Später Ausgleich zum 1:1:Remis mit zwei Verlierern

Marco Reus of Borussia Dortmundduring the Bundesliga match between 1 FC Koln and Borussia Dortmund; Reus

Später Gefühlsausbruch: Marco Reus (r.) freut sich über seinen Ausgleich, Kölns Jonas Hector schimpft.

(Foto: imago)

Der 1. FC Köln zwingt Borussia Dortmund auch ohne sechs Stammspieler sein rustikales Kampfspiel auf - verspielt den Sieg aber in der 90. Minute, weil Marco Reus sein erstes Saisontor gelingt.

Von Milan Pavlovic, Köln

Manchmal hinterlässt ein Unentschieden zwei Verlierer. So geschah es am Samstag in Köln, wo der FC und Borussia Dortmund sich nach einem intensiven Kampf 1:1 (1:0) trennten. Die Kölner waren verdrossen, weil sie das Ausgleichstor in der 90. Minute hinnehmen mussten; die Dortmunder waren enttäuscht, auswärts wieder ohne Sieg geblieben zu sein - und weil es ihnen wie schon in Leipzig (0:1), in Leverkusen (0:2) und in Frankfurt (1:2) nicht gelungen war, gegen einen körperlich kompromisslosen, hartnäckig störenden Gegner das eigene Spiel aufzuziehen.

"Wenn man gegen so einen zähen Gegner in Rückstand gerät, macht es alles noch komplizierter", sagte BVB-Trainer Thomas Tuchel. Deshalb war er über den Punkt am Ende doch glücklich: "Du musst auch mal konstatieren: Okay, dann ist es an diesem Tag eben ein Punkt, du nimmst ihn und fährst nach Hause." Kölns Coach Peter Stöger wirkte trotz des späten Ausgleichs zufrieden und lobte, dass es seiner Elf gelungen war, das Spiel "so emotional" zu gestalten.

Der turbulente Auftakt der Partie schien noch motiviert von der überbordenden Stimmung im Stadion (die Kölner Fangruppe "Wilde Horde" feierte ihren 20. Geburtstag mit einer prächtigen Choreographie in der Südkurve). Quasi ohne Schutzschild stürmten beide Teams nach vorne und sorgten beiderseits für viel Verwirrung. Torgefahr war zwar selten auszumachen, aber dennoch war die Atmosphäre elektrisierend.

Ein Siebener-Riegel aus weißen Trikots

Spielerisch ergab sich immer wieder ein ähnliches Bild: Die Dortmunder näherten sich ansehnlich dem gegnerischen Strafraum - Dembélé vernaschte Höger, Reus ließ ein, zwei Kölner stehen, und Aubameyang startete flott in den freien Raum -, doch sobald die Schwarz-Gelben an den Strafraum kamen, war es mit der Herrlichkeit vorbei. Denn dort begegnete den Gästen zumeist ein Siebener-Riegel mit weißen Trikots. Im Strafraum gab es sogar noch weniger zu melden, FC-Ersatztorwart Thomas Kessler musste überhaupt in der ersten Halbzeit nur zwei Bälle aufnehmen: ein Schüsschen von Durm und einen ebenso harmlosen Freistoß von Marco Reus. Der Rest waren Pass- oder Schussversuche ohne die Präzision, die nötig gewesen wäre, um die Kölner Mauer zu überwinden.

Der durch Verletzungen von sechs Stammkräften gebeutelte FC hatte sich notgedrungen dazu entschieden, auf die Igel-Taktik der vorletzten Saison zurückzugreifen. Vorne schwirrten drei offensive Kräfte herum (Modeste, Rudnevs, Osako), offenbar in der Hoffnung, einen langen Ball zu erhaschen oder von einer Dortmunder Nachlässigkeit zu profitieren. Letzteres klappte außer in der zweiten Minute, als Özcan eine Vorlage von Rudnevs knapp neben das Tor schob, allerdings nicht - weshalb Standards eine verstärkte Rolle spielten. Dortmund enttäuschte in dieser Hinsicht auf ganzer Linie; der FC hingegen kam zum Führungstor (28.), weil Rudnevs einen langen Freistoß von Jonas Hector per Kopf aus zehn Metern ins Eck verlängerte - und weil die Dortmunder Verteidiger Durm und Ginter dem Torschützen eine Art Geleitschutz gaben.

Modeste lässt die Großchance zum 2:0 aus

Auch nach der Pause hatten die Kölner die Partie überraschend gut im Griff. Die Gastgeber gingen resolut zur Sache und blieben konsequent. Wenn sie die Borussen nicht stellen konnten, zerstörten sie den Spielfluss des Gegners mit kleinen, wenn nötig harten Fouls. Am Wichtigsten war es, den Dortmunder Spielfluss schon im Ansatz zu zerstören. Das Konzept ging gut auf, und es sah phasenweise erstaunlich leicht aus. "Ich bin nicht begeistert. 20 Fouls sind die Obergrenze", sagte Tuchel angesichts von 26 FC-Fouls und drei verletzungsbedingten BVB-Wechseln, aber er hatte ganz offensichtlich keine Lust, die Foul-Diskussion aus dem Leverkusen-Match wieder aufzunehmen. "Der Platz war schwierig, rutschig", sagte er ausweichend und gab stattdessen zu, dass "18 Fouls von uns außergewöhnlich" seien.

"Ich bin stolz, wie wir aufgetreten sind", sagte Trainer Peter Stöger, der keines seiner fünf Spiele gegen den BVB verloren hat, "die Mannschaft hat alles reingelegt." Was er unerwähnt ließ, war die mangelhafte Art, wie sein Team die Konter ausspielte. Anfang der zweiten Halbzeit (50.) lief Torjäger Modeste nach einem feinen Steilpass von Osako allein aufs BVB-Tor zu, umspielte Torwart Roman Weidenfeller, schob den Ball dann aber aus spitzem Winkel am Tor vorbei. Danach wurden die Lücken im Dortmunder Abwehrverbund zwar immer größer, doch die Angriffe der Kölner waren stets zu fahrig.

Und hinten waren sie ein einziges Mal, kurz vor dem Beginn der Nachspielzeit, nicht aufmerksam. Rausch verlor einen Zweikampf an der Seitenlinie gegen den aufgeputschten Dembélé, Höger konnte den eingewechselten Ramos nicht aufhalten, und dessen kluges Rückspiel von den Torauslinie nutzte Reus für die erste Dortmunder Großchance zum Ausgleich und seinem ersten Saisontreffer nach langer Auszeit. Natürlich sei er "sehr froh, dass Marco wieder zurück ist, wir hatten uns" bis zu seinem Comeback "große Sorgen um ihn gemacht", sagte Tuchel, der danach noch eine gelb-rote Karte gegen den Kölner Youngster Özcan sah (90.+2). Danach allerdings gab es Freistoß für Dortmund. Also keine Gefahr mehr.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: