Skifahrerin Anna Fenninger:Kreuzband, Seitenband und Patellasehne gerissen

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Aus der Traum vom Triple: Anna Fenninger kann ihren dritten Gesamtweltcupsieg in Serie nicht holen. (Foto: Jean-Christophe Bott/dpa)
  • Anna Fenninger verletzt sich im Training in Sölden schwer und fällt für die Saison aus. Das sportnarrische Österreich ist bekümmert.
  • Fenninger wollte den dritten Gesamtweltcupsieg in Serie holen.
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Von Gerald Kleffmann, Sölden/München

Nicht allzu viele befanden sich am Mittwochmorgen in der "Eisbox", wie die schwierigste Passage auf dem Rettenbachgletscher heißt, auf dem am Wochenende die alpine Skisaison mit dem Riesenslalom der Frauen und Männer starten wird. Augenzeugen fanden sich trotzdem schnell, die der Internetplattform skiracing.com berichteten, wie sich dieses Unglück zugetragen hatte, das nun eine Nation in den Alpen mitnimmt.

Die Schnee- und Sichtverhältnisse waren gut, als Anna Fenninger um neun Uhr zum Trainingslauf ansetzte, die dominierende Rennfahrerin der vergangenen zwei Jahre hatte erst Probleme an der Patellasehne überwunden und fühlte sich bereit für den Versuch, das Triple im Gesamt-Weltcup zu schaffen. Im Steilhang unterlief ihr jedoch ein Fehler, sie verkantete auf dem Innenski, stürzte und griff sich sofort ans linke Knie. Im Akia wurde sie rasch in den Zielraum transportiert, im Hubschrauber nach Innsbruck geflogen, am Mittag kam schon die Diagnose: Die 26-Jährige hatte Risse des vorderen Kreuzbandes, des inneren Seitenbandes und der Patellasehne erlitten. In dieser Saison wird Fenninger kein Rennen bestreiten, teilte der Österreichische Ski-Verband (ÖSV) mit. Sportminister Gerald Klug wünschte von höchster politischer Stelle "gute Besserung".

Ein Live-Ticker hielt sogleich die Fangemeinde im Netz auf dem Laufenden

Der Kummer im skisportnarrischen Österreich ist verständlich. Gerade nach den Rücktritten von Benjamin Raich, Mario Matt, Marlies Schild, Nicole Hosp und Kathrin Zettel rückte Fenninger noch mehr in den nationalen Fokus, sie und der viermalige Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher sind die Heroen. Für den Weltcupbetrieb hat Fenningers Ausfall auch Konsequenzen: All die erhofften Dramaturgien müssen jetzt neu erdacht werden, ohne die Olympiasiegerin und dreimalige Weltmeisterin, ohne die zur Jagd ausgeschriebene Klassenbeste, ohne die Riesenslalom- und Speedspezialistin, die das unumstrittene Gesicht der Saison werden sollte - auch weil ihr die Konkurrenz im Kampf um die große Kristallkugel auszugehen schien.

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Die Slowenin Tina Maze pausiert in diesem Winter, die Amerikanerin Lindsey Vonn muss eine Sprunggelenksfraktur überwinden; ihr Start in Sölden ist fraglich. Slalom-Olympiasiegerin Mikaela Shiffrin (USA) arbeitet noch an den Fähigkeiten als Allrounderin, so dass vor allem die Schweizerin Lara Gut und die Deutsche Viktoria Rebensburg als größte Herausforderinnen galten. Zufällig hatte am Mittwochfrüh die Deutsche Presse-Agentur ein Interview mit Fenninger verbreitet, in dem sie über Rebensburg meinte: "Ich glaube, dass sie sich heuer noch mal extrem steigern kann, und damit ist sie sicher eine, die da mitfighten kann." Einmal verkantet, nun ist die Lage im Frauen-Gesamt-Weltcup eine neue: Er ist wieder offen ausgeschrieben.

Auch aus Vermarktungsgründen reißt Fenningers Fehlen Lücken, wie der Sommer belegte. Obwohl nicht Ski gefahren wurde, erschienen über keine Weltcup-Protagonistin im deutschsprachigen Raum derart viele Geschichten und Kommentare in den Medien und Netzen wie über die 1,66 Meter große Sportlerin aus Hallein. Ihre Auseinandersetzung mit dem ÖSV um ihren deutschen Manager Klaus Kärcher, der vom Präsidenten Peter Schröcksnadel quasi zur Persona non grata erklärt wurde, hielt viele intern auf Trab und sorgte bei Betrachtern für krimiähnliche Spannung.

Aber genauso wenig, wie man sich mit James Bond anlegen sollte, sollte man dies mit Schröcksnadel tun: Der ausgebuffte, von manchen als skrupellos-gerissen titulierte Unternehmer setzt sich in seinem Hoheitsgebiet zumeist durch. Ganz offensichtlich unter dem Druck, innerhalb des ÖSV-Teams abgekanzelt zu werden und nicht die bestmöglichen Zuarbeiter um sich herum zu bekommen, knickte Fenninger ein. Sie ließ Kärcher fallen und kehrte wie eine verlorene Tochter buchstäblich in die Arme Schröcksnadels zurück. Bei einem PR-Termin gaben sie sich wie beste Freunde. Diese Vorgeschichte hätte Fenningers Rolle in diesem Winter zusätzlich aufgeladen, in dem es ja auch um die Beweisführung gegangen wäre, ob sich das Theater für beide Seiten gelohnt hätte.

Fenninger, die ein Faible für Geparden hat und sich schon mal im Raubkatzenkostüm in der Wüste ablichten ließ, darf sich in jedem Fall darauf verlassen, dass sie auch in der Reha-Phase nicht alleine sein wird; am Mittwoch wurde sie bereits in einer Privatklinik operiert. Schon jetzt ist die Anteilnahme enorm, ein Live-Ticker hielt die Fans auf dem Laufenden, viel Sportprominenz meldete sich. "Diese Nachrichten tun mir so leid", twitterte Shiffrin. Bayern-Fußballer David Alaba, neben Fenninger aktuell Österreichs Sportler des Jahres, grüßte nach der Niederlage bei Arsenal vom Londoner Flughafen: "Bleib stark, so wie du immer bist, des wird scho' wieder!" Das muss sich zeigen. Eine derart schwere Verletzung hatte Anna Fenninger noch nie.

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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