Skifahrerin Anna Fenninger:Zeichen stehen auf Scheidung

Ski alpin WM

Anna Fenninger ist seit zwei Jahren Österreichs erfolgreichste Skifahrerin und wurde zweimal Sportlerin des Jahres. Jetzt hat sie Streit mit dem ÖSV.

(Foto: dpa)
  • Seit etwa drei Jahren schwelt ein Streit zwischen Skirennfahrerin Anna Fenninger und dem Österreichischen Ski-Verband (ÖSV).
  • Zuletzt ging es vor allem um den Vorwurf des Vertragsbruchs, weil Fenninger für eine deutsche Premiummarke warb, die der ÖSV nicht unterstützt.
  • Die andere, weitaus schwerwiegendere Streitfrage betrifft Fenningers deutschen Manager Klaus Kärcher.
  • Am Donnerstag gibt der ÖSV eine Pressekonferenz.

Von Johannes Knuth

Vor rund einer Woche verschickten die Skirennfahrerin Anna Fenninger und der Österreichische Ski-Verband (ÖSV) gemeinsam eine "Presseaussendung". Man habe "wesentliche Ergebnisse" erzielt, "die den Weg für eine erfolgreiche sportliche Zukunft von Anna Fenninger bereiten." Verkürzt ließ sich diese Pressemitteilung so übersetzen: Wir haben uns zuletzt gestritten, aber jetzt haben wir uns fürs Erste wieder lieb.

Am Dienstag gab es wieder einige Presseaussendungen, diesmal verfasst von den Anwälten beider Seiten. Dort war von Unterlassung die Rede, von Unwahrheiten, die eine Partei über die andere in die Welt setze. Am Abend meldete sich Fenninger, die aktuelle Gesamtweltcup-Siegerin, dann selbst: Sie habe all diese Lügen satt, die der Verband verbreite, schrieb sie, "ich bin müde und ich kann nicht mehr".

Wie sehr darf sich ein Athlet selbst vermarkten?

Der Zwist zwischen Fenninger und dem ÖSV schwelt seit rund drei Jahren, nun steuert er auf seine finale Auseinandersetzung zu, womöglich auf die Scheidung. Trennungsgründe gibt es einige. Zuletzt ging es vor allem um den Vorwurf des Vertragsbruchs, Fenninger warb für eine deutsche Premiummarke mit dem Stern auf der Haube, der ÖSV unterstützt eine andere Marke.

Das berührt eine Kernfrage des Skirennsports: Wie sehr darf sich ein Athlet im Korsett eines Verbandes selbst vermarkten? Die Sportler unterwerfen sich der Zentralvermarktung, per Athletenerklärung, auch Fenninger hat diese unterschrieben. Aber ist die 25-Jährige, wenn sie nebenbei für eine große Firma wirbt, als Privatperson unterwegs? Oder als ÖSV-Athletin? Als Privatperson, sagen sie in Fenningers Kreis. Als ÖSV-Repräsentantin, sagt der ÖSV. Das ist die eine Sache.

Die andere, weitaus schwerwiegendere, ist die Frage nach dem Manager. Fenninger beschäftigt seit einiger Zeit einen deutschen Berater, Klaus Kärcher. Doch im ÖSV gibt es seit der Erfindung des Skirennsports eigentlich nur einen, der die wichtigsten Fahrer der Nation steuert: Peter Schröcksnadel, der Präsident. Fenninger wollte das nie, sie fühlte sich vor Jahren vom Verband im Stich gelassen, sie war stolz darauf, sich mit einem unabhängigen Berater in der Elite etabliert zu haben.

Fenninger wehrt sich seit Jahren

Kärcher ist bekannt dafür, seine Athleten (wie Turner Fabian Hambüchen) darin zu bestärken, ihren eigenen Weg zu gehen, wenn nötig auch gegen Widerstände. Das ist Schröcksnadel offenbar nicht gewohnt. Er führt den Verband seit 1990, er hatte noch jeden unter seine Kontrolle, sogar den unberechenbaren Hermann Maier.

Fenninger jedoch wehrt sich seit Jahren. Der vorerst letzte Akt war der Friedensgipfel vor einer Woche. Der ÖSV schickte Klaus Leistner, den Generalsekretär, dazu Sportdirektor Hans Pum. Der Präsident urlaubte in Kanada, man traf sich trotzdem, legte alles auf den Tisch, ohne Zeugen zwar, wurde sich aber im Grunde handelseinig. Irgendwann sei noch die Rede auf eine Kampagne gekommen, die bald erscheine, Fenninger werbe dabei für Mercedes im Rahmen ihrer Rolle als Stiftungsbotschafterin, sagte Kärcher.

Am Donnerstag gibt der ÖSV eine Pressekonferenz

Das könnte ein Problem sein, habe Leistner gesagt, er müsse das klären. Am Montag habe er Kärcher gesagt, "es wäre super, wenn wir die Mercedes-Kampagne stoppen könnten, dann wäre man wieder gesprächsbereit", so Manager Kärcher auf Anfrage. Diesem Wunsch sei man auch nachgekommen. Nur - ein paar bereits gedruckte Inserate könne man freilich nicht mehr zurücknehmen. Einige davon erschienen am Dienstag. Woraufhin der ÖSV entsetzt reagierte, als habe er noch nie von der Kampagne gehört.

Es folgte das Ping-Pong der Anwälte. Fenningers Anwalt teilte öffentlich mit, man habe den ÖSV informiert, der ÖSV bestritt, je von einer Werbekampagne unterrichtet worden zu sein - woraufhin Fenningers Anwalt gegenteilige Auszüge aus dem Gedächtnisprotokoll veröffentlichte. Am Abend meldete sich Fenninger per Facebook, ihre Botschaft klang wie ein Hilferuf, teils wie eine Anklage. Schröcksnadel (den sie nicht direkt nannte) drehe ihr die Worte im Mund um, sei frauenfeindlich, wolle sie dafür bestrafen, ihren Weg außerhalb des Systems zu gehen. Rund 96 000 Menschen drückten auf "Gefällt mir".

Am Donnerstag gibt der ÖSV in Wien eine Pressekonferenz. Schröcksnadel und Leistner sollen dabei sein, die meisten Beobachter erwarten, dass der ÖSV die Scheidung bekannt gibt, zu heftig war der Ehekrach. Fenninger müsste sich dann entweder ins Team klagen oder eine Privatmannschaft hochziehen, sie könnte auch die Nationalität wechseln, für die letzten beiden Optionen hat sie zuletzt wenig Sympathien erkennen lassen. Sie könnte auch ihre Karriere beenden, völlig undenkbar ist das nicht. Sie wäre dann 26. Fenninger hat am Donnerstag Geburtstag.

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