Spitzentalent Martin Ødegaard:FC Bayern ist mindestens Mitfavorit

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Norwegens Martin Ødegaard, der die Neun trägt, aber eher wie eine Mischung aus einer Acht und einer Zehn spielt.

(Foto: imago sportfotodienst)

Real Madrid fliegt Martin Ødegaard mit dem Learjet ein, die britischen Klubs scheuen keine Kosten. Doch der FC Bayern hat beim Werben um das Spitzentalent große Chancen. Wegen Pep Guardiola.

Von Christof Kneer

Nur bis Mittwoch kann man das noch schreiben, nur bis Mittwoch taugt diese Schlagzeile noch. Aus diesem Grund muss diese Schlagzeile hier noch mal ganz schnell hingeschrieben werden: Der FC Bayern will einen 15-Jährigen. Ausrufezeichen! Unterzeile: Der FC Bayern will den 15-Jährigen nicht für seine B- Junioren - er will ihn für seine Profis.

Der 17. Dezember steht als Haltbarkeitsdatum auf dieser Meldung, an diesem Tag wird der 15-Jährige aufhören, ein 15-Jähriger zu sein. Von Mittwoch an muss die Schlagzeile ein bisschen umgeschrieben werden. Der FC Bayern will dann einen 16-Jährigen, aber ein kleines Ausrufezeichen darf man immer noch dahinter setzen. Und die Unterzeile kann man sowieso stehen lassen: Auch der 16-Jährige soll dann am besten gleich zu Pep Guardiola.

Am Wochenende ist bekannt geworden, dass Martin Ødegaard, geboren am 17. Dezember 1998, vorige Woche auf dem Klubgelände des FC Bayern zu Besuch war, er hat auch einen Tag bei den Profis mittrainiert. Es gibt Bilder, die ihn bei Passübungen mit Rafinha und Rode zeigen.

Aber wer sich für Fußball interessiert, der hat dieses Gesicht auch vorher schon mal gesehen: Vor acht Wochen hat dieser Junge bereits Überschriften und Unterzeilen produziert, am 13. Oktober hat er für Norwegens A-Nationalelf debütiert - und Menschen, die sonst nichts zu tun haben, haben errechnet, dass Ødegaard mit 15 Jahren und 300 Tagen der jüngste Spieler in der Geschichte der EM-Qualifikation war.

Mit Sicherheit ist Martin Ødegaard der jüngste Spieler, der je aus Drammen in Norwegen stammte, einen Ex-Profi als Vater besitzt und von allen großen europäischen Vereinen umworben wird. Die großen Vereine sind dabei immer größer geworden: Vor einigen Monaten hat Ødegaard noch in vollem Ernst den VfB Stuttgart besucht, er hat sogar ein Gespräch mit Manager Fredi Bobic geführt, aber Vereine, die auf einmal keinen Manager mehr haben und mit Tabellenplatz 18 für sich werben, sind inzwischen unter der Würde dieses 15-Jährigen.

Ødegaard, derzeit beim norwegischen Erstligisten Strömsgodset unter Vertrag, habe "Angebote aus ganz Europa, auch wir bemühen uns um ihn, aber man muss abwarten, ob er sich für Bayern entscheidet", hat Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge nach dem Spiel in Augsburg eingeräumt. Es gibt ja jetzt nichts mehr zu verbergen, die Bilder sind auf dem Markt, und bei Bayern müssen sie jetzt entscheiden, wie offensiv sie die Personalie intonieren. Er glaube, "dass wir eine gute Chance haben", hatte Rummenigge der Bild-Zeitung zunächst gesagt, später haben sie diese öffentlich zur Schau getragene große Zuversicht in öffentlich zur Schau getragenen verhaltenen Optimismus umgewandelt.

Trumpfkarte Guardiola

Sie wollen nicht zu triumphierend klingen, einerseits. Andererseits können sie sich auch wirklich noch nicht sicher sein.

Vor allem Real Madrid sei "ein aggressiver Mitbewerber", heißt es bei den Bayern, die Spanier haben den jungen Norweger kürzlich im Learjet einfliegen lassen. Natürlich wirbt auch der FC Barcelona mit der Neuauflage einer Messi-Story, der einst als viel zu klein gewachsener 13-Jähriger zu den Katalanen wechselte und dort ein bisschen größer, vor allem aber ein Großer wurde. Natürlich scheuen auch Chelsea, Liverpool, sämtliche Manchesters sowie diverse andere Klubs weder Mühen noch Reise- oder sonstige Kosten, um den jungen Mann und seinen Vater davon zu überzeugen, dass sie und nur sie der richtige Klub für die seriöse Weiterentwicklung eines in Kürze 16-jährigen Fußballers sind. Die nicht ganz so großen Klubs sagen dem jungen Mann, wie wichtig ein Zwischenschritt in einer Karriere sein kann; die ganz großen Klubs sagen, dass ein Zwischenschritt Quatsch ist (oder, auf Bayerisch: Schmarrn). Die Münchner haben aber noch ein weiteres wuchtiges Argument zu bieten, eines, das am Ende "die Trumpfkarte" sein könnte, wie es im Verein heißt.

Dieses Argument lautet: Pep Guardiola.

Guardiola sei sehr angetan gewesen, heißt es, vom taktischen Verständnis, vom Spielinstinkt und von den Passlösungen dieses jungen Spielers, den Experten als eine Nummer achteinhalb bezeichnen, also als einen Spieler, der sich nicht entscheiden kann, ob er lieber ein offensiver Achter oder ein defensiver Zehner ist. Guardiola soll nun der Standortvorteil der Bayern werden, auch der Trainer hat ja mit dem Spieler und dessen Vater gesprochen, und die Ødegaards haben offenbar deutlich zu erkennen gegeben, wie sehr sie Guardiolas grünen Daumen für Talente schätzen.

Bis Ende Januar wird eine Entscheidung der Familie Ødegaard erwartet, die Bayern fühlen sich mindestens als Mitfavorit. Käme der Spieler, könnten sie in Ruhe seine Perspektiven inklusive einer möglichen Ausleihe besprechen, außerdem hätte der frühe Transfer einen weiteren Vorteil. Vier sogenannte local players muss jeder Verein inzwischen in seiner Kaderliste nachweisen, diesen Stempel erwerben Talente nach drei Jahren Klubzugehörigkeit. Ab 2018 wäre Martin Ødegaard aus Drammen in Norwegen also ein Spieler, den der FC Bayern selbst ausgebildet hat.

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