigen". Nach den DFL-Statuten darf Trikot-Werbung nämlich nicht gegen die allgemein im Sport gültigen Grundsätze von Ethik und Moral verstoßen.

Der FSV gab nach der Rüge an, er werde den neuen Partner zu einer Stellungnahme auffordern. Ihm sei "nicht bewusst" gewesen, dass Saudia "eine diskriminierende Haltung einnimmt und offenbar keine israelischen Staatsbürger transportiert". Sollte sich dies bewahrheiten, "wird das Vertragsverhältnis selbstverständlich unverzüglich beendet". Der FSV stehe "für politische Neutralität, Vielfalt und Toleranz", heißt es in einer Mitteilung, die auf Facebook noch um den Satz ergänzt wurde: "Wie es in dieser Sache weitergeht und vor allem, welche Meldungen der Wahrheit entsprechen, erfahrt ihr natürlich in unseren Vereinsmedien."

Das klingt fast so, als sei der Klub durch böse Mächte von außen unter Bedrängnis geraten. Dabei hat den Pakt mit den Mehr-als-Umstrittenen die Firma IMG eingefädelt, die den Verein vermarktet.

Schon eine einfache Google-Suche hätte die Problematik offenbart. Mitte Juli hatte Bill de Blasio, der Bürgerbeauftragte der Stadt New York, öffentlich gemacht, dass Personen, die ausschließlich einen israelischen Pass besitzen, bei Saudia keine Flüge buchen können. Weil die Airline auch den John F. Kennedy Airport in New York anfliegt, verstößt sie gegen US-Recht, das Diskriminierung wegen Herkunft, Religion, Heimatland, Hautfarbe oder Geschlecht verbietet.

Khalid al-Melhem, der Generaldirektor der Fluglinie, hatte das Vorgehen kurz darauf nicht nur bestätigt, sondern es auch ausdrücklich verteidigt. Israel und Saudi-Arabien unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Sollte ein Israeli beim Umsteigen in Saudi-Arabien wegen eines verspäteten Fluges hängenbleiben, müsste er den Transitbereich verlassen und einreisen; dies sei faktisch aber unmöglich. Deshalb ließe er erst gar keinen der unerwünschten Gäste einsteigen.

Nach Angaben des Simon Wiesenthal Center geht Saudia aber sogar noch weiter: An Bord der Flugzeuge, die das Staatsemblem - eine Palme und darunter zwei gekreuzte Krummsäbel - auf der Heckflosse tragen, sei es Tradition, "alle Bibeln, Kreuze, Davidsterne und andere nicht-muslimische Gegenstände" zu konfiszieren, so die Organisation schon vor Jahren.

Rennwagen mit den "BIN-LADEN"-Logos

All diese Vorwürfe waren vielleicht nicht breit bekannt, zumindest aber leicht zugänglich. Womit der Fall ein weiteres Beispiel dafür liefert, wie im Sport gerne nicht so genau hingesehen wird, wenn richtig viel Geld lockt. Ende der siebziger Jahre gewann das britische Formel-1-Team Williams die Unternehmen des aus Saudi-Arabien stammenden Mohammed bin Laden als Hauptsponsor. Auf das Interesse von dessen Sohn Osama am internationalen Terrorismus gab es damals zwar noch keinen Hinweis - aus heutiger Sicht muten die Rennwagen mit den "BIN-LADEN"-Logos aber doch mindestens so kurios an wie die Aufnahmen, die es vom Eishockey-Spiel zwischen dem ECD Iserlohn und den Starbulls Rosenheim vom 4. Dezember 1987 gibt.

Damals liefen die finanziell klammen Iserlohner mit Werbung für das "Grüne Buch" auf, das Werk des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi. Was nicht nur dem damaligen Innenminister Friedrich Zimmermann (CSU) überhaupt nicht gefiel. Nach einer Partie war der Spuk wieder vorbei.

Inzwischen reagieren die Anhänger in vielen Bereichen zwar sensibel. Fußball-Bundesligist 1. FC Nürnberg geriet nach der Nuklearkatastrophe im März 2011 in Fukushima unter Druck, weil er schon seit Jahren Reklame lief für den französischen Atomkonzern Areva. Beim SV Werder Bremen war der Geflügelzüchter Wiesenhof wegen angeblicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz nicht gerne gesehen. Doch bei Investitionen, die offenbar sportpolitische Ambitionen flankieren, hielt sich die Aufregung bisher in Grenzen.

Weder das Engagement des Unternehmens Gazprom, das aus Russland stammt, wo 2018 die Fußball-WM gespielt werden soll, weckte massenhaften Argwohn, noch das von Qatar Airways - der Fluglinie des WM-Gastgebers 2022 - beim FC Barcelona. Dabei hatte der Kult-Klub aus Katalonien die Brüste seiner Spieler vorher nie, später nur für karitative Zwecke zur Verfügung gestellt.

Bei einem Pakt mit Firmen oder Organisationen, die Israel benachteiligen, wird allerdings eine Rote Linie überschritten. Dies hatte, vor seiner Wahl zum Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), auch Thomas Bach erfahren. Unter anderem Charlotte Knobloch, die langjährige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, hatte den Sportfunktionär mit Blick auf seine neue Verantwortung aufgefordert, endlich seine Rolle als Präsident der deutsch-arabischen Handels-kammer Ghorfa zu klären (das Amt legte er kurz nach seiner IOC-Kür nieder).

Die Organisation vergibt sogenannte Vorlegalisierungen für die Einfuhr von Waren in arabische Länder. In einigen ist der Import israelischer Waren verboten, was de facto einem Boykott gleichkommt. Derlei ist - offiziell - auch beim IOC geächtet. In dessen Charta heißt es: "Jede Form von Diskriminierung eines Landes oder einer Person aufgrund von Rasse, Religion, Politik, Geschlecht oder aus sonstigen Gründen ist mit der Zugehörigkeit zur Olympischen Bewegung unvereinbar."

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