Snooker-WM:Snooker-WM - "Folterknecht" und "Turnier-Opa" kämpfen um Einzug ins Finale

Mark Selby zittert mit den Fußballern seiner Heimatstadt, Alan McManus hat die Ruhe weg. Die Halbfinalisten in Kurzporträts.

Von Carsten Eberts

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Ding Junhui

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Quelle: AP

Wie berühmt Ding Junhui in China ist? Es heißt, der Chinese könne daheim nicht über einen Feldweg in der inneren Mongolei spazieren, ohne erkannt zu werden. Seit vielen Jahren gehört der schüchterne Ding, 29, zu den besten Snooker-Spielern der Welt. Er hat große Turniere gewonnen wie die UK Championship oder Masters. Trotzdem ist sein Einzug ins WM-Halbfinale eine kleine Überraschung, weil er nicht zu den gesetzten Spielern gehörte.

In der Weltrangliste war er nach schwächeren Monaten abgerutscht, musste sich durch die Qualifikation kämpfen. Dann allerdings dieser Lauf: 10:8 gegen Martin Gould, 13:10 gegen Judd Trump, im Viertelfinale gar ein 13:3 über Mark Williams. Kann er im Halbfinale erneut überzeugen? Bislang hat Ding Junhui bei jeder WM irgendwann das Nervenflattern gepackt, dafür ist er berüchtigt. Noch nie konnte er hier den Titel holen. Peter Ebdon hat einmal gesagt, es wirke, als würde Ding sein "enormes Talent am Eingang des Crucible Theatres abgeben". Nun könnte es der Chinese allen zeigen.

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Mark Selby

***BESTPIX*** World Snooker Championship - Day 4

Quelle: Getty Images

Die Wundertüte dieser WM - was bei einem Weltranglistenersten sofort despektierlich klingt. Trotzdem wusste niemand vor den beiden Wochen im Crucible, in welcher Verfassung Selby, 32, an den Start gehen würde. Zwei Turniere hatte er abgesagt, sein Spielrhythmus schien dahin. In den ersten beiden Runden traf er auf Spieler, die er normalerweise locker beherrschen müsste, doch er musste kämpfen, besiegte Robert Milkins schließlich 10:6, Sam Baird sogar nur 13:11. Das sah im Viertelfinale schon besser aus, da ließ der Weltmeister von 2014 dem aufstrebenden Kyren Wilson - den Ronnie O'Sullivan als DEN Spieler der kommenden Jahre adelte - beim 13:8 keine echte Chance.

Lag O'Sullivan bei Wilson (vorerst) falsch, könnte er bei Selby Recht behalten: Der sei "ein großer Turnierspieler", sagte O'Sullivan über ihn. Weil er ihn so ungern als Gegner hat, erfand O'Sullivan sogar einen Spitznamen für ihn: Er nennt Selby den "Torturer", den Folterknecht. Selby foltert nicht nur gerne, er ist auch großer Fan von Leicester City, dem Fußballklub seiner Heimatstadt. Sollte Leicester am Sonntag sensationell englischer Meister werden und Selby kurz darauf den Titel bei der Snooker-WM holen - die kleine Stadt käme aus dem Feiern gar nicht mehr raus.

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Marco Fu

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Quelle: AP

Sein Weg bei diesem Turnier scheint vorgezeichnet: Marco Fu, der bislang so brillant agierende Spieler aus Hongkong, wird bald ausscheiden. So war das in seiner Karriere häufig, nur ganz selten konnte Fu, 38, seine Form über ein ganzes Turnier konservieren. Dies ist sein größtes Manko, denn vom Talent her müsste Fu eigentlich in der absoluten Weltspitze agieren. Er gilt als Spezialist für sehr hohe Breaks, als einer der wenigen Spieler hat er in seiner Karriere mehr 300 Centurys (100 Punkte in Serie) geschafft. Bei den Maximum Breaks (147 Punkte in Serie) liegt er auch schon bei vier.

Die WM begann für Fu furios, mit 10:2 schickte er Peter Ebdon nach Hause. Danach musste er härter kämpfen, doch Anthony McGill hatte beim 13:9 ebenfalls keine Chance. Im Viertelfinale fegte er dann zunächst über den O'Sullivan-Bezwinger Barry Hawkins hinweg, 9:1 führte Fu bereits, ehe Hawkins aufholte, von den folgenden neun Frames acht holte. Fu zitterte, rettete sich aber knapp ins Ziel, gewann 13:11. Im Halbfinale gegen Selby sollte er sich solche Schwächephasen lieber nicht erlauben.

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Alan McManus

SHEFFIELD ENGLAND APRIL 23 CHINA OUT Alan McManus of Scotland reacts in the second round match; Alan McManus Snooker 2016

Quelle: imago/China Foto Press

Und schließlich er: Alan McManus, die größte Überraschung unter den Halbfinalisten. Nicht, weil er im Januar bereits seinen 45. Geburtstag feierte. Das ist zwar ein fortgeschrittenes Alter für einen Snooker-Profi, doch keines, in dem man keine Höchstleistungen mehr zeigen kann. Trotzdem schien McManus' Zeit längst vorbei. 1993 stand er bereits auf Platz sechs der Weltrangliste. Zweimal zuvor konnte er ein WM-Halbfinale erreichen - das letzte Mal vor 23 Jahren!!

Nun ist er zurück, von Weltranglistenposition 29 hat er sich unter die letzten Vier gespielt. Dabei sah er im Halbfinale gegen John Higgins lange wie der Verlierer aus. McManus lag fast das ganze Match über zurück, "ich hatte immer Angst, dass er einen Gang höher schaltet und davonzieht", sagte er über Higgins. Doch McManus holte auf, seelenruhig, Frame um Frame. 13:11 siegte der älteste Teilnehmer bei dieser WM schließlich. Wohin wird ihn die Welle des unerwarteten Erfolgs noch tragen?

Die WM-Halbfinals ab Donnerstagnachmittag:

Alan McManus - Ding Junhui

Marc Selby - Marco Fu

© Süddeutsche.de/ebc/holz
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