Skifahrerin Tina Maze:Nur noch Passagier

Maze of Slovenja reacts after the World Cup Women's Downhill race in Altenmarkt-Zauchensee

Im Ziel, aber mal wieder nicht zufrieden: Tina Maze in Zauchensee

(Foto: REUTERS)

Tina Maze, die Seriensiegerin des Vorjahres, fährt in dieser Saison ohne Selbstbewusstsein - und wartet noch immer auf ihren ersten Weltcupsieg. Deswegen schreckt sie kurz vor Olympia auch vor abrupten Entscheidungen nicht zurück.

Von Johannes Knuth

Am Ende ging alles ganz fix. Am vergangenen Mittwoch verhandelte Tina Maze mit Mauro Pini, dem ehemaligen Nationaltrainer der Schweizer Skifahrer. Einen Tag später stand Pini plötzlich als neuer Trainer der slowenischen Skifahrerin neben der Piste in Zauchensee. Mazes bisheriger Coach Walter Ronconi hatte davon offenbar nichts mitbekommen, denn er wurde ebenfalls neben der Strecke gesichtet. Was nun aus Ronconi werde, wollte ein Journalist wissen. Maze sagte: "Weiß ich nicht."

Ein abrupter Trainerwechsel ist eine riskante Sache, vor allem in diesem olympischen Winter. Aber die Skifahrerin Tina Maze hatte kaum eine andere Wahl. Die 30-Jährige aus Slowenien, die mit einem eigenen Betreuerstab durch den Weltcup tourt, hatte in der Saison 2012/2013 nahezu sämtliche Auszeichnungen abgestaubt, die der alpine Skibetrieb so hergibt: Gold im Super-G bei der Weltmeisterschaft in Schladming, Silber in der Kombination und im Riesenslalom, elf Weltcupsiege, vier Kristallkugeln, darunter die große für den Sieg im Gesamtweltcup mit 2414 Punkten. Mehr hatte nie zuvor ein Skifahrer oder eine Skifahrerin gesammelt.

Und jetzt?

Vor dem Slalom am Dienstagabend in Flachau wartet Maze noch immer auf einen Weltcupsieg. Fast drei Monate ist die Saison mittlerweile alt. Ein Auszug aus den Ergebnislisten dieses Winters: 18. (Riesenslalom in Sölden), 17. (Slalom in Courchevel), 24. (Slalom in Bormio), 16. (Abfahrt von Beaver Creek, "eines meiner schlimmsten Wochenenden überhaupt"). Ihre besten Leistungsnachweise: Zweite in der Abfahrt von Val d'Isere, Dritte im Slalom von Levi sowie beim Slalom in St. Moritz.

Podestplätze für Tina Maze, die waren in der Vorsaison so außergewöhnlich wie Schneefall in den Rocky Mountains. Nach ihrem dritten Platz in Levi im November sagte Maze: "Ich bin glücklich, dass ich es überhaupt aufs Podest geschafft habe."

Es ist nicht viel übriggeblieben von der Selbstverständlichkeit, mit der die Tina Maze aus der Vorsaison die Skipisten hinunterjagte. Die Tina Maze von 2013/2014 steuert ihr System nicht mehr wie ein Pilot. Sie wirkt wie ein Passagier, der auf zwei Skiern steht und teilnahmslos den Hang hinuntergetragen wird. "Ich habe einfach nicht das gleiche Gefühl wie im Vorjahr", sagte Maze vor kurzem.

"Wir beginnen wieder bei null"

Die 30-Jährige gilt als sensible Athletin. Sie zieht viel Kraft aus ihrem Umfeld, sie arbeitet mit wenigen, aber engen Vertrauten. Vor fünf Jahren nabelte sich Maze vom slowenischen Verband ab, zusammen mit Andrea Massi, einem Trainer, den die Italiener nicht mehr weiter beschäftigen wollten. In einem Lieferwagen fuhren sie durch die Welt, als Team "aMaze", englisch für: erstaunen. Massi engagierte einen Servicemann, eine Physiotherapeutin, einen weiteren Trainer, Livio Magoni. Sie entwarfen einen Fünf-Jahres-Plan, nur für Maze. Fünf Jahre, nachdem sie ihre eigene Mannschaft gegründet hatte, fuhr Maze alles in Grund und Boden.

Im vergangenen Winter verabschiedete sich Magoni Richtung Italien, er wollte näher bei seiner Familie sein. Maze verpflichtete Walter Ronconi, der hatte einst Massimiliano Blardone trainiert, den italienischen Riesenslalom-Könner. Vor dem Saisonstart sagte Maze: "Wir beginnen wieder bei null." Im Nachhinein klingt das wie eine böse Vorahnung.

Maze startete verhalten in die neue Saison. Ihr neuer Helm verursachte Nackenschmerzen. So starke Schmerzen, dass sie sie bis in die Hand spürte. Ihr Umfeld, das sie zuletzt so gestärkt hatte, wirkte ratlos. Je häufiger der Erfolg ausblieb, desto deutlicher wurde der Kontrast zum Vorjahr, zu all den Rekorden. Und desto mehr verkrampfte Maze. Vor kurzem schrieb sie in ihrem Blog: "Ich fühl mich schlecht, wenn ich mich isolieren muss, um Ruhe zu finden. Aber manchmal ist es nötig."

Zumindest ihre Isolation hat Maze offenbar beendet. Mauro Pini, ihr neuer Trainer, habe sie mit seiner professionellen Einstellung sofort beeindruckt, sagte Maze am vergangenen Sonntag, dann fügte sie an: "Zusammen werden wir die Puzzleteile zusammenfügen." Der Neue hat zumindest Erfahrung mit Athletinnen, die ihre Privatmannschaft unterhalten, in positiver wie negativer Hinsicht: Bis 2009 betreute er Lara Gut, dann zerstritt sich Pini mit den Betreuern der Schweizerin.

Nun muss Pini vor allem Mazes mentale Blockade lösen, wenn die 30-Jährige bei den Spielen in Sotschi doch noch eine Medaille gewinnen will. Man müsse durchaus mit Maze rechnen, sagte Maria Höfl-Riesch in Zauchensee, "wenn sie denn einmal irgendwo die Form findet, die sie im letzten Jahr gehabt hat." Nur: Ob und wann das passiert, weiß niemand so recht. Vermutlich nicht einmal Tina Maze selbst.

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