Solheim Cup im Golf:Europa vergibt zwei Matchbälle

The Solheim Cup - Day One

Tragische Figuren: Caroline Masson (links) und Sandra Gal.

(Foto: Getty Images)
  • In einer der spektakulärsten Aufholjagden im Golf entreißen die Amerikanerinnen Europa den Solheim Cup.
  • Die Deutschen Caroline Masson und Sandra Gal werden zu tragischen Figuren.
  • Die US-Amerikanerinnen jubeln vor Glück.

Von Gerald Kleffmann, St. Leon-Rot

Noch am Donnerstag, bei der Eröffnungsfeier im Oktoberfestzelt neben dem Klubhaus des Golfclubs St. Leon-Rot, schloss der Amerikaner John Solheim seine Rede mit dem Satz: "Möge das bessere Team gewinnen." Da konnte der Sohn von Karsten Solheim, dem verstorbenen Gründer einer Schlägerfirma, der 1990 den Solheim Cup initiiert hatte, noch nicht ahnen, dass andere Worte besser angebracht gewesen wären. Mögen die Nervenstärkeren gewinnen, etwa. Oder: Mögen die weniger Aufgelösten gewinnen.

Beim 14. Duell zwischen den besten Golferinnen aus Europa und den USA kam es phasenweise genau auf diese Verhaltensweisen an. Die erstmals in Deutschland ausgetragene Veranstaltung hatte am Freitag harmonisch begonnen. Am Sonntag, als Europa mit einer 10:6-Führung nach den 16 Vierer-Wettbewerben (Zwei gegen Zwei) in die abschließenden zwölf Einzel ging, waren indes ganz andere Gefühle im Spiel als bedingungslos friedensstiftende. Rache war quasi angesagt, und sie wurde genommen.

Mit ihrem Putt aus drei Metern hätte Masson für die Titelverteidigung sorgen können

Sieger des Solheim-Cups

1990 Orlando/Florida USA 11,5:4,5

1992 Edinburgh/Schottland Europa 11,5:6,5

1994 S. Springs/W. Virginia USA 13:7

1996 Chepstow/Wales USA 17:11

1998 Muirfield/Ohio USA 16:12

2000 Alexandria/Schottland Europa 14,5:11,5

2002 Edina/Minnesota USA 15,5:12,5

2003 Barsebäck/SWE Europa 17,5:10,5

2005 Carmel/Indiana USA 15,5:12,5

2007 Halmstad/Schweden USA 16:12

2009 Sugar Grove/Illinios USA 16:12

2011 Dunsany/Irland Europa 15:10

2013 Parker/Colorado Europa 18:10

2015 St. Leon-Rot USA 14,5:13,5

In einer der spektakulärsten Aufholjagden im Golf drehten die USA einen 6:10-, 6:11-, 7,5:12,5-, 9,5:13,5-Rückstand und gewannen zum neunten Mal den Solheim Cup, mit 14,5:13,5. Weil Europa ein halber Punkt, ein Unentschieden, aus einem der zwölf Einzel fehlte zur Titelverteidigung.

Zwei Matchbälle hatte Europa. Die Spanierin Carlota Ciganda verschob einen Putt aus eineinhalb Metern zum Sieg gegen die Weltranglisten-Vierte Lexi Thompson. Caroline Masson aus Gladbeck verschob einen Putt aus drei Metern zum Unentschieden gegen Gerina Piller. "Sie haben wirklich gut gespielt und die Putts gemacht", sagte die deutsche Top-Spielerin Sandra Gal.

Die USA jubelte aus gutem Grund ausgelassen. Das lag besonders an den Vorfällen vor den Einzeln. Freundschaftlich sollte alles ablaufen, hatten die Teilnehmerinnen versichert. Aber dann kochten unerwartete Emotionen hoch, erst ein bisschen, dann mehr, bis sich Teile beider Teams feindselig gegenüberstanden. Europas Vize-Kapitänin Annika Sörenstam, 44, hatte ein erstes Gewitter ausgelöst, am Samstag schon, nachdem es am Freitag und kurz am Samstag wirklich bedrohlich heftig geregnet hatte. Weil die Schwedin einer ihrer Spielerinnen Tipps gab. Nur die Kapitäne dürfen das aber.

Juli Inkster, die US-Kapitänin, pflaumte daraufhin Europas Chefin Carin Koch an. Sörenstam, die frühere Nummer eins, versuchte zu schlichten - Inkster blieb angefressen und maulte: "Es war eine kleine Frauensache", mehr nicht. Koch mauerte ganz. Am Sonntag brodelte es weiter. Nicht nur wegen der 29 000 Zuschauer, die wie am Samstag (20 000) mitfieberten (68 500 Zuschauer in der ganzen Woche). Ungewöhnliches ereignete sich in einem Match, das am Abend zuvor wegen Dunkelheit abgebrochen worden war.

Entschuldigung fürs Gezeter

Die Amerikanerin Alison Lee, 20, dachte auf Bahn 17, ihr Putt zum Par sei geschenkt aus einem Meter. Sie müsse ihn nicht mehr ausführen. Im Matchplay geht das. Wenn ein Ball als sicher eingelocht gilt, kann der Gegner den Putt erlassen. Die Norwegerin Suzann Pettersen, 34, Achte der Welt und damit beste Europäerin, schenkte ihr den Putt aber nicht. Genau das hatte Lee angenommen, den Ball aufgehoben - und das Loch damit verloren. Denn, doppeltes Pech, Lees Partnerin Brittany Lincicome hatte auf ihren Par-Putt zuvor verzichtet, in der Annahme, Lee werde dieses mit ihrem näher zum Loch liegenden Ball sicher gelingen.

Kaum hatte Pettersen mit der 19 Jahre alten Überfliegerin Charley Hull aus England gewonnen, folgten auf dem Fairway Debatten und Tränen. Lee weinte, Hull weinte, die offenbar den Putt schenken wollte, Pettersen verteidigte sich gegenüber Teamkolleginnen. "Regel ist Regel", sagte Koch trocken. Inkster schwor: "Das motiviert uns noch mehr." Im britischen Fernsehen entschuldigte sich eine Kommentatorin für Ausdrücke, die Spielerinnen unüberhörbar beim gemeinsamen Gezeter zum Besten gegeben hatten.

The Solheim Cup - Day Two

Debatten und Tränen: Die Amerikanerin Alison Lee (rechts) verpasst nach einem Missverständnis ein sicheres Par.

(Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Gal und der halbe Punkt

In dieser Stimmungslage begannen die zwölf Einzel. Im Elfminuten-Takt gingen ab 10.40 Uhr die Duellantinnen auf den 18-Loch-Kurs. Jede Kapitänin stellt ihre zwölf Spielerinnen von eins bis zwölf auf, ohne zu wissen, wie das andere Team aufstellt. Und dann spielen die selben Nummern gegeneinander. Ein Krimi sondergleichen entwickelte sich, mit zig kleinen sportlichen Dramen und Triumphen. Die Europäerinnen punkteten als Erste, doch zunehmend zeigte sich, dass die Amerikanerinnen im Schnitt die besseren Einzelspielerinnen haben. Ihr Durchschnitt der Weltranglistenplätze lag bei 25, der der Europäerinnen bei 50.

Nachdem Pettersen bestraft wurde mit einer Niederlage gegen Angela Stanford, die ihren letzten Match-Sieg im Solheim Cup 2009 erlebte, hätte Sandra Gal als letzte Starterin den halben Punkt beisteuern können. Doch die Düsseldorferin, die in den Vierern geglänzt und 2,5 Punkte erzielt hatte, verlor klar gegen Paula Creamer (4&3). "Ich fühle mich nicht so gut", bekannte später Masson, die bereits vorher das historische Kunststück hätte schaffen können, das Martin Kaymer 2012 gelang: Der deutsche Golfprofi hatte zu Europas Sieg im Ryder Cup eingelocht.

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